„Der Weg zu Gott“ – Gespräch mit Brettener Rapper „Headbud“

Beim ersten Brettener Poetry Slam betritt der 24-jährige Rapper Headbud (Jonas Lafia) als musikalischer Gast die Bühne. Im Vorfeld seines Auftritts sprach der Künstler mit afrikanischen Wurzeln mit der Brettener Woche über seinen Weg zum Hip-Hop und über den Stellenwert des Hip-Hops in der heutigen Zeit.

Bretten (hk) Die Antwort auf die Frage, wie Headbud ein Musikstück verfasst, wirkt fast schon rituell: „Im Vorfeld pick‘ ich mir einen Beat raus, hau‘ den Beat rein und lass‘ ihn auf mich einwirken.“ Das Gefühl, das er versucht zu beschreiben, halte er dann auf einem Blatt Papier oder in einem Nokia-Handy älteren Modells, das noch eine haptische Tastatur hat, fest. Das Komponieren von Songs sei wie „Selbsttherapie, der Weg zu Gott“, offenbart der 24-Jährige. Dabei hat Headbud im Lauf der Jahre immer wieder von der Kunst des Sprechgesangs Abstand genommen – unfreiwillig, wie das Schicksal es eben manchmal so will –, doch sie nie aus den Augen verloren. Inzwischen bereitet sich der Brettener Künstler auf die Veröffentlichung zweier Alben vor.

Der „Battle-Rap“ als Ventil

Der Künstler mit afrikanischen Wurzeln, der in Deutschland geboren und mit zwölf Jahren in die Melanchthonstadt gezogen ist, erinnert sich an seine Jugend und an die schwierigen Phasen, mit denen er zu kämpfen hatte. Die Fußballkarriere, die er beispielweise in Aussicht hatte, sei geplatzt. Mit 15 Jahren habe er den Weg zu „Battle-Raps“ gefunden, in denen es Headbud weniger um bewussten künstlerischen Ausdruck, sondern vielmehr um das bloße Diffamieren seines Gegenübers ging. „Hauptsache, eine große Fresse haben“, erklärt er. Die Wut, die er damals auf „das System“ gehabt habe, habe er auf diese Art und Weise verarbeitet. Der Battle-Rap war eben sein Ventil. „Das war auch gut so. Das war halt eine Phase“, gibt Lafia ehrlich zu. Denn heute weiß er diese Erfahrungen, aus denen sich seine Selbstreflektion nährt, zu schätzen.

Nach dem Abitur verlor sich Lafia in der Business-Welt, als er anfing, bei einem Start-Up-Unternehmen zu arbeiten. „In der Zeit habe ich kaum Musik gemacht.“ An ein Schlüsselerlebnis erinnere er sich ganz deutlich: Bei einer Fortbildung habe man sich im Kreis zusammengesetzt und alle Teilnehmer sprachen über Träume, Ziele und Selbstverwirklichung. Er habe die Leute angeschaut und festgestellt, er gehöre nicht hierher. Dann habe es ihn wieder gepackt, doch diesmal wollte er alles anders machen.

Irrungen und Wirrungen

Als sich Headbud wieder der Musik näherte, zog er aus den Irrungen und Wirrungen seines Lebensweges Konsequenzen. Er setzte seinen bis dato letzten Release, das Mixtape mit dem Namen „Gönn dir“ um. In dieser Zeit sei er auch „auf den Trichter gekommen“, was seine berufliche Zukunft betrifft. „Es musste etwas Abwechslungsreiches sein“, sagt Headbud mit einem Lachen. Die Sehnsucht nach Abwechslung erfülle er sich nun als Jugend- und Heimerzieher in einem vollstationären Jugendheim. „Das ist genau mein Ding. Da hilft man Jugendlichen effektiv“, sagt er. Nebenbei arbeitet er an zwei Releases, die im Spätsommer zu erwarten sind.

„Old-School ist mein Ankerpunkt“

Zum einen soll eine Storytelling-EP erscheinen, deren Sound sich ganz klar an die Wurzeln des Hip-Hops anlehne. „Old-School ist mein Ankerpunkt“, sagt er und erklärt damit auch die Namensbedeutung seines Teams „9Teaze“ (sprich: Nineties). Die Text-Skizzen stammen von Headbud, teilweise aus einer Zeit vor über fünf Jahren, die er nun für die EP recycelt habe. „Ich habe quasi meinen Schrank aufgeräumt“, lacht Headbud. Kein Wunder also, dass sich die Texte unter anderem mit jugendlichen Zukunftsängsten beschäftigen. Auch Songs, die sich mit dem Thema Vorurteile befassen („auf lustige Art und Weise“), sind zu finden. Den roten Faden stellt der Produzent Frenko Bash mit seiner Handschrift her, wohingegen sich auf dem Kollabo-
Tape mit dem Karlsruher Rapper CHA mehrere Beatproduzenten aus der Region beteiligen. Dieses Release soll noch vor seinem Solo-Projekt erscheinen.

Ein Gefühl – mein Gefühl?

Zwar geben Headbuds Songs einen Einblick in seine Persönlichkeit, aber oft betrachte er Dinge auch aus der Vogelperspektive. „Ich schreibe einen Track und übermittle eine Botschaft oder eine Pointe – egal ob das mein Gefühl oder ein Gefühl ist. Ich habe einfach Bock, diese Gefühle mit meinen Songs aufleben zu lassen.“ Trotzdem könne er
es sich nicht vorstellen als sogenannter „Ghostwriter“ zu arbeiten. „Jeder weiß, dass Bushido seine Texte nicht selber schreibt. Ich finde das schwach und peinlich“, so Headbud. An diesem Punkt gehe es doch nur noch um das Business. Respekt für die eigentlichen Künstler, die Ghostwriter selbst, könne er aber nicht abstreiten: „Den Stil eines anderen Künstlers zu imitieren, das ist krass.“

„Die Welt ist eben ab und zu auch mal ein Arschloch“

Heutzutage erfahre Hip-Hop in der breiten Bevölkerung eine höhere Anerkennung. „Fast jeder hört Rap. Früher war die Musik nicht so anerkannt.“ Allerdings stelle er einen Verlust fest, der mit der starken Kommerzialisierung der Musik einhergehe: „Wenig Persönlichkeit, viele Floskeln.“ Das unterscheide den Rap von heute ganz klar vom Rap der 1990er, der als Sprachrohr für soziale Ungerechtigkeit gedient hat. „Jeder Mensch hat seine Geschichte und die Welt ist eben ab und zu auch mal ein Arschloch“, so Headbud. Der Rap sei dann ein Weg, um auf der künstlerischen Ebene ehrlich zu sein. Gleichzeitig habe die Musik eine Art Instanz in den US-amerikanischen Ghettos verkörpert, die die Community maßgeblich zusammengehalten habe.
„Es hat alles Sinn gemacht“, sagt Headbud, wenn er seinen bisherigen Lebensweg Revue passieren lässt. Das was ihn heute ausmache, sei das logische Resultat seines persönlichen sowie künstlerischen Werdegangs.

Reinhören in die Songs von Headbud kann man auf facebook.com/headbud9teaze oder auf dem Youtube-Channel von 9Teaze.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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