Vom Tornadojäger zum Wetterfrosch: Marco Weiß aus Oberöwisheim betreibt eine private Wetterstation

Mehr als eine digitale Tischuhr: Die Basisstation misst zahlreiche Wetterdaten. Foto: ch
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(ch) „Wie wird das Wetter an Peter und Paul?“ wurde Marco Weiß eine Woche vor dem Brettener Heimatfest gefragt. Der Oberöwisheimer wertete die Daten seiner privaten Wetterstation aus und sagte voraus, was später tatsächlich eintrat: Regen am Samstagabend.

„Natürlich ist man da stolz“, sagt der 27-jährige Hobbymeteorologe. Immerhin konnten sich dank seiner Prognose einige Festbesucher richtig auf die Wetterlage einstellen.

Basisstation passt ins Bücherregal

Seit acht Jahren betreibt Marco Weiß seine eigene Wetterstation „kraichtal-wetter.com“: Zwei relativ unscheinbare Mess-Einheiten, eine hinter dem elterlichen Haus, eine andere auf dem Dach, das ist alles, was man von außen sieht. Der Rest spielt sich in der Basisstation ab, die bequem in ein Bücherregal passt. Sie erinnert an eine digitale Tischuhr mit vergrößertem Display. Doch das Ding hat es buchstäblich in sich. Aber der Reihe nach.

Alles begann mit „Twister“

Marco Weiß´ Leidenschaft für das Wetter reicht weit zurück. „Ich habe als Kind den Tornado-Film „Twister“ gesehen“, das hat mich nicht mehr losgelassen“, erinnert sich der Oberöwisheimer. Aus dieser Zeit stammt seine E-Mail-Adresse, in der er sich als „tornado chaser“, als Tornadojäger, zu erkennen gibt. Er recherchierte im Internet über Wirbelstürme und andere Wetterphänomene, führte zeitweise Tagebuch über seine eigenen Wetterbeobachtungen und erweiterte Stück für Stück seine Kenntnisse.

Mit Unwetterwarnungen die Familie genervt

„Mit meinen Unwettervorhersagen bin ich meiner Familie gehörig auf die Nerven gegangen“, schmunzelt der junge Mann. Die Treffsicherheit ließ noch zu wünschen übrig. Immer wenn ein Gewitter aufzog, beobachtete er vom Balkon, später von den nahe gelegenen Weinbergen aus den Himmel. Von Oberöwisheim sieht man weit über die Rheinebene bis zu den Pfälzer Bergen.

Kurze Messintervalle für genaue Ergebnisse

Nach ersten Erfahrungen mit einer Hobbywetterstation legte er sich 2013 seine heutige semiprofessionelle Station zu. Bestehend aus einem Luftdrucksensor, einem Temperatur- und Feuchtigkeitsmesser mit Niederschlagsauffang-Messbehälter sowie einem Windgeschwindigkeitsmesser mit Windfahne. Unterschied zu vorher: Kürzere Messintervalle liefern genauere Ergebnisse. „Als ich den Windmast aufs Dach stellen wollte, hat mein Vater kritisch geguckt, mir dann aber schnell bei der Umsetzung geholfen“, lächelt Marco Weiß.

Alles selbst beigebracht

Beruflich ging er einige Umwege, bis er vor einem Jahr seine Ausbildung zum Fachinformatiker für Systemintegration abschloss. „Wenn ich meinen Beruf noch mal wählen könnte, würde ich mein Abi nachmachen und wahrscheinlich Meteorologie studieren“, sagt er von sich. Von der Wetterkunde bis zu anfänglichen Programmierkenntnissen für die eigene Homepage – „ich habe mir alles selbst beigebracht“, betont der Autodidakt. Unermüdlich tüftelte er, schaffte zusätzliche Sensoren an für Sonnen- und UV-Strahlung sowie eine Heizung für den Regenauffangbehälter, „damit ich auch bei Schneefall die Niederschlagsmenge messen kann.“

Amerikanische Software

Seit einem Jahr arbeitet auf seinem Dachboden - von außen unsichtbar - zusätzlich ein kleines Blitzortungsgerät. Über die Homepage eines Karlsruher Wetteramateurs stieß er auf einen amerikanischen Highschool-Lehrer, von dem er eine selbst geschriebene Software für genauere Wettervorhersagen erwarb. Diese kombiniert frei verfügbare globale Daten des amerikanischen Wetterdienstes mit den in Oberöwisheim gemessenen Daten und errechnet daraus jede volle Stunde eine neue Vorhersage - für bis zu sieben Tage im Voraus.

Einmal einen Tornado live erleben

Mit wachsender Zuverlässigkeit des Systems stieg der Bekanntheitsgrad von „kraichtal-wetter.com“. Seit zwei Jahren kooperiert Marco Weiß mit einem regionalen Nachrichtenmagazin. Wenn er Zeit hat, fährt er immer noch gerne bei Unwettern hinaus in die Weinberge, um Fotos vom Himmel zu schießen. Die alte Faszination für Wirbelstürme ist noch lebendig, wie der Hobbymeteorologe bestätigt: „Mein Traum wäre es, in die USA zu fliegen, in den Mittleren Westen, wo zwischen April und Mai die Tornado-Saison ihren Höhepunkt erreicht.“

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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