Burgund – Reise an eine Wiege der europäischen Zivilisation, Teil 3: Alesia und die Seine-Quelle

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25. Juli: Wo Vercingetorix die Waffen streckte

Den fünf Jahre alten Zeitungsausschnitt über das imposante, neue archäologische Museum nahe dem antiken gallischen Ort Alesia hatte ich vor der Fahrt extra gefaltet in den Reiseführer gelegt. Da wollte ich auf jeden Fall hin. Dunkle Regenwolken schon am Morgen erleichterten die Entscheidung für einen Museumstag. Wie ein Ufo mit Blätterdach liegt der MuseoParc Alesia in der hügeligen Landschaft nordwestlich von Dijon. Der dreigeschossige kreisrunde Betonbau von Bernard Tschumi mit dekorativer Fassade und einem kleinen Wald auf der Dachterrasse wurde 2012 eingeweiht. Die Holzfassade soll sowohl an die Palisadenbefestigung des einstigen gallischen Oppidum Alesia als auch an den um sie herum gelegten doppelten römischen Belagerungsring erinnern. Ein Oppidum war eine von den keltischen Galliern angelegte, befestigte Stadt auf einem Berg. Die erfolgreiche römische Belagerung Alesias entschied im Jahr 52 vor Christus über das Schicksal der gallischen Stämme, die sich erstmals unter einem gemeinsamen Anführer gegen die römischen Invasoren aufgelehnt hatten. Vercingetorix musste kapitulieren, und Gallien wurde endgültig dem römischen Weltreich einverleibt.

Multimediales Historiendrama und kaiserlicher Säulenheld

Das Drama wird im Museum multimedial aufbereitet – unter anderem mit großen Dioramen, reich mit Originalfunden vom einstigen Schlachtfeld bestückten Vitrinen und einem in einem integrierten Kinosaal gezeigten filmischen Dokudrama. Mit Hilfe der auch auf Deutsch verfügbaren Audioguides kann sich jede/r gemäß dem individuellen Interesse und Aufnahmevermögen durch die umfangreiche Schau leiten lassen. Für Kinder gibt es gesonderte Angebote, die von Workshops in gallischer Kleidung bis zu pädagogisch betreuten Römerspielen reichen. Nach dem Ausstellungsbesuch spazierten wir hinüber zum erst 2016 eröffneten vis-a-vis gelegenen Römerlager, wo ein Trupp Laienschauspieler die römische Kampftechnik erläuterte und filmreif vorführte.
Das archäologische Ausgrabungsfeld des Oppidum liegt einen Kilometer entfernt auf dem Mont Auxois, oberhalb des heutigen Dorfs Alise-St.-Reine. Die Archäologie haben wir ausgelassen, dafür aber das enorme Bronzestandbild des Vercingetorix besucht. Die Säulenfigur ließ der letzte französische Kaiser Napoleon III. 1865 errichten. Der stattliche Oberlippenbart des Vercingetorix erinnert nicht zufällig an seinen kaiserlichen Bewunderer.

Besuch bei der Quellen-Nymphe

Auf der Rückfahrt machten wir einen Abstecher zur nordwestlich von Dijon gelegenen Seine-Quelle. Der Abstecher war weiter als gedacht. Auf dem Weg haben wir uns mehrfach verfahren, auch weil die Ausschilderung gelegentlich eigenwillig ist: An Kreuzungen untergeordneter Straßen werden die Ziele manchmal nur aus einer Fahrtrichtung angezeigt, sodass man leicht eine Abzweigung verpasst. Das Areal des idyllisch auf einer parkähnlichen Waldinsel entspringenden Rinnsals wurde im Jahr 1864 von der Stadt Paris erworben, wie auf einer Tafel nachzulesen ist. Napoleon III. beauftragte laut Reiseführer ein Jahr später mit der operettenhaften Inszenierung seinen renommierten Stadtplaner Baron Haussmann, der eine künstliche Grotte mit einer ruhenden Marmor-Nymphe anlegen ließ. Die heutige Nymphe stammt jedoch aus dem Jahr 1934, als man die ursprüngliche Skulptur ersetzt hatte. An dem kleinen Rundweg steht auch eine Kopie der antiken Statue der Flussgöttin Sequana. Wie die große Statue der Göttin beweisen auch die bereits am Vortag im Archäologischen Museum von Dijon besichtigten Fundstücke von Opfergaben aus dem Umfeld der Seine-Quelle in Form kleiner Statuetten, Münzen und anderer Gegenstände, dass die Quellen in der Antike als heilige Orte verehrt wurden.
Chris Heinemann

Weitere Folgen des Reiseberichts über Burgund sowie Berichte von anderen Reisenden aus der Region lesen Sie auf unserer Themenseite: Reiseberichte

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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