Bretten: Welche Umfahrung hat reale Chancen? - Der Faktencheck

27. Juni 2017
19:00 Uhr
Rathaus Bretten, Bretten
Größter Landschaftsverbrauch, geringste Entlastungswirkung: Läuft alles auf eine B294-Südumgehung Brettens durch das Sprantaler Tal hinaus? Foto: ch
14Bilder
  • Größter Landschaftsverbrauch, geringste Entlastungswirkung: Läuft alles auf eine B294-Südumgehung Brettens durch das Sprantaler Tal hinaus? Foto: ch
  • hochgeladen von Chris Heinemann

In der Diskussion über eine Verkehrsentlastung für die Brettener Kernstadt ist derzeit von Südumgehung, Westtangente, Bahnparallele und Wannetunnel die Rede. Am Dienstag, 27. Juni, um 19 Uhr lädt die Stadtverwaltung zu einer Bürgerinformation in den Großen Ratssaal im Brettener Rathaus ein.

Bretten (ch) In der Diskussion über eine Verkehrsentlastung für die Brettener Kernstadt ist derzeit von Südumgehung, Westtangente, Bahnparallele und Wannetunnel die Rede. Am Dienstag, 27. Juni, um 19 Uhr lädt die Stadtverwaltung zu einer Bürgerinformation in den Großen Ratssaal im Brettener Rathaus ein. Dabei sollen die bislang bekannten Varianten ausführlich dargestellt und, so Oberbürgermeister Martin Wolff, „ergebnisoffen“ diskutiert werden. Zu einem späteren Zeitpunkt soll sich diese allen Bürgern zugängliche Veranstaltung zur Meinungsbildung auch in einer Willensbekundung des Gemeinderats niederschlagen.

OB: Gemeinderat soll Trassenvariante empfehlen

„Ich halte es für ratsam, dass der Gemeinderat einen Empfehlungsbeschluss fasst, um die Dringlichkeit einer Umfahrung deutlich zu machen“, so der OB, der zugleich den begrenzten Einfluss der Kommunalpolitik auf den Bundesstraßenbau betont. Der Bund werde zwar nichts bauen, was die Stadt nicht möchte, aber: „Letztendlich entscheidet der Bund über den Ausbau.“ Vor der Bürgerinformation haben wir uns die verschiedenen Trassenvarianten für eine B294-Ortsumfahrung noch einmal angeschaut und sie auf ihre Realisierungschancen abgeklopft.

Faktencheck 1: Wannetunnel

Ende März hat der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Brettener Gemeinderat, Otto Mansdörfer, bei einem Vortrag – neben anderen Varianten - erneut einen etwa 700 Meter langen Wanne-Tunnel thematisiert. Dieser brächte zwar nach seinen eigenen Berechnungen - Mansdörfer ist von Beruf Stadtentwicklungsplaner - mit 18.000 Fahrzeugen pro 24 Stunden die größtmögliche Entlastung. Zudem würde er am wenigsten Fläche verbrauchen. Dennoch wäre dieser Vorschlag - wiederum nach Mansdörfers eigener Einschätzung - kaum finanzierbar. Die hohen Tunnelbaukosten machen eine Realisierung in absehbarer Zeit unwahrscheinlich.

Faktencheck 2: Bahnparallele

Die zweitbeste Verkehrsentlastung versprach nach Berechnungen einer studentischen Projektgruppe der Universität Karlsruhe mit 14.600 Fahrzeugen je 24 Stunden die vom Amt für Stadtentwicklung unter Ulrich Braun entwickelte Bahnparallele. Der Grund: Wie der Wanne-Tunnel würde diese parallel zur Bahnlinie geführte innerstädtische Entlastungsstraße neben dem Durchgangsverkehr auch einen hohen Anteil des städtischen Binnenverkehrs aufnehmen. Weitere Vorteile laut Braun: „Die benötigten Grundstücke waren zu 95 Prozent in städtischer Hand und diese Variante wäre die mit Abstand billigste gewesen.“ Weil die Trasse aber im Gemeinderat nicht mehrheitsfähig war, zwischenzeitlich das Mellert-Fibron-Gelände mit dem Dienstleistungszentrum bebaut wird und die Fläche hinter dem Technischen Rathaus mit einem neuen Parkplatz sowie das schräg gegenüber liegende Hanggrundstück mit der neuen Gemeinschaftsunterkunft bereits bebaut worden sind, ist über diese Idee „die Zeit hinweg gegangen“, wie Braun es ausdrückt. Realisierungschance gleich null.

Faktencheck 3: Westtangente - ortsnah und ortsfern

An dritter Stelle bei der voraussichtlichen Verkehrsentlastung rangiert mit 12.600 Fahrzeugen pro 24 Stunden die sogenannte Westtangente. Ihre ortsnahe Variante, die Ortsentlastungsstraße Bretten West, war einst bei den Anwohnern auf Widerstand gestoßen. Die ortsferne Streckenführung querfeldein vom Salzhofen über den Rechberg und das Rinklinger Tal zur Melanchthonstraße verbraucht viel Fläche und Landschaft, aber weniger als die Südumgehung. Zudem hat sie den Vorteil, dass sie im neuen Bundesverkehrswegeplan bereits als „vordringlicher Bedarf“ eingestuft ist, auch wenn der OB dieser Tatsache lediglich eine „Platzhalter“-Funktion zuweist. Gleichwohl wäre sie deshalb wohl am schnellsten zu realisieren. Aber es gibt auch einen Haken: Durch die inzwischen größtenteils erfolgte Überplanung des ehemaligen Bluschareals steht dort nur noch eine schmale Resttrasse zur Verfügung, die eine gute Anbindung an die Melanchthonstraße erschwert.

Faktencheck 4: Südumgehung

Bleibt noch die Südumgehung, die mit vorausberechneten 11.400 Fahrzeugen je 24 Stunden die geringste Entlastungswirkung verspricht. Zudem ist sie rund einen Kilometer länger als die Westtangente, verbraucht mehr Fläche und Landschaft und zerschneidet ein großes, bislang weitgehend ungestörtes Naherholungsgebiet. Sie ist zwar nicht im aktuellen Bundesverkehrswegeplan aufgeführt, was aber nicht ewig so bleiben muss. Denn dieser lässt laut Ulrich Braun grundsätzlich auch die Prüfung anderer Trassen zu. Der Aufwand für Planung und Bau ist nach seiner Einschätzung für Westtangente und Südumgehung mit jeweils elfeinhalb Jahren etwa gleich groß.

Vorläufiges Fazit

Woraus folgt: Egal, für welche Umfahrungsvariante sich der Gemeinderat letztendlich entscheidet, vor 2030 wird es mit großer Wahrscheinlichkeit keine neue Entlastungsstraße im Brettener Süden geben. Bis dahin muss Bretten laut OB mit internen Lösungen leben. Zum Beispiel mit einer Optimierung der Ampelschaltungen in der Wilhelmstraße, die nach seinen Worten „noch vor der Sommerpause umgesetzt wird.“

Mehr über die Vorgeschichte der aktuellen Umfahrungs-Diskussion lesen Sie auf unserer Themenseite Ortsumfahrung

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

6 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.