Kleinkaliberschützenverein 1923 Bretten - 70 Jahre aktiv beim Peter-und-Paul-Fest
Vom Freischießen zum Peter-und-Paul-Fest - Die Vorgeschichte ab 1540 - Teil I

Der Festzug war schon in den 50er-Jahren der Höhepunkt des Fests.
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  • Der Festzug war schon in den 50er-Jahren der Höhepunkt des Fests.
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Bretten (ger) "Schützenfest“, so nennen ältere Brettener das Peter-und-Paul-Fest noch heute. Tatsächlich hat sich das beliebte und seit 2014 als immaterielles Kulturerbe gewürdigte Volksfest aus der Tradi-tion des Freischießens entwickelt und an seiner Wiederaufnahme 1950 waren der Kleinkaliberschützenverein (KKS) 1923 Bretten und die Bürgerwehr Bretten maßgeblich beteiligt. Als „Freischießen“ bezeichnete man das offizielle Übungsschießen der wehrfähigen Männer. Es wurde nicht durchgängig jedes Jahr abgehalten. Die Herrschaften bezahlten Pulver und Blei, die Teilnehmer hatten demzufolge keine Unkosten, daher der Begriff. Die erste Erwähnung über das Freischießen in Bretten findet man im kurpfälzischen Lagerbuch des Amts Bretten von 1540. Hieraus geht hervor, dass der alten und der jungen Ausschussmannschaft jährlich jeweils fünf Gulden von Herrschaft und Stadt zum Verschießen bewilligt wurden. Zum Freischießen zogen die Teilnehmer und ihr Anhang in einem Festzug mit genau festgelegter Aufstellung vor die Stadtmauern. In Bretten lag der Schießplatz bis ins 19. Jahrhundert hinein vor dem Gottesackertor ungefähr zwischen dem Kaiserdenkmal und dem Rechberg. Der Straßenname „An der Schießmauer“ erinnert noch daran.

SCHON 1745 WURDE AN PETER-UND-PAUL KRÄFTIG GEFEIERT

Ein Eintrag im Stadtgerichtsprotokoll vom 3. Juli 1745 beweist, dass das Freischießen am Peter-und-Paul-Tag stattgefunden hat. An diesem Tag zeigte der Stadtwachtmeister Conrad Lenz drei Bürger und mehrere Bürgersöhne vor Gericht an, die in einem Wirtshaus „auf Petri und Pauli, als das Burgerschießen ware“, nachts nach 10 Uhr noch gefeiert hatten. 1824 wurden keine Schießgelder mehr von der Obrigkeit bezahlt. So wurde das „Preisschießen der Bürger“ zum Kern des Schützenfests. Die gekauften und gestifteten Preise umfassten Gegenstände des täglichen Gebrauchs wie silberne Löffel, Kerzenleuchter, Stoffe und Pelze oder auch Geldpreise. So wandelte sich das Fest zunehmend von einer „staatlich geförderten Veranstaltung zur Wehrertüchtigung“ zu einem Volksfest.

BÜRGERLICHES INFANTERIEKORPS ZUR „ERHÖHUNG DER WÜRDE VON FEST- UND FEIERTAGEN“

Die Blütezeit des Peter-und-Paul-Bürgerfreischießens kann auf 1822 bis 1848 vor der Badischen Revolution datiert werden. 1822 entstand in Bretten ein bürgerliches Infanteriekorps. Diesem wurden am 20. Januar 1824 die Statuten für das „Uniformirte Bürger Militairs zu Fuß in Bre-ten“ durch Großherzog Ludwig zu Baden genehmigt, mit unter anderem folgender Aufgabe: „Erhöhung der Würde und Feyer der Feyertage und anderer Feste, sowie der städtischen Volksfeste, namentlich deß Gedächtnißtages der siegreichen Abschlagung der Würtembergischen Belagerung unter Herzog Ulrich durch Brettens Bürger“. Es ist also anzunehmen, dass schon zuvor die Erinnerung an die Niederschlagung der württembergischen Belagerung 1504 beim Freischießen eine Rolle gespielt hat.

TV BRETTEN UND MÄNNERGESANGVEREIN GEGRÜNDET

Seit 1828 konnten auch Handwerker neben den Wirtshütten Stände errichten und Waren anbieten. Im Programm des Festes 1846 gab es zwei Neuerungen: Es gab ein Schauturnen und eine Gruppe Männer trug vor dem Rathaus das Lied „Auf, lasst die Fahnen fliegen“ vor. Damit traten neben Schützengesellschaft und Bürgerwehr zum ersten Mal neue Vereinigungen an die Öffentlichkeit, aus denen der Turnverein 1846 Bretten und der Vereinigte Männergesangverein 1847 Bretten hervorgingen. Mit dem Bürgerwehrgesetz vom April 1848 wurden alle Gemeinden in Baden aufgefordert, Bürgerwehren einzurichten. Aus dem Bürgermilitär wurde die Bürgerwehr.

NEUBEGINN IN DEN 1920ER JAHREN

Nach der gewaltsamen Niederschlagung der badischen Revolution durch preußische Truppen 1849 konnte das Fest nicht mehr in der bisherigen Form fortgeführt werden. Alle Waffen der Bürger waren eingezogen und auch sonst waren Zusammenschlüsse jeglicher Art unterbunden. Nur als harmloses Kinderfest wurde das Fest bis in die 1860er Jahre fortgeführt. Erst der 1923 gegründete Kleinkaliberschützenverein Bretten erinnerte sich an die alte Tradition und führte das Fest intern als Historisches Peter-und-Paulsschießen fort. Die 1924 vom Verein aufgestellte historische Schützengilde nahm Verbindungen zu auswärtigen Bürgerwehren auf, so dass das Schützenfest ab 1934 die wenigen Jahre bis zum Kriegsbeginn 1939 wieder als Volksfest, und zwar auf dem Marktplatz, stattfand.

Hier geht es zu Teil II.

Mehr zum Peter-und-Paul-Fest lesen Sie auf unserer großen Themenseite.

Quelle: Pulver & Blei, Schrift zur Ausstellung anlässlich 75 Jahre Kleinkaliberschützenverein 1923 Bretten vom 18. Juni bis 17. Juli 1998.

Autor:

Katrin Gerweck aus Bretten

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