Impfschutz auf Reisen ist so wichtig wie sauberes Trinkwasser

Foto: Fotolia. Thomas Reimer

Impfschutz auf Reisen ist so wichtig wie sauberes Trinkwasser - Expertentipps zur Reisegesundheit.

(pr-nrw) Kaum sind die Osterferien vorbei, da läuft die Planung für den Sommerurlaub schon auf Hochtouren. Gegen Reisefieber ist eben kein Kraut gewachsen.... Wohl aber gegen manche Krankheiten als „Reisesouvenir“: Eine rechtzeitige reisemedizinische Beratung und der für das Urlaubsziel empfohlene Impfschutz sind gute Voraussetzungen, um entspannt in den Urlaub zu fahren und gesund zurückzukehren. Anlässlich der Europäischen Impfwoche der WHO vom 24. bis 30. April gaben Reisemediziner wertvolle Tipps am Lesertelefon. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Genügt ein vollständiger Impfschutz laut Impfempfehlung für Deutschland auch auf Reisen?
Dr. Albrecht von Schrader-Beielstein: Er sollte die Grundlage sein, auf der die reisemedizinische Beratung aufbaut. Viele Erkrankungen, für die es eine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission STIKO gibt, sind auch auf Reisen ein Risiko, zum Beispiel Masern, Tetanus, Keuchhusten oder Polio. Wer entsprechende Nachweise in seinem Impfpass besitzt, hat einen guten Basisschutz. Alle weiteren Impfempfehlungen oder -vorschriften sind länderspezifisch und ein Fall für den Reisemediziner, der sich mit Risiken wie zum Beispiel der Japanischen Enzephalitis auskennt. Einen Überblick über Reiseziele, -krankheiten und -impfungen finden Sie unter www.fit-for-travel.de.

Japanische Enzephalitis – das klingt sehr exotisch. Besteht da überhaupt ein Infektionsrisiko?
Prof. Karl-Heinz Herbinger: Tatsächlich handelt es sich bei dieser Art der Gehirnentzündung um eine seltene Komplikation nach einer Auslandsreise. Aber die Japanische Enzephalitis, die in süd- und ostasiatischen Ländern vorkommt, ist eine der schwerwiegendsten Enzephalitisformen überhaupt. Etwa 15.000 Menschen sterben weltweit jährlich an der Infektion, bei vielen Betroffenen führt sie zu Folgeschäden wie Lähmungen, Krampfanfällen oder geistiger Behinderung. Weil es keine spezifische Therapie gibt, stellt die Impfung neben dem Mückenschutz die einzige wirksame Gegenmaßnahme dar. Ob eine Impfung für Ihr Reiseziel ratsam ist und welche Nebenwirkungen die Impfung verursachen kann, sollten Sie mit einem Reisemediziner besprechen.

Besteht überall am Mittelmeer das Risiko einer Hepatitis A-Infektion?
Dr. von Schrader-Beielstein: Grundsätzlich kommt der Hepatitis A-Erreger auf der ganzen Welt vor, in Ländern mit gemäßigtem Klima seltener als in Regionen mit warmem Klima. Hauptinfektionsquelle sind ungekochte Meeresfrüchte. Beliebte Urlaubsländer wie Spanien, Italien, die Türkei und Nordafrika sind Risikogebiete. Noch höher als dort ist das Ansteckungsrisiko an beliebten Reisezielen in Asien, Afrika und Lateinamerika. In diesen Regionen ist das Risiko einer Hepatitis A-Infektion im Vergleich zu Deutschland sieben- bis zehnfach erhöht.

Wie schütze ich mich vor einer Hepatitis A-Infektion?
Prof. Tomas Jelinek: Entweder Sie vermeiden jeglichen Kontakt mit dem Erreger oder Sie lassen sich impfen. Allerdings ist die Kontaktvermeidung nicht immer einfach: Speisen von Büfetts, wenn sie schon länger stehen, Muscheln, Salate, Obst, das nicht selbst geschält wurde sowie Eiswürfel und Leitungswasser sind häufige Ansteckungsquellen. Getränke aus versiegelten Flaschen sind hingegen meist unbedenklich, ebenso frisch gekochtes Essen, da die Viren bei Temperaturen von über 70 Grad abgetötet werden. Den sichersten Schutz bietet die Impfung: Zwei Injektionen im Abstand von 6 bis 18 Monaten schützen für 25 bis 40 Jahre. Übrigens: Die Hepatitis A-Impfung sollte möglichst 14 Tage vor Reisebeginn erfolgen, allerdings ist auch eine „Last Minute-Impfung" möglich.

Ich habe gelesen, dass Malaria nicht mehr so weit verbreitet ist. Was bedeutet das für Tropenreisen?
Prof. Jelinek: Die Zahl der Neuinfektionen sinkt zwar seit Jahren, von Entwarnung kann jedoch keine Rede sein. Malaria kostet jährlich über 400.000 Menschen das Leben. 2015 wurden 1068 deutsche Touristen registriert, die sich mit Malaria infiziert hatten. Ob für Ihr Reiseziel eine medikamentöse Prophylaxe sinnvoll ist, sollten Sie mit einem Reisemediziner besprechen, denn das Risiko schwerer Nebenwirkungen der Malaria-Prophylaxe kann im Einzelfall höher sein als das der Malaria selbst. Die beste Absicherung vor einer Ansteckung ist ein guter Mückenschutz etwa durch Netze, geeignete Kleidung und Sprays oder Lotionen. Übrigens: Malaria ist zwar gut behandelbar, aber nur, wenn es schnell geht. Schon nach zwölf Stunden kann die Infektion lebensgefährlich werden.

Gibt es Reiseländer mit erhöhter Gefahr für eine Maserninfektion?
Prof. Herbinger: Da müssen Sie nicht weit reisen. In Deutschland beispielsweise sind weniger als die erforderlichen 95 Prozent aller Kinder und Jugendlichen zwei Mal – so die Impfempfehlung – gegen Masern geimpft. Deshalb kommt es auch hierzulande immer wieder zu regionalen Masernausbrüchen. Leider halten viele die Masern noch immer für eine harmlose Kinderkrankheit. Tatsächlich zählen sie mit geschätzten 200.000 Todesopfern weltweit aber zu den gefährlichen Infektionskrankheiten – und sie sind hoch ansteckend. Nur in den wenigen Ländern, in denen konsequent im Kindesalter zweimal geimpft wird, tritt die Krankheit nur noch sehr selten auf. Zu diesen zählen die USA, skandinavische Länder, Großbritannien und die Niederlande. Wer geimpft ist, muss sich über all das nicht den Kopf zerbrechen und schützt zudem diejenigen, die sich zum Beispiel aufgrund einer Autoimmunerkrankung nicht impfen lassen können.

Soll ich mich auch als Erwachsener noch gegen Masern impfen lassen?
Prof. Herbinger: Unbedingt! Masern verbreiten sich sehr effizient durch Tröpfcheninfektion beim Sprechen oder Husten. Wer nicht geimpft ist und die Krankheit nicht durchgemacht hat, erkrankt bei Kontakt mit dem Virus mit hoher Wahrscheinlichkeit, egal ob Kind oder Erwachsener. Hinzu kommt: Bei Erwachsenen sind die Folgen der Erkrankung in der Regel besonders schwer. Alle Jugendlichen, die noch nicht zwei Mal gegen Masern, Mumps und Röteln geimpft wurden, sollten dies bis zum 18. Geburtstag nachholen. Seit 2010 empfiehlt die STIKO die Masern-Impfung zudem allen Erwachsenen, die nach 1970 geboren wurden und einen unklaren Impfstatus haben oder in der Kindheit keine oder nur eine Impfung erhalten haben. Eltern schützen mit der Impfung nicht nur sich selbst, sondern auch indirekt ihre Kinder, bevor diese selbst geimpft werden können.

Muss ich mich vor einer Asien-Reise gegen Gelbfieber impfen lassen?
Prof. Jelinek: Obwohl die übertragende Aedes-Mücke auch in Südostasien vorkommt, gilt der asiatische Raum nicht als Risikogebiet für Gelbfieber. Verbreitet ist die Krankheit bisher nur in Südamerika sowie im tropischen Afrika südlich der Sahara. Allerdings verlangen zahlreiche Länder in Asien den Nachweis einer Gelbfieberimpfung bei direkter Einreise aus einem Risikogebiet. Welche Bestimmungen für Ihr Reiseziel gelten, erfahren Sie in einer zugelassenen Gelbfieber-Impfstelle, die auch ausführlich über die Impfung beraten. Eine Übersicht finden Sie unter www.crm.de/impfstellen.

Wie lange dauert es nach der Gelbfieber-Impfung, bis ich einen Impfschutz habe?
Dr. von Schrader-Beielstein: Ungefähr zehn Tage – und so lange dauert es auch, bis die amtliche Gültigkeit der Gelbfieber-Impfung einsetzt. Die Impfung muss also mindestens zehn Tage vor Einreise erfolgen, der Impfschutz währt lebenslang.

Wo ist ein Impfschutz gegen Meningokokken-Meningitis empfohlen?
Prof. Herbinger: Die auslösenden Bakterien kommen überall auf der Welt vor. Man unterteilt sie in verschiedene Gruppen, von denen sechs (A, B, C, W135, X und Y) für die meisten Infektionen verantwortlich sind. Beliebte Urlaubsregionen wie Italien, Frankreich, Österreich, die Schweiz, Skandinavien, die Niederlande und auch Deutschland stehen ebenso auf der Liste der Risikogebiete wie große Teile Afrikas, Asien, Mittel- und Südamerika. Die Bakterien werden über Tröpfchen übertragen und können extrem gefährlich sein: Bis zu zehn Prozent der schwer Erkrankten versterben trotz notfallmedizinischer Behandlung, bis zu 20 Prozent tragen bleibende Schäden davon. Die STIKO empfiehlt für Reisen die Impfung mit einem 4-valenten Konjugatimpfstoff gegen die Gruppen A, C, W-135 und Y. Zusätzlich gibt es eine Impfung gegen die Gruppe B, die nach individueller Beratung verabreicht werden kann. Die Empfehlung der routinemäßigen Impfung aller Kinder im zweiten Lebensjahr gegen Meningokokken C besteht unverändert.

In welchen Ländern muss ich mit einem Zika-Infektionsrisiko rechnen und wie schütze ich mich?
Prof. Jelinek: Aktuell sind Südamerika, die Karibik und in zunehmendem Maße auch Südostasien betroffen. Auf einen Impfstoff werden wir noch einige Jahre warten müssen. Deshalb gilt: Die wichtigste Schutzmaßnahme ist die Vermeidung von Mückenstichen. Die übertragende Mückenart Aedes ist vorwiegend tagaktiv. Sie sollten sich also vor allem tagsüber und in der Dämmerung mit körperbedeckender Kleidung schützen, auf unbedeckte Hautstellen sollten Sie so genannte Repellentien auftragen – vorzugsweise mit dem Wirkstoff DEET. Zusätzlich können Sie Ihre Kleidung mit Permethrin einsprühen oder Kleidung verwenden, die bereits mit dem Wirkstoff imprägniert ist.

Wie verbreitet sind Zecken, die eine FSME übertragen können?
Dr. von Schrader-Beielstein: Zecken, die das Virus für eine Frühsommer-Meningoenzephalitis tragen, kommen vor allem in der Südhälfte Deutschlands vor. Eine genaue Karte der Risikogebiete veröffentlicht das Robert Koch-Institut (www.rki.de). In Europa werden Infektionen auch aus Ländern wie Österreich, der Schweiz, Tschechien, der Slowakei oder Polen gemeldet, außerhalb Europas aus Teilen Asiens wie Sibirien, der Mongolei und China. Sicheren Schutz bietet nur die FSME-Impfung, die nach drei bis fünf Jahren aufgefrischt werden muss. Bis zu einem gewissen Grad helfen Repellentien und geschlossene Kleidung.

Was mache ich, wenn ich trotzdem von einer Zecke gestochen werde?
Prof. Herbinger: Nach Aufenthalten in der Natur sollten Sie routinemäßig ihren gesamten Körper nach Zecken absuchen. Wenn Sie eine Zecke entdecken, nehmen Sie eine Pinzette, Zeckenzange oder einen so genannte Zeckenkarte zur Hand. Packen Sie die Zecke möglichst nahe an der Haut und ziehen Sie sie langsam und stetig nach oben heraus. Nicht drehen! Eine Zecke hat kein Gewinde. Nach Möglichkeit sollte die Zecke mitsamt Stechapparat entfernt werden. Desinfizieren Sie die Einstichstelle und beobachten Sie in der Folge, ob sich ein roter Fleck bildet. Ist dies der Fall, sollten Sie einen Arzt aufsuchen, denn Zecken können auch Borrelien-Bakterien übertragen.

Wo ist ein Impfschutz gegen Tollwut sinnvoll?
Prof. Jelinek: Tollwut kommt weltweit vor und ist ohne rechtzeitige medizinische Hilfe für den Menschen tödlich. Die Global Alliance for Rabies Control geht von 59.000 Todesfällen pro Jahr aus, davon sind über die Hälfte Kinder. Die meisten Erkrankungen werden aus Afrika und Asien gemeldet. In 90 Prozent der Fälle wurden die Erkrankten von einem tollwütigen Hund gebissen, aber auch Fledermäuse, Affen, Waschbären und andere Säugetiere können Überträger sein. Deshalb sollten, besonders in tropischen und subtropischen Regionen, freilaufende Tiere niemals berührt werden. Eine vollständige Impfung schützt sicher vor einer Erkrankung, sofern sie nach einem Biss wieder aufgefrischt wird.

Wo kann ich mich reisemedizinisch beraten lassen – und wann ist der beste Zeitpunkt?
Prof. Jelinek: Adressen von reisemedizinischen Beratungsstellen im gesamten Bundesgebiet finden Sie über das CRM Centrum für Reisemedizin unter www.crm.de. Dazu zählen sowohl Reisemediziner als auch spezialisierte Apotheken und Gesundheitsreisebüros. Die größte Impfsprechstunde Europas bietet das BCRT mit Beratungsstellen in allen Filialen des Outdoor-Ausrüsters Globetrotter. Dort profitieren Reisende von der Erfahrung der speziell geschulten Ärzte und können Impfungen direkt vor Ort vornehmen lassen. Zusätzlich führt das BCRT in der Berliner Zentrale infektiologische Spezialsprechstunden durch. Der beste Zeitpunkt für eine Beratung ist mindestens einen Monat vor Ihrer geplanten Reise, damit Impfungen ihren Schutz entfalten können.

Die Experten am Lesertelefon waren:
Prof. Dr. Tomas Jelinek; Medizinischer Direktor des BCRT Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin, wissenschaftlicher Leiter des CRM Centrum für Reise- und Tropenmedizin Düsseldorf, Lehrbeauftragter der Universität zu Köln

Prof. Dr. Karl-Heinz Herbinger; Facharzt für Arbeitsmedizin, Tropenmedizin, Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München

Dr. med. Albrecht von Schrader-Beielstein; Allgemeinarzt und Arzt für Naturheilverfahren, Praxis für Reise- und Tropenmedizin, Wörthsee bei München

Dr. med. Sarah Goo; BCRT Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin

Dr. med. Wolf Groth; Facharzt für Allgemeinmedizin, BCRT Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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