„Amt ist ständiger Lernprozess”: Interview mit Norbert Holme, Bürgermeister von Ölbronn-Dürrn

Norbert Holme ist in der zweiten Amtsperiode Bürgermeister von Ölbronn-Dürrn. swiz
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Die Brettener Woche/kaichgau.news hat sich mit Norbert Holme, Bürgermeister von Ölbronn-Dürrn, zum Interview getroffen. Im Gespräch äußert sich Holme über die finanzielle Lage der Gemeinde und über eine immer egoistisch werdende Gesellschaft.

Ölbronn-Dürrn (swiz)
Herr Holme, Sie sind jetzt in ihrer zweiten Amtszeit Bürgermeister von Ölbronn-Dürrn. Bei Ihrer Wiederwahl 2014 haben Sie gesagt, Sie sind lernfähig. Was haben Sie aus Ihrer ersten Amtszeit gelernt?

Das Amt des Bürgermeisters ist eigentlich ein ständiger Lernprozess, aber ich denke, dass ich vor allem den Umgang mit Menschen aller Art gelernt habe. Nach zehn Jahren weiß man bei vielen Menschen wie sie ticken und wie man mit ihnen umgehen muss. Dennoch kann man dies nicht pauschal sehen. Denn die Gesellschaft ist gerade im Wandel und zwar nicht zum Positiven. Ich spüre immer öfter einen großen Egoismus und vermisse einen gewissen Respekt untereinander. Auch der Hang zur Aggressivität ist meiner Meinung nach stärker ausgeprägt als noch früher. Vielleicht hängt das bei manchen Menschen auch mit einer gewissen Angst vor einer unsicheren Zukunft zusammen.

Oftmals ist diese Aggressivität in der Vergangenheit ja auch beim Thema Flüchtlinge aufgekommen. Wie war das in Ölbronn-Dürrn?

Dieses Thema ist bei uns geräuschlos über die Bühne gegangen. Das lag mit Sicherheit auch an der großartigen Arbeit der vielen ehrenamtlichen Helfer. Zudem ist es uns auch in der Hochphase der Flüchtlingswelle gelungen, die Menschen adäquat unterzubringen. Wir mussten dabei keine Sporthalle beschlagnahmen oder Container aufstellen. Das hat mit Sicherheit auch zur Beruhigung der Situation beigetragen. Und auch die oftmals aufgekommene Neiddiskussion gab es bei uns im Zusammenhang mit Flüchtlingen nicht. Dennoch hatten wir bei der Landtagswahl 2016 dann ein Wahlergebnis von 21,3 Prozent für die AfD. Das stimmt einen natürlich nachdenklich, denn in unserer Gemeinde geht es den Menschen gut, sie sind versorgt mit Arbeit und auch sonst mangelt es an nichts. An Geld mangelt es der Gemeinde selbst eigentlich auch nicht.

An Geld mangelt es der Gemeinde Ölbronn-Dürn selbst eigentlich auch nicht. Dennoch haben Sie bei der Verabschiedung des Haushalts 2017 gesagt, „wir leben von der Substanz“. Was haben Sie damit gemeint?

Im Grunde ist das ganz einfach: Wir haben kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Ölbronn-Dürrn profitiert von vergleichsweise überdurchschnittlichen Gewerbesteuer- und Einkommenssteuereinnahmen. Das Problem sind aber unsere Ausgaben. Wir leisten uns vieles in zwei- oder dreifacher Ausführung: drei Kindergärten, zwei Grundschulen, zwei Feuerwehren und zwei Friedhöfe. Das liegt aber auch daran, dass wir in unserer Gesellschaft ein großes Anspruchsdenken haben. Wir versuchen aber auch immer wieder, Bereiche zu vereinheitlichen und wirtschaftlicher zu gestalten, um Kosten zu sparen. Zum Beispiel haben wir seit 2011 mit der Gemeinde Neulingen einen gemeinsamen Bauhof.

Eine Substanz ist irgendwann auch einmal aufgebraucht. Wie lange werden die Rücklagen von Ölbronn-Dürrn noch reichen? Und was dann?

Die Rücklagen sind Ende dieses Jahres aufgebraucht. Ab 2018 werden wir dann aller Voraussicht nach Kredite aufnehmen müssen. Und dann müssen wir natürlich ganz genau überlegen, wo wir investieren und noch deutlicher Prioritäten definieren als in der Vergangenheit. Aber nicht nur die Ausgabenseite muss von uns auf den Prüfstand gestellt werden, genauso müssen wir auch überlegen, wie wir zusätzliche Einnahmen generieren können. Eine Möglichkeit wäre eine Erhöhung der Grundsteuer B - also eine relativ gleichmäßige, zusätzliche Belastung der Wohnungs- und Grundstückseigentümer. Aber da ist noch nichts beschlossen.

Was sind im Haushalt 2017, der ein Volumen von 9,4 Millionen Euro hat, die größten Investitionsposten?

Da haben wir zum Beispiel den Abschluss der Rathaussanierung in Dürrn, der mit weiteren 180.000 Euro zu Buche schlägt und Bauarbeiten an der Brunnenrain- und an der Bergstraße, die mit einer Sanierung der Wasserleitungen einhergehen. Das Projekt kostet uns rund 605.000 Euro. In den Hochwasserschutz werden wir in 2017 als Einstieg 150.000 Euro investieren. Der Entwurf des Maßnahmenkatalogs beinhaltet rund 20 Einzelprojekte und muss in den Folgejahren weitergeführt werden.

Hochwasser ist ein gutes Stichwort, wenn auch im negativen Sinne. Ölbronn-Dürrn hat im letzten Jahr heftig unter den Schäden durch Hochwasser und Starkregen gelitten. Wie fällt ihre Bilanz der damaligen Ereignisse und der Hilfe durch das Land Baden-Württemberg aus?

Wenn man die nüchternen Zahlen betrachtet, dann hat uns das Hochwasser im letzten Jahr einen Schaden von 400.000 verursacht. Auf den meisten dieser Kosten sind wir sitzengeblieben, weil wir vom Land keine Gelder erhalten haben. Die Hilfsprogramme des Landes haben sehr gut funktioniert, wenn es um die Soforthilfen für Privatleute ging. Aber was die Gemeinde angeht, sah die Sache anders aus. Das Land braucht meiner Meinung nach einen Fonds für Schäden dieser Art, damit auch den Gemeinden schnell und unbürokratisch geholfen werden kann. Denn uns muss auch klar sein, dass diese Wetterphänomene zunehmen und wir häufiger mit solchen Schäden konfrontiert werden. Wir können zwar viel in den Hochwasserschutz investieren, aber einen hundertprozentigen Schutz gibt es nicht.

Die Fragen stellte Christian Schweizer, Redaktionsleiter der Brettener Woche

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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