Baden-Württemberg: Motive vor und hinter der Kamera

Stadtbibliothek Stuttgart | Foto: Martin Lorenz/martinlorenz.net
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Europa-Park, Heidelberger Schloss und Burg Hohenzollern - das sind auf Instagram die drei am häufigsten per Schlagwort verlinkten Orte Baden-Württembergs. Das geht aus Zahlen dieses sozialen Netzwerks hervor. Doch weil am Ende die Nutzer entscheiden, was gefällt, finden auch weniger touristische Orte ein Publikum - ob ein Bibliothekssaal in Stuttgart oder Graffiti in Tübingen. Und nebenbei dient Instagram auch noch als Reiseführer.

Stuttgart (dpa/lsw, Christopher Hirsch) Steffen Siegrist kennt sie, die «Instagram-Hotspots» im Südwesten. Auf «bawuevision» sammelt der Programmierer Fotos anderer Nutzer. Jeden Tag eines. Seine Auswahlkriterien: «Sie sollten aus Baden-Württemberg stammen, ein bisschen nach etwas aussehen, und man sollte erkennen, dass sie aus einer bestimmten Gegend kommen», sagt er.
Der 39-Jährige sieht seinen Instagram-Account als eine Art digitalen Reiseführer, der seinen Fans die besten Orte präsentiert, unter tausenden Bildern ausgewählt. Das funktioniere besser als die «Hashtags» genannten Schlagwörter, die recht wahllos vergeben würden. Dabei erhält er einen guten Eindruck, welche Orte gerade im Kommen sind. Die Ravennaschlucht sowie die «Wildline-Hängebrücke» - beide im Schwarzwald - seien derzeit beliebte Neulinge.

«Wie die Welt Tübingen sieht, kriege ich über Instagram mit»

Zu den Klassikern gehört die Tübinger Altstadt. Das weiß auch Claudia Rist von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Tübingen. Neckarbrücke und -front seien auf Instagram quasi Pflichtprogramm. Sie freut sich über die tollen Fotos auf der Plattform. Für Rist bietet Instagram dank der Kommentarfunktion einen weiteren wichtigen Vorteil: «Wie die Welt Tübingen sieht, das kriege ich über Instagram direkt mit. Bei den klassischen Marketingmaßnahmen weiß ich das ja gar nicht.»
Die Plattform hebt aber auch Facetten der Stadt hervor, die das klassische Tourismusmarketing nicht unbedingt berücksichtigt - zum Beispiel den Fahrradtunnel oder - wie der Account «schoenestue» - Müll und Graffiti. Der Nutzer hat in gut einem halben Jahr rund 300 Abonnenten gesammelt, im Rahmen eines Kunstprojekts, wie Claudia Rist sagt. Da müsse man als offizielle Stelle sehen, wie man reagiert.

Instagramer dürfen außerhalb der Öffnungszeiten fotografieren

Auch die Stadtbibliothek Stuttgart steht als Instagram-«Hotspot» vor Herausforderungen. Sie wurde mehr als 5000-mal erwähnt und bereits für Hochzeiten, Babybauchfotos und Interviews als Motiv genutzt oder angefragt. «Das ist einerseits ein Segen für die Öffentlichkeitsarbeit aber tatsächlich auch ein Fluch, weil die Besucher doch langsam etwas sensibler darauf reagieren», sagt Meike Jung, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit.
Damit sich Nutzer und Fotografen nicht ins Gehege kommen, lässt die Bibliothek professionelle Film- und Fotoaufnahmen nur noch außerhalb von Stoßzeiten zu und verteilt Infoblätter mit Richtlinien an Fotografen. Gleichzeitig konnten Instagramer im Rahmen sogenannter Instawalks in der Bibliothek fotografieren - außerhalb der Öffnungszeiten und auch in ansonsten gesperrten Teilen. Interessenten mussten sich dafür sogar bewerben.

Auf Instagram ist der Fotograf oft wichtiger als das Fotografierte

Ob Schwarzwald oder Bibliothek - eines macht Instagram besonders deutlich - die Schnappschüsse ähneln sich. Das sieht auch Steffen Siegrist: «Oft die gleichen Bilder, oft aus der gleichen Perspektive, gleiches Licht, das ist mir auch schon aufgefallen.» Dominika Szope vom Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe erklärt das so: «Das, was man für sich selbst als einen sehr individuellen Moment interpretiert, teilen einfach sehr viele, da sind wir uns in gewisser Weise sehr ähnlich.»
Auch die Art der Bilder sei nicht wirklich neu. «Wenn Sie sich die Fotografiegeschichte im 20. Jahrhundert mal anschauen, dann sind diese Bilder alle schon einmal da gewesen.» Wirklich neu ist für Szope etwas anderes: «Die Bilder werden im Grunde verwendet, um wieder zur eigenen Person zurückzuführen.» Es gehe vor allem um Bestätigung. Auf Instagram ist der Fotograf also oft wichtiger als das Fotografierte.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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