Helden des Alltags: Über 10.000 Kilometer im Jahr für Waisenkinder

Alles für die Kinder: Johanna Kreppein (links) mit der ukrainischen Patenfamilie Hoycuk, die erst vor einem Jahr begonnen hat, Straßenkinder aufzunehmen. Wenn das eigene Haus fertig gebaut ist, will die Familie zu den bisher angenommenen fünf Kindern noch drei weitere aufnehmen. | Foto: Kreppein
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  • Alles für die Kinder: Johanna Kreppein (links) mit der ukrainischen Patenfamilie Hoycuk, die erst vor einem Jahr begonnen hat, Straßenkinder aufzunehmen. Wenn das eigene Haus fertig gebaut ist, will die Familie zu den bisher angenommenen fünf Kindern noch drei weitere aufnehmen.
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Viele Menschen haben das Gefühl, in den Medien gebe es nur schlechte Nachrichten, so weit das Auge reicht. Die Zeiten sind im Umbruch, viele fühlen sich verunsichert, würden am liebsten den Kopf in den Sand stecken. Mit der neuen Brettener Woche-Serie "Helden des Alltags" werden in loser Reihenfolge Menschen vorgestellt, die der um sich greifenden Lähmung etwas entgegensetzen. Sie klagen nicht, sondern packen an. Sie stellen das eigene Ego zurück und setzen sich für andere ein. Sie beziehen ihre Motivation daraus, Gutes zu tun, und machen die Welt ein bisschen besser. Im nächsten Teil geht es darum, was ein einzelner Mensch für viele Kinder in Not erreichen kann.

BRETTEN (ch) Johanna Kreppein ist ein Phänomen. Trotz ihres fortgeschrittenen Alters reist die 1.45 Meter große, zierliche Brettenerin vier Mal im Jahr fast 1.300 Kilometer weit in die westliche Ukraine und zurück, um Patenfamilien von Straßenkindern mit eingesammelten Spenden zu helfen. Schon seit 19 Jahren. Anfang Mai, kurz vor ihrem 71. Geburtstag, wird sie zu ihrer 77. Ukraine-Fahrt aufbrechen.

Erschütternder Heimbericht

Momentan unterstützt die frühere evangelische Musiklehrerin und Erzieherin fünf ukrainische Familien mit insgesamt 54 Kindern. Wie viele davon eigene Kinder und wie viele aufgenommen sind, will sie gar nicht so genau wissen. „Ich mache keine Trennung, denn die Kinder teilen miteinander alles“, sagt sie. Der äußere Anlass für ihr außergewöhnliches Engagement, für das sie 2016 von der SPD-Landtagsfraktion mit dem Preis für Verdienste um die soziale Demokratie geehrt wurde, war der Vortrag eines ukrainischen Heimleiters in Bretten. Erschüttert von dessen Schilderungen unterstützte sie elf Jahre lang ein Straßenkinderheim.

Behinderte Kinder „nur Müll“

2006 war sie in Kontakt mit Ehepaaren gekommen, die zusätzlich zu ihren drei bis fünf eigenen Kindern auch noch weiteren bis zu zehn verlassenen, traumatisierten und gehandikapten Kindern ein familiäres Zuhause bieten. Jetzt unterstützt sie nur noch diese Patenfamilien. Deren Motive seien vielfältig, sagt sie. Eine ukrainische Mutter lebt mit ihrem Mann ihren Jugendtraum, auch für behinderte Kinder da zu sein. Johanna Kreppein: „Sie müssen wissen, für viele Ukrainer sind behinderte Kinder nur Müll, und die Regierung bestreitet sogar schlichtweg ihre Existenz.“ Eine andere Familie werde von christlichen Motiven geleitet, während bei einer dritten vor allem „großes Mitleid“ im Vordergrund stehe. Unter den von zerrütteten Ehen, Armut und Krieg betroffenen Sozialwaisen in der Ukraine, deren Zahl UNICEF 2014 auf 100.000 schätzte, sind nach Beobachtung der Brettenerin auch „viele unter dreijährige Kinder“.

Unterstützung mit Konsequenz

„Dass die Pflegeeltern diese Kinder so ausdauernd und ernsthaft fördern, da stehe ich jedes Mal fasziniert davor“, bekennt sie. Das gebe auch ihr viel Kraft nach dem Motto: „Wenn ihr das schafft, dann kann auch ich die Fahrt zu euch auf mich nehmen.“ Bei ihren Besuchen geht sie konsequent und stufenweise vor. „Erst müssen die Eltern mir vorweisen, was sie an individuellen Förderungen mit den Kindern gemacht haben, dann bekommen sie die ihnen zugedachte Geldspende.“ Anschließend geht Johanna Kreppein mit der Familie einkaufen: „Früher nur Grundnahrungsmittel, heute einfach alles.“ Infolge des andauernden Bürgerkriegs in der Ostukraine herrschten auch im westlichen Landesteil Teuerung und Lebensmittelknappheit. Bevor sie wieder wegfährt, überreicht sie jedem Elternpaar als persönliche Anerkennung der geleisteten Arbeit 50 Euro zum privaten Gebrauch.

Gottvertrauen als Kraft zum Weitermachen

Zwischen ihren Reisen, die oft nur wenige Tage dauern, sammelt Johanna Kreppein unermüdlich neue Sach- und Geldspenden für ihre Patenfamilien. Sie verfasst umfangreiche bebilderte Reiseberichte, die sie per E-Mail und Brief an Interessierte versendet, oder hält Vorträge über ihre Erfahrungen. An Spendenwilligen hat es ihr selten gemangelt. Das liegt vor allem an ihrem Gottvertrauen. Mit ihrem Schöpfer hat sie eine klare Abmachung getroffen: „Gib mir, was für die Arbeit nötig ist, und ich kümmere mich um alles andere.“ Den direkten Zugang zu Gott habe sie nach einer praktisch elternlosen Kindheit gefunden, erzählt sie. Vier ihrer ersten fünf Lebensjahre verbrachte sie mit einer schweren Allergie im Krankenhaus. Das unmittelbare Gespräch mit Gott rettete sie vor dem Verlorenheitsgefühl. Und es gibt ihr noch heute die Kraft, Schwierigkeiten zu meistern, vor denen andere längst kapituliert hätten. ch

Infos, Spenden und Kontakt

Wer sich für Johanna Kreppeins Hilfsaktion interessiert, kann ihren aktuellen Reisebericht anfordern unter Telefon 07252/2652 oder unter E-Mail johanna_friderike@web.de (Unterstrich beachten) oder sie zu einem Vortrag einladen.
Wer für die Familien mit Straßenkindern in der Ukraine spenden möchte und eine Spendenbescheinigung benötigt, kann einzahlen auf das Konto der evangelischen Luthergemeinde Bretten bei der Sparkasse Kraichgau, IBAN: DE52 6635 0036 0005 0220 33, BIC: BRUSDE66XXX, Verwendungszweck „Straßenkinderarbeit in der Ukraine Johanna Kreppein“. Auch Spenden ohne Spendenbescheinigung sind möglich auf das Konto von Johanna Kreppein bei der Sparkasse Kraichgau, IBAN: DE05 6635 0036 0010 2150 95, BIC: BRUSDE66XXX, Verwendungszweck „Projekte Straßenkinder in der Ukraine“.

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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