Apotheken-Notdienst: Im Ernstfall hilft nur der Notarzt

Notdienst-Liste an der Brettener Marktapotheke: Wenn keine der vier Brettener Apotheken Notdienst hat, müssen die Patienten unter Umständen sehr weit fahren. Foto: ch
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Wer in Bretten und der Region nachts oder an einem Feiertag dringend ein Medikament benötigt, muss unter Umständen weit fahren. Problematisch wird es, wenn jemand nicht selbst fahren kann oder darf – und obendrein niemand findet, der die Arznei besorgt. Dem ergeht es womöglich wie einer Brettener Patientin.

BRETTEN/BRUCHSAL (ch) Es geschah mitten in der Nacht vor einem Feiertag. Ute B. (Name von der Redaktion geändert) brauchte plötzlich dringend ein Medikament. Die Brettenerin litt unter heftigen Magenkrämpfen. Eine herbeigerufene Bereitschaftsärztin der ärztlichen Notfallpraxis stellte ihr ein Rezept für die Apotheke aus. Doch da ergab sich ein Problem: Die nächst gelegene Apotheke, die in dieser Nacht Notdienst hatte, befand sich in Bruchsal. Und weder Ute B. noch ihr Mann waren – aus unterschiedlichen gesundheitlichen Gründen – in der Lage, mit dem Auto zu fahren. Ein Dilemma. Ute B. überstand die Nacht mehr schlecht als recht ohne die verschriebene Arznei. Aber sie fragt sich noch immer: „Was machen andere Menschen, die alleine sind, in so einem Fall?

Längere Wege nach Gebietsvergrößerung

Auf Nachfrage bei der Brettener Hirsch-Apotheke zeigt Inhaberin Ariane Maaß Verständnis: „Das ist schwierig, wir sehen das auch, aber wir haben kein Patentrezept.“ Derzeit absolvieren die Brettener Apotheken alle 17 Tage einen nächtlichen Bereitschaftsdienst. Früher sei man häufiger mit einem Notdienst an der Reihe gewesen, bestätigt die Apothekerin. Aber nachdem vor wenigen Jahren zwei der ehemals sechs Brettener Apotheken zumachten, seien die sdadurch vermehrt angefallenen Notdienste für die verbliebenen Apotheken nicht mehr tragbar gewesen. Die Landesapothekerkammer reagierte und legte die Notdienstbereiche von Bruchsal-Hardt und Bretten zusammen. Auf diese Weise verteilten sich die Notdienste auf mehr Apotheken. Nach Auskunft von Peter Berthold, der bei der Landesapothekerkammer die Dienstbereitschaften einteilt, konnte damit die Belastung für die einzelnen Apotheker gesenkt werden. Für die Patienten hat die Gebietsvergrößerung jedoch zur Folge, dass sie längere Wege auf sich nehmen müssen, je nachdem wo die gerade diensthabende Apotheke liegt.

Nachbarn oder Taxi

Wer wie Ute B. nicht Auto fahren kann oder darf, dem rät Apothekerin Ariane Maaß, entweder ein Taxi zu beauftragen oder einen Nachbarn zu bitten. Beides ist aus Sicht von Ute B. nur eingeschränkt praktikabel. „Man kann ja nicht nachts um zwei Uhr die Nachbarn rausklingeln“, wendet sie ein. Eine Taxifahrt nach Bruchsal erschien ihr zu teuer. Dabei sind nächtliche Abholfahrten zu Notdienstapotheken nach Auskunft von Gisela Kuhn vom Brettener Taxi-Unternehmen Kuhn „schon öfters“ vorgekommen. Meist jedoch innerhalb Brettens oder in die unmittelbaren Nachbarkommunen. Berechnet wird der normale Fahrpreis hin und zurück plus zehnprozentigem Nachtzuschlag, wenn die Fahrt zwischen 0 und 6 Uhr stattfindet.

Nächtlicher Zustellservice zu teuer

Ute B. zöge eine andere Lösung vor: „Es wäre nicht schlecht, wenn es einen Fahrdienst gäbe, der die Medikamente zustellt.“ Tatsächlich bieten einige Apotheken tagsüber einen kostenlosen Zustellservice an, nachts jedoch nicht. „Der Bringdienst ist eine kostenlose Zusatzleistung für unsere eigenen Kunden“, stellt Apotheker Gebhard Nagel fest. Nachts kämen aber Kunden von überall her. Der Inhaber der Brettener Marktapotheke gibt außerdem zu bedenken, dass während des Notdienstes keine zweite Kraft verfügbar sei, „die man schnell mal wegschicken kann.“ Das sei bei rund 22 Notdiensten im Jahr auch gar nicht bezahlbar. Die Apothekerin oder der Apotheker selbst dürfen die Apotheke während des Notdienstes nicht verlassen, betont Peter Berthold. Denn aus Gründen der Berufshaftung seien nur studierte Apotheker berechtigt, verschreibungspflichtige Medikamente abzugeben.

Klinik-Apotheke darf nicht liefern

Aber Ute B. hat noch eine andere Idee. Schließlich gibt es in Bretten ein Krankenhaus. „Könnte man in der Rechbergklinik nicht eine Notapotheke öffnen?“ regt sie an. Ausgeschlossen, lautet die kategorische Antwort von Alexander Tsongas. Nach Aussage des Sprechers der Regionale Kliniken Holding (RKH), besitzt das Brettener Krankenhaus gar keine eigene Apotheke, sondern wird von der Bruchsaler Fürst-Stirum-Klinik mitversorgt. Zum anderen dürfe eine Krankenhausapotheke laut Paragraf 14 des Apothekergesetzes nur die dazugehörigen Krankenhaus-Standorte mit Medikamenten beliefern, nicht aber die Bevölkerung.
Bleiben dann also nicht mobile Patienten wie Ute B. in Notsituationen sich selbst überlassen? Der Sprecher der Landesapothekerkammer, Stefan Möbius, vereneint das. Er empfiehlt als letztes Mittel, erneut zum Telefon zu greifen. „Wenn es einem Patienten so schlecht geht, dass er seine Medikamente nicht selbst holen kann, dann ist dafür der Notarzt da.“

Tipps für Notfälle bei Nacht, am Wochenende oder an Feiertagen

Ärztlicher Bereitschaftsdienst:
Kostenlose bundeseinheitliche Rufnummer 116117
Kostenlose App „Notfallpraxen BW“

Aktuelle Apotheken-Notdienste:
www.aponet.de (für den PC),
www.apothekenfinder.mobi (für mobile Geräte),
Kostenlose Festnetznummer 080000-22833
Mobilfunk-Nummer 22833 (0,69 Euro/Min. aus Mobilfunk)
SMS an 22833 (0,69 Euro pro SMS)

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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