Interview mit "aktiven"-Stadtrat Aaron Treut
"Meine Zukunft lasse ich offen"

"Aktiven"-Stadtrat Aaron Treut.

Bretten (swiz) Sechs Monate ist es her, dass der Ex-CDU-Stadtrat Aaron Treut seiner Brettener Fraktion den Rücken gekehrt hat und zu Fraktion "die aktiven" wechselte. Im Interview blickt er zurück und zieht eine Bilanz seiner politischen Veränderung.

Herr Treut, Sie sind nun seit einem halben Jahr bei der "aktiven"-Fraktion. Was hat sich für Sie verändert?
Im Wesentlichen hat sich meine politische Arbeit nicht verändert. Nach wie vor setze ich mich gerne für die Bürgerinnen und Bürger und die Weiterentwicklung der Stadt ein. Das Arbeits-pensum ist zwar etwas größer geworden, da wir eine kleinere Fraktion sind, aber das gleicht sich aus durch eine effektivere und zügigere Arbeitsweise, da die "aktiven" meiner Meinung nach Themen schneller aufgreifen und umsetzen als ich es von der CDU-Fraktion gewohnt war.

Mit etwas zeitlichem Abstand, wie bewerten Sie die Arbeit der CDU-Fraktion aus heutiger Sicht?
Die CDU-Fraktion ist für mich nicht mehr bürgernah. Nach meiner Erfahrung in Bretten ist sie das nur alle fünf Jahre und nur sechs Wochen vor der Kommunalwahl. Ansonsten beschäftigt man sich eher mit sich selbst in internen Befindlichkeiten und Machtkämpfen oder im Blockieren von weiterführenden Ideen. Wenn ein Einzelner sich von der restlichen Fraktion durch Aktivitäten oder Eigeninitiative abhebt, wird dieser vom Großteil der Fraktion plakativ mit „persönlichen Machtinteressen“ oder mit „mangelndem Teamgeist“ diffamiert. Die fehlende Bürgernähe geht beispielsweise aus der jüngsten Pressemitteilung zur Sporgasse hervor. Dort wurde behauptet, die Interessensgemeinschaft Brettener Innenstadt (IGBI) befürworte den Tiefgaragenbau, was sich aber so nicht mit den realen Anliegen der IGBI deckt. Die tatsächliche Position der IGBI konnte man im Presseartikel vom 2. Februar zur Aktion „Wir gehen mit…“ nachlesen. Wenn man sich sachlich und kritisch mit kommunalpolitischen Themen auseinandersetzt, wird dies von der CDU-Fraktion sofort als Affront gegen die Verwaltungsspitze bewertet und angeprangert. Dass dadurch manchmal auch ein rauer Ton entsteht, entspringt meiner Mentalität, die Fakten beim Namen zu nennen. Als gewählter Vertreter des Volkes ist es doch meine Pflicht als Kontrollorgan zu fungieren, was zuweilen zur Opposition zur Verwaltung führt. Diese Aufgabe, die zwangsläufig auch politische Auseinandersetzungen mit sich bringt, wird meiner Ansicht nach bei der CDU-Fraktion in der Gemeinderatsarbeit nicht mehr zufriedenstellend ausgeführt. Viele Handlungen der Verwaltungsspitze werden unkritisch übernommen, teils hochgelobt und damit oft auch bürgerfern verteidigt. Die CDU-Fraktion ist in meiner Wahrnehmung damit größtenteils nur noch Erfüllungsgehilfe der Verwaltungsspitze.

Vonseiten der CDU-Fraktion gab es nach Ihrem Austritt immer wieder auch die Kritik zu hören, Ihre politischen Alleingänge hätten zu viel Unruhe in die Fraktion gebracht. Wie stehen Sie zu diesem Vorwurf?

Die Unruhe entstand vor allem durch die Machtkämpfe innerhalb der Fraktion. Dafür bemühte man dann als Schutzbehauptung und Rechtfertigung den Vorwurf der politischen Alleingänge, der rundweg falsch ist. Angeblich beruht er auf Gesprächen mit der Verwaltungsspitze, die nichts mit meiner Funktion als Fraktionsvorsitzendem zu tun hatten. Mein politisches Engagement wurde als Dauerwahlkampf verunglimpft und unterhöhlt, um einen unbequemen Mitdenker auszubremsen oder gar auszuschalten. Cui bono (wem nützt es) ist hier die Frage. Ich nehme mein Mandat als Stadtrat ernst und habe Spaß daran, für Bretten an zukunftsorientierten Lösungen zur Weiterentwicklung mitzuwirken.

Welches Zeugnis stellen Sie nach sechs Monaten Ihrer neuen Fraktion „die aktiven“ aus?

"die aktiven" zeichnen sich in meinen Augen durch innovative Ideen und durchdachte Projekte aus, wie der Anschaffung eines Monitors am Brettener Friedhof oder auch dem Heißen Draht als Bürgertelefon. Sie sind offen und handlungsschnell und vor allem ist eine sehr gute Rückkopplung zur Bevölkerung vorhanden. Bei der Fraktion ist es ein angenehmes Arbeiten auf Augenhöhe im Interesse der Sachthemen und ohne persönliche Befindlichkeiten einzelner Mitglieder, ohne Neid und Missgunst. Die Gestaltungsmöglichkeiten, die mir jetzt möglich sind, gab es vorher nicht.

Herr Treut, Sie waren elf Jahre Mitglied bei der CDU und sind es weiter auf Kreisebene. Nun äußern Sie harsche Kritik an der Brettener CDU-Fraktion. Warum ist es aus Ihrer Sicht dazu gekommen?

Selbstverständlich tut das weh, wenn man seine „politische“ Familie verlassen muss, weil ein gemeinsames Erfüllen der politischen Ziele nicht mehr möglich ist. Rein aus moralischen Gründen hatte ich aber keine andere Wahl, als diesen Wechsel zu vollziehen. Einigen Personen in der Brettener CDU war mein persönliches Engagement ein Dorn im Auge, hier entwickelte sich aus meiner Sicht ein CDU-interner Machtkampf, der weniger die kommunalpolitische Arbeit im Visier hatte, als das Erreichen und Sichern von Positionen innerhalb der Partei. Wenn sich die CDU-Fraktion konstruktiver und bürgernäher verhalten hätte, wäre ein Wechsel für mich nicht infrage gekommen. Im Herzen bleibe ich ein CDU-Mann, aber nicht mehr auf dieser kommunalpolitischen Ebene und mit diesen Funktionsträgern in Bretten.

Wie schaut die Zukunft des Aaron Treut und der "aktiven"-Fraktion aus?
Wir werden uns weiter um eine bestmögliche Zukunft der Stadt bemühen. Meine persönliche politische Zukunft lasse ich bewusst offen, weil ich mich noch nicht entschieden habe. Allerdings muss 2026 nach 16 Jahren Dornröschenschlaf die Stadt erstmal wieder erweckt und die Versäumnisse aufgearbeitet werden. Bis dahin versuchen wir meiner Meinung nach Schadensbegrenzung zu betreiben und uns weiter in den Dienst der Bürger zu stellen.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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