Brettens Geschichte: Doppelte Mopsgeschwindigkeit ist für Kabarett zu langsam

Brettens Robinson Crusoe Heberer (Heiner Werner) geistert immer mal wieder durch die Stadtgeschichte beim Kabarettabend des Gugg-emol-Theaters (Foto:wod)
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  • Brettens Robinson Crusoe Heberer (Heiner Werner) geistert immer mal wieder durch die Stadtgeschichte beim Kabarettabend des Gugg-emol-Theaters (Foto:wod)
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Wer allzu Vergnügliches oder Kritisches erwartet, wird enttäuscht sein vom Jubiläumskabarett: Das Brettener Gugg-emol-Theater hat als Tempo für den Ritt durch die Brettener Geschichte der letzten 1250 Jahre die Mopsgeschwindigkeit ausgegeben. Die doppelte zwar, doch selbst das erweist sich beim Zuschauen als zu langsam.

Zugegeben, die selbstjustierte Messlatte - "Nummernkabarett in großer Besetzung" - liegt hoch, wenn es darum geht, die 12,5 Jahrhunderte Historie des Städtles kabarettistisch in akzeptabler Länge an einem Abend abzuhandeln. Vom Lorscher Kodex bis zum Mops als Stadtlogo: Nein, sie haben kaum etwas ausgelassen, die Autoren Axl Bajus, Thomas Max und Judith Fritz. Einiges davon hätte allerdings den Rotstift verdient gehabt. Nicht so die abwechslungsreichen Rückblicke wie das durch die Jahrhunderte geisternde Stadtjubiläums-Festgremium mit stets gleichen Fragen und Seitenhieben auf die um ein Jahr älteren Oberderdinger, der als Puppenspiel dargestellte Kampf gegen die Schwoobe 1504, die genial rappenden Reformatoren oder ein immer wieder durch Bild geisternde Heberer. Oder der stets wieder verscheuchte, "Das Lied für Bretten" intonierende Musikant. Dann aber versteigen sich die Gugg-emoler am Schluss des mit zweieinhalb Stunden Dauer die Aufnahmekapazität einen Standard-Bretteneres sprengenden Abends in eine ausufernde Nummer über die Flüchtlingsproblematik. In Bretten ja nun kein echtes Problem. Und auch das dauernde Tierfutterhersteller-Bashing hätte mit einem einzigen richtigen Knaller eigentlich gereicht.

Das Hundle ist Brettens Star

Wohl wahr, außerhalb Brettens assoziieren viele mit dem Städtle nicht Melanchthon oder Neff, man kennt vielmehr jene Sage vom fettgefütterten Hundle mit dem abgeschlagenen Schwanz. Und natürlich das dazugehörige Peter-und-Paul-Fest. So gesehen haben die Guggemoler mit der Überschrift ihrer Jubi-Produktion "Auf den Hund gekommen" ins Schwarze getroffen. Wie das mit dem sagenumwobenen Brettener Hundle nun wirklich war - im Kabarett gibt's gleich mehrere Antworten. In der Tat weist das in Stein gehauene "historische" Hundle eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Trendhund Mops auf. Bekanntlich ein extrem kurzatmiges Tier, das eher zur Behäbigkeit neigt. Seine Geschwindigkeit zu verdoppeln - wie im Programm-Untertitel versprochen - tat also Not: Das reicht aber leider nicht, um der Brettener History den notwendigen Drive zu geben, um es mal im Slang des Werbegurus zu sagen, der den Brettenern zum Schluss des Programms ein neues Stadtlogo verpassen will - und, den Markenkern herausschälend, schließlich dem staunenden Publikum einen mopsiesken Kreis als Lösung an die Wand beamt.

Weniger wäre mehr gewesen, gerade beim Kabarett ist Reduktion zumeist die richtige Kost. Was bitteschon nicht mit Schonkost verwechselt werden darf. Allzu selbstverliebt in die selbst verfassten Texte lotet Regisseurin Judith Fritz Themen auch da bis an den Grund aus, wo ein leichtfüßiges, tangentiales Berühren gereicht hätte. Das in Bretten nur am Rande eine Rolle spielende Flüchtlingsthema derart auszuwalzen - da hätt's weiß Gott noch andere wichtige Themen gegeben. Auch das Ärztehaus - zu viel ist zu viel. Mit harscher kabarettistischer Kritik indes gehen die Autoren sehr sparsam um. Allen wohl und niemand weh ist indes nicht Sinn von Kabarett. Weil - in Bretten stinkt's nicht nicht nur aus Richtung Rinklinger Tal ...

Lässt man die Längen aber mal außer Acht und konzentriert sich auf die schauspielerischen Leistungen, insbesondere die von Axl Bajus und Clemens Fritz, kann der Jubiläumszuschauer dem Abend dann doch viel Amüsantes abgewinnen. Und an der ein oder anderen Stelle auch herzhaft lachen. Oder schmunzeln. Insbesondere, weil die Gugg-emoler eigentlich die schwerste Sportart von allen ganz gut beherrschen: Sich selbst auf den Arm zu nehmen.

Weitere Aufführungstermine:
16. und 17. Dezember
13./14./20./27. und 28. Januar 2017
10./11./17. und 18. Februar 2017
3. und 4. März 2017

www.gugg-e-mol.de

Autor:

Gerd Markowetz aus Bretten

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