"Gewand, das jahrelang hält"
IG Gewand lädt zu Gewandberatung ein

Foto: IG Gewand
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Bretten (kuna) „Nach dem Fest ist vor dem Fest“ – so lautet das Motto der IG Gewand, die am Samstag, 10. September, eine kostenlose Gewand- und Nähberatung in Bretten anbietet. Angesprochen sind alle, die sich gerne selbst in der Mode um 1504 einkleiden möchten oder sich bereits Gedanken um das passende Gewand für das Peter-und-Paul-Fest 2023 machen. Linda Obhof, ehrenamtliches Mitglied bei der IG Gewand, verrät im Interview, was es mit der Gewandberatung auf sich hat.

Was erwartet mich bei der Gewandberatung?
Die Gewandberatung richtet sich an alle, die sich für die Kleidung um 1504 interessieren und in ihr eigenes Gewand mehr historische Genauigkeit einbringen möchten. Die Kleidung um 1504 war sehr körperbetont, vor allem bei den Männern. Damals gab es keine Konfektionsmode, sondern die Kleidung war individuell zugeschnitten. Bei der Gewandberatung geben wir Tipps und Tricks zur besseren Passform, bieten eine Stil- und Farbberatung an und unterstützen bei der Wahl des richtigen Materials. Und wir räumen mit Mythen auf: Viele denken zum Beispiel, dass Bauern nur in braun oder grau herumliefen oder, dass gelb nur Prostituierte trugen. Das ist aber nicht der Fall!

Können Gewänder auch untereinander getauscht werden?
Um 1504 gab es einen großen Secondhandmarkt. Für Secondhand-Gewänder ist aber eher die Gewandbörse zuständig, die es in Bretten immer vor dem Peter-und-Paul-Fest gibt. Bei der Gewandberatung geht es mehr um Neuanfertigungen oder um Upcycling-Projekte.

Worauf stützt sich das Wissen der IG Gewand?
Bei der Recherche über die historische Mode stützen wir uns vor allem auf Abbildungen. Es gibt aber auch wenige Originale. Besonders bekannt ist der Alpirsbacher Textilfund aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Darunter befindet sich eine Männerhose und ein Wams. Aus Bretten selbst ist leider keine Kleiderordnung überliefert. Dafür aber aus anderen Städten wie Landshut oder Regensburg. Die historische Kleidung ist in der Wissenschaft ein eigenes Forschungsfeld und wird zum Beispiel in der Kostümgeschichte oder in der Trachtenforschung untersucht. In der IG Gewand kommen fast alle Mitglieder aus der Wissenschaft, haben also einen entsprechenden Zugang zu den Quellen. Entstanden ist daraus unser Buch „Um 1504. Die Kleidung. Grundausstattung“. Seit 2020 gibt es außerdem einen digitalen Leitfaden.

Wie streng sind die Richtlinien bei der Herstellung eines Gewandes?
Über die Richtlinien entscheidet im Prinzip jeder für sich selbst. Auch in den Peter-und-Paul-Gruppen ist der Umgang mit den Gewändern unterschiedlich, jeder hat da seine eigenen Ansätze. Für diejenigen, die in einer Gruppe aktiv sind und wissen möchten, was zu ihrem Stand passt, haben wir einen digitalen Leitfaden erstellt. Alle Gruppen, die beim „Mittelalterlichen Arbeitskreis“ der Vereinigung Alt-Brettheim gemeldet sind, sind dort in die passende gesellschaftliche Schicht eingeordnet. Aber auch das ist eine subjektive Einteilung durch die IG Gewand. Aus der Geschichte ist übrigens auch bekannt, dass Menschen mit viel Geld gerne mal die Grenzen der Kleiderordnungen überschritten haben, sodass der Adel einschreiten musste (lacht).

Muss ich selbst nähen können?
Viele nähen ihr Gewand selber, aber nicht alle. Es kam auch schon vor, dass Menschen zur Beratung kamen und dann andere nähen ließen, zum Beispiel die Oma oder die Tante. Das ist natürlich auch möglich. In unserem Buch gibt es Schritt-für-Schritt-Anleitungen, mit denen auch diejenigen, die bisher noch nie genäht haben, zurechtkommen. Es ist möglich, sein Gewand per Hand zu nähen oder mit der Nähmaschine – da haben wir in der IG Gewand auch verschiedene Vorgehensweisen. Man muss sich nur einmal trauen, dann macht es großen Spaß! Oft kommen die Leute zu uns und sind stolz, dass sie ihr Gewand ganz ohne fremde Hilfe genäht haben.

Wie teuer ist ein Gewand?
Das kann man nicht so einfach beantworten. Die Preisspanne variiert je nach Material, in der Regel nutzt man Leinen oder Wolle. Außerdem kommt es darauf an, ob der Stoff chemisch oder pflanzengefärbt ist. Für ein sehr schlichtes Gewand sieht eine grobe Rechnung so aus: Dafür braucht man ein Hemd aus Leinen, der Stoff dafür kostet zwischen 35 und 50 Euro. Das Kleid aus Wolle sollte genügend Stofffülle haben, damit es auch schön fällt, da kommt man bei etwa 90 bis 100 Euro raus. Dazu kommen dann noch die Schuhe, die je nach Qualität und Ausführung ganz unterschiedlich kosten können. Die bekommt man für etwa 60 bis 100 Euro , die dann aber nicht wie zeitgenössische Originale hergestellt wurden. Die Kopfbedeckung lässt sich meist aus dem Verschnitt von Leinen herstellen. Insgesamt kommt man da bei etwa 300 Euro raus für ein Gewand, das dann auch jahrelang hält. Das Ganze ist auch deutlich günstiger möglich, dann ist das Material aber vermutlich nicht sehr nah an den historischen Vorlagen orientiert. Wenn man gute Stoffe wählt, ist das Tragegefühl wesentlich besser: Bei einem günstigen Stoff mit Polyamid-Anteil kommt man im Sommer schneller ins Schwitzen und im Herbst friert man darin. Nicht auszumalen, was passieren kann, wenn man am Feuer kocht…

Informationen:
Die Gewand- und Nähberatung der IG Gewand ist kostenlos und findet am Samstag, 10. September, von elf bis 15 Uhr im Gerberhaus (Gerbergasse 10, Bretten) statt. Die IG Gewand bittet um Anmeldung unter presse@um1504.de.

Autor:

Kathrin Kuna aus Bretten

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