Von Südumgehung bis Wanne-Tunnel: Zur Vorgeschichte der Diskussion um eine Ortsumfahrung im Brettener Süden

Der Urentwurf: Ende der 1970er Jahre wurde erstmals versucht, eine Südumgehung Brettens (siehe die geschwungene Linie im unteren Bildbereich) im Flächennutzungsplan festzuschreiben – ohne Erfolg. | Foto: Stadt Bretten
  • Der Urentwurf: Ende der 1970er Jahre wurde erstmals versucht, eine Südumgehung Brettens (siehe die geschwungene Linie im unteren Bildbereich) im Flächennutzungsplan festzuschreiben – ohne Erfolg.
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(ch) Südumgehung, Westtangente, Bahnparallele, Wannetunnel: Wenn in Bretten über eine Entlastung der Kernstadt vom anwachsenden Durchgangsverkehr aus Richtung Pforzheim diskutiert wird, tauchen wechselnde Begriffe auf. Wer sich als Außenstehender nicht intensiv mit der Materie beschäftigt, kann schnell den Überblick verlieren.

Wir versuchen, Ordnung in das Begriffswirrwarr zu bringen, indem wir mit Unterstützung von Ulrich Braun, dem Leiter des Amts für Stadtentwicklung und Baurecht, klären, wie es zu den unterschiedlichen Ideen für eine Verkehrsentlastung kam und welcher Trassenverlauf damit jeweils gemeint ist.

Erste Pläne in den 1950er Jahren

Die Diskussion um eine Südumgehung ist mindestens so alt wie die Planung der Bundesstraße 35 in den 1950er Jahren. „Schon damals ging es um die Frage einer Nord- oder Südumfahrung von Bretten“, erzählt Ulrich Braun. Gebaut wurde schließlich im Norden der Kernstadt und im Süden von Diedelsheim. Mit zunehmendem Verkehr entbrannte in den 1970er Jahren erneut die Diskussion um eine Südumgehung von Bretten. Der Grund laut Ulrich Braun: „Man wollte den Durchgangsverkehr aus der Innenstadt raus haben.“ Bis 2014 verlief die B294 noch über die Pforzheimer Straße direkt am Marktplatz vorbei.

„Bevor das historische Heberer-Haus an der Pforzheimer Straße abgebrannt ist, wurde dort regelmäßig ein auskragender Stützbalken von vorbeifahrenden Lkw beschädigt. Es war nur eine Frage der Zeit, wann es wieder geschah. Die Zimmerer hatten den Balken schon vorrätig.“
Ulrich Braun, Leiter des Amts für Stadtentwicklung und Baurecht

Deutsche Wiedervereinigung stoppte B35-Ausbau

Der Versuch, die Südumgehung zusammen mit einer Ostumfahrung von Gölshausen im Flächennutzungsplan (FNP) festzuschreiben, scheiterte jedoch: „Das Regierungspräsidium hat beide aus der 1981 genehmigten FNP-Fassung herausgestrichen.“ Stattdessen wurde im Bundesverkehrswegeplan ein vierspuriger Ausbau der B35 zwischen dem Karlsruher und dem Gölshausener Dreieck verankert. Die dafür im RP bereits laufenden Planungen legte man indes nach der deutschen Wiedervereinigung ad acta: Damals verschob der Bund den Schwerpunkt seines Straßenbaus in die neuen Bundesländer.

Flächennutzungsplan hält drei Varianten vor

In Bretten, wo weiter auf eine Umfahrung für Gölshausen hingearbeitet wurde, beschloss man daraufhin, diese von der B35-Planung abzukoppeln. Mit dem Erfolg, dass 2003 die B293-Ortsumfahrung von Gölshausen eröffnet werden konnte. Zwei Jahre später kam es zur ersten Gesamtfortschreibung des FNP. Im Zuge dessen nahm man 2005 laut Ulrich Braun sowohl die Südumfahrung von Bretten und Rinklingen als auch die Westtangente in den bis heute gültigen Flächennutzungsplan auf. Darüber hinaus wurde im FNP eine Ortsentlastungsstraße West verankert, die unmittelbar am Siedlungsrand verläuft. Braun weist jedoch darauf hin, dass im vom Bundeskabinett 2016 beschlossenen Bundesverkehrswegeplan 2030 zwar die Westtangente, nicht aber die Südumgehung enthalten ist.

Wo verlaufen Südumgehung und Westtangente?

Während die gedachte Südumgehung direkt hinter dem Wald von der B294 zum Salzhofen abzweigt und dann querfeldein in westlicher Richtung südlich an Rinklingen vorbei auf Höhe der heutigen Stadtbahnunterführung auf die B293 trifft, würde die sogenannte Westtangente vom Salzhofen ebenfalls querfeldein, aber steil nach Norden über den Rechberg und das Rinklinger Tal zwischen dem Bahnhof und dem Volksbankgebäude hindurch zum Bluschgelände verlaufen und dort auf die Melanchthonstraße stoßen.

Wo wäre die Bahnparallele verlaufen?

Das Stadtentwicklungsamt unter Ulrich Braun entwickelte seinerseits die Idee der sogenannten Bahnparallele: eine innerstädtisch verlaufende Entlastungsstraße, die kurz vor Einmündung der Straße Im Brückle über das damals gerade frei geräumte Mellert-Fibron-Areal zwischen heutigem Technischem Rathaus und Stadtbahnhaltestelle Mitte hindurch hangseitig über das Gelände der heutigen Gemeinschaftsunterkunft und weiter bis zum selben Punkt verlaufen wäre, an dem die Westtangente das Rinklinger Tal Richtung Melanchthonstraße überquert.

Wo würde der Wannetunnel verlaufen?

Zuletzt hatten die Brettener Grünen Ende März neben anderen Lösungsvorschlägen auch ihren früheren Vorschlag eines Wannetunnels noch einmal dargestellt. Dieser würde etwa beim Kreisel des Kraichgau-Centers von der B294/Pforzheimer Straße abzweigen und unter der Stadtbahntrasse etwa 700 Meter weit bis zur Stadtbahnhaltestelle Schulzentrum führen, von wo aus es nicht mehr weit bis zur Anbindung an die B35 wäre.

Einen Faktencheck zur aktuellen Umfahrungs-Diskussion lesen Sie auf unserer Themenseite Ortsumfahrung

Alle aktuellen Artikel zum Thema Verkehrsentlastung finden Sie auch auf unserer großen Themenseite „Verkehrsentlastung“.

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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