Schwarzer Gospelsänger von Abschiebung bedroht: „Der Chor ist wie eine Familie für mich“

Soundtrack zur Integrationsgeschichte: Ganz entspannt strahlt Ryan Simaze beim Gospelkonzert in Knittlingen aus der letzten Reihe. | Foto: gh
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  • Soundtrack zur Integrationsgeschichte: Ganz entspannt strahlt Ryan Simaze beim Gospelkonzert in Knittlingen aus der letzten Reihe.
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Er singt seit zwei Jahren in einem Brettener Gospelchor, hat einen Arbeitsplatz und spricht passabel Deutsch. Doch jetzt soll der gut integrierte Asylbewerber aus dem afrikanischen Kamerun abgeschoben werden.

BRETTEN (gh) Fast drei Jahre ist Ryan Simaze aus Kamerun nun schon in Deutschland und er fühlt sich in Bretten sehr wohl. Was ihm hier am meisten gefällt, ist für ihn ganz klar: „Die Menschen im Gospelchor sind so unglaublich freundliche und nette Leute, die sich um mich kümmern wie eine Familie.“ Dass er sich so überaus wohl fühlt, spürt man, wenn man ihn im Chor singen sieht. Ganz entspannt strahlt er aus der letzten Reihe, und die begeisternde Gospelmusik bietet den idealen Soundtrack zu dieser Integrationsgeschichte.

Spirituals als Orte der Sehnsucht

Viele der Spirituals, die von „Gospeltrain“ gesungen werden, haben ihre Entstehungsgeschichte im Leben schwarzer Sklaven, die in diesen Gospelsongs ihre Klagen und ihre Sehnsucht ausdrückten und ein Stück Heimat darin fanden. Ähnlich scheint es auch Ryan Simaze zu gehen, der hier im Gospelchor der St. Laurentius-Gemeinde Bretten ein Stück Familie gefunden hat. Zu Hause in Kamerun habe er im Gymnasium im Chor gesungen, nun gehört er schon seit zwei Jahren zu Gospeltrain. Er spricht fließend Englisch und Französisch und auch Deutsch hat er schon gut gelernt. Lediglich die Aussprache fällt ihm noch etwas schwer.

Seit acht Monaten Paketzusteller

Zum Konzert in Knittlingen kam er ganz knapp von der Arbeit. Er ist seit acht Monaten Paketzusteller bei DHL und er liebt diesen Job, obwohl er anstrengend ist. An Weihnachten habe er von vielen Kunden Geschenke bekommen, berichtet er. Aber nicht nur dafür ist er dankbar, sondern auch für all die Hilfe, die er in Bretten erhalten hat. „Bretten ist eine sehr schöne Stadt und die Menschen hier sind unglaublich freundlich und hilfsbereit, ganz besonders im Chor“, sagt er und gerät geradezu ins Schwärmen. „Wenn du Zuwendung und Unterstützung brauchst, ist dies der richtige Ort.“ Jutta Belting, die auch bei „Gospeltrain“ singt, kümmert sich intensiver um Simaze und hat ihn auch zu Weihnachten in ihre Familie eingeladen. „Meine Kinder haben mit ihm 'Mensch ärgere dich nicht' gespielt und hatten viel Spaß“, erzählt sie. Und sie bestätigt, dass er sich bestens integriert hat und sich sehr anstrengt, weil er etwas erreichen will.

Asylantrag abgelehnt

Doch die Erfolgsgeschichte hat einen Haken. Simazes Asylantrag wurde abgelehnt und er muss nun um seinen Aufenthalt bangen. Auf die Situation in seinem Heimatland angesprochen, wird seine Mine ernst. Kamerun sei politisch sehr unsicher und bei Rückkehr sei sein Leben in Gefahr, weil er sich politisch engagiert habe.
Bei „Gospeltrain“ kann man sich ein Fehlen von Simaze kaum mehr vorstellen. „Es ist auch für den Chor eine Chance, Integration zu leben“, sagt Jutta Belting. Und Chorleiter Johann Günther freut sich über das begeisterte und zuverlässige Mitwirken dieser schwarzen Stimme.

Beten für ein Bleiberecht

„Ich habe nur einen Wunsch“, sagt Simaze abschließend. „Ich bete, dass ich hier bleiben darf.“ Der Chor „Gospeltrain“ hat sein Konzert in Knittlingen mit einer Neuvertonung des Vater Unser abgeschlossen, dem Gebet, das alle Christen weltweit verbindet.

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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