Die Badische Landesbühne zeigt Misery von Stephen King

19. April 2018
19:30 Uhr
Stadtparkhalle, 75015 Bretten
Stephen Kings "Misery" zeigt die Badische Landesbühne:    René Laier (Paul Sheldon) und Evelyn Nagel (Annie Wilkes).
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  • Stephen Kings "Misery" zeigt die Badische Landesbühne: René Laier (Paul Sheldon) und Evelyn Nagel (Annie Wilkes).
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Verletzter Autor und verrückter Fan

Bretten (pm) Mit Misery von Stephen King hat sich der Intendant der Badischen Landesbühne Carsten Ramm einen veritablen Psychothriller vorgenommen. Das packende Kammerspiel über einen verletzten Schriftsteller in den Fängen eines psychopathischen Fans wird am Donnerstag, 19. April, um 19.30 Uhr in der Stadtparkhalle in Bretten gezeigt.

Weniger Horror, mehr psychologischer Machtkampf

„Es ist weniger die Horrorstory, die mich an Misery interessiert, als vielmehr die Themen, die King darin verhandelt: übersteigerte Fan-Liebe, Schaffensprozess eines Autors und Kunstfreiheit im weitesten Sinne“, so Regisseur Ramm. Die Theaterfassung von William Goldman pointiert den psychologischen Machtkampf zwischen Bestsellerautor Paul Sheldon und seinem allergrößten Fan, Annie Wilkes, fast noch schärfer als die Romanvorlage.

"Fan Nummer Eins" rettet verunglückten Autor

Sheldon wurde mit seinen sentimentalen Frauenromanen über das Leben von Misery Chastain im England des 19. Jahrhunderts weltberühmt, insgeheim verabscheut er sie jedoch. Eben hat er in den Rocky Mountains das Manuskript für einen neuen Roman beendet, mit dem er sich endlich als „seriöser“ Schriftsteller präsentieren möchte. In einem heftigen Schneesturm verunglückt er lebensgefährlich. Gerettet wird er von seinem „Fan Nummer Eins“, der ehemaligen Krankenschwester Annie Wilkes. In ihrer abgelegenen Farm päppelt sie ihr Idol nach und nach wieder auf.

Unberechenbare Psychopathin

Als Annie erfährt, dass Paul seine Romanheldin Misery im neusten Buch seiner Serie im Kindbett sterben lässt, ist sie zutiefst enttäuscht. Misery ist für Annie beinahe so etwas wie eine gute Freundin, ein Leben ohne weitere Misery-Bücher ist für sie unvorstellbar. In ihnen findet Annie, die eine schwierige Kindheit hinter sich und in ihrem Leben so manchen herben Rückschlag erlebt hat, Trost und Geborgenheit. Sie kann nicht akzeptieren, dass sich Paul nach zwanzig Jahren einem anderen Stoff zuwenden möchte, und so fordert sie von ihm, dass er Misery in einem neuen Roman auferstehen lässt. Paul hat dazu wenig Lust, doch Annie entpuppt sich zunehmend als unberechenbare Psychopathin. Sie hält ihn von der Außenwelt fern, macht ihn medikamentenabhängig; ein sadistisches Machtspiel nimmt seinen Lauf. Paul Sheldon schreibt um sein Leben!

Menschliche Urängste

Stephen King, der im vergangenen Herbst 70 Jahre alt wurde, ist der einflussreichste Autor des Unheimlichen seit Edgar Allan Poe und einer der meistgelesenen der Gegenwart. Mit den Figuren seiner Romane geht er menschlichen Urängsten auf den Grund und schafft damit eine einzigartige Kombination von atemloser Spannung und schwarzem Humor. In Misery befindet sich der Autor Paul Sheldon in einer ähnlichen Lage wie Scheherazade aus der Rahmenhandlung der persischen Märchensammlung Tausendundeine Nacht. Er muss schreiben, um am Leben zu bleiben, und paradoxerweise gelingt ihm unter diesen Umständen eine Höchstleistung.

King verarbeitete mit "Misery" eigene Drogenabhängigkeit

Für Stephen King repräsentiert die psychopathische Annie Wilkes seine langjährige Alkoholabhängigkeit und Drogensucht. Beim Schreiben dieses Romans wurde ihm klar, dass er nicht länger von Annie bzw. den Substanzen beherrscht werden möchte. Daraufhin machte King eine Entziehungskur und stellte fest, dass es einer der größten Popmythen unserer Zeit sei, zu glauben, künstlerischer Schaffensprozess und bewusstseinsverändernde Substanzen seien miteinander verquickt.

Kammerspiel mit psychologischem Blick auf Figuren

Ramm inszeniert das Kammerspiel mit René Laier als Paul, Evelyn Nagel als Annie und Hannes Höchsmann als Sheriff. Im Zentrum steht die Figurenpsychologie. „Wir haben uns diesen beiden facettenreichen, durchaus extremen Figuren auf spielerische Weise genähert, humorvoll und ernst zugleich“, erzählt Ramm. „Die Szenen werden realistisch gespielt, dennoch bringen wir keine abgeschlossene Horrorwelt auf die Bühne, sondern legen gerade in den Umbauten zwischen den Szenen offen, dass hier Theater gespielt wird.“ Den Soundtrack zu Ramms Inszenierung macht zum ersten Mal an der Badischen Landesbühne der Mannheimer Musiker Ziggy Has Ardeur. „Seine Kompositionen treiben einerseits die Handlung voran, tragen aber auch zu der unheimlichen Atmosphäre des Stückes bei und geben der zunehmenden Verzweiflung von Paul Ausdruck“, beschreibt der Regisseur. Das Bühnenbild konzipiert Tilo Schwarz, die Kostüme Kerstin Oelker.
Mit: Evelyn Nagel; Hannes Höchsmann, René Laier, Inszenierung: Carsten Ramm, Bühnenbild: Tilo Schwarz, Kostüme: Kerstin Oelker, Musik: Ziggy Has Ardeur

Kartenvorverkauf: Tourist-Info Bretten 07252.583710, Buchhandlung Kolibri 07252.957343

Autor:

Katrin Gerweck aus Bretten

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