Brettener Stadträte Fabian Nowak und Aaron Treut über Bike-Verbote
Beitritt zur Initiative Motorradlärm?

Bretten/Region (hk) Viele Städte, Gemeinden und Landkreise haben ein Problem – nie enden wollender Lärm. Die Quellen sind vielfältig. Besonders das Thema Motorradlärm steht aber derzeit im Fokus: Durch die „Initiative Motorradlärm“, der schon 100 Kommunen angehören, erlebt es einen Aufwind in öffentlichen Debatten. Die Initiative fordert, dass Motorräder leiser werden müssen und dass rücksichtsloses Fahren deutliche Folgen haben muss. Es werden allerdings keine Verbote gefordert, sondern kreative Ideen, um Motorradlärm zu reduzieren.

Motorradlärm im größeren Kontext sehen

Im Gespräch mit der Brettener Woche haben CDU-Stadtrat und Ortsvorsteher von Ruit, Aaron Treut, und sein Kollege Fabian Nowak (Bündnis90/Die Grünen) ihre teils unterschiedlichen Ansichten dargelegt. Für Treut als passionierten Motorradfahrer steht fest: Er würde sich „ganz sicher nicht“ für einen Beitritt der Stadt Bretten zur Initiative Motorradlärm aussprechen: „Für Bretten empfinde ich das als unsinnig, schlimmer noch, in der aktuellen Krisensituation kann vor allem die Brettener Gastronomie um jeden zahlenden Gast froh sein. Ich fürchte bei einem Ausbleiben oder der Reduzierung der Zweiradgäste, die mit so einer Initiative einhergeht, weitere Belastungen für unsere Gastronomen.“ Auch Nowak ist der Ansicht, dass es gut wäre, den Marktplatz als Einkehrmöglichkeit für Motorradfahrer zu behalten. Im Gegensatz zu Treut würde er sich allerdings für eine Beteiligung der Stadt Bretten an der Initiative aussprechen. Allerdings müsse man sie im größeren Kontext betrachten, zu der übergreifende Themen wie Verkehrslärm und das Mobilitätskonzept gehörten.

Nicht Einzelne verurteilen

Einig sind sich beide darin, dass es in der Brettener Innenstadt keinen besonders auffäligen Motorradlärm gebe – höchstens auf dem Marktplatz, wo sich Motorradfahrer treffen. Für Gemeinden, die sich an Motorradhotspots befinden, direkt an Bundesstraßen oder Autobahnen liegen, sei die Initiative Motorradlärm eine verständliche Sache, findet Treut. Jeder sollte das Recht auf eine lärmarme Umwelt haben. Es dürfe aber nicht sein, dass auf Grund "weniger einzelner Krawallmacher viele andere leiden müssen." Für ihn sei es zudem unverständlich, dies durch „wirtschaftsschädigende Fahrverbote“ umzusetzen, die „unter Umständen einen weiteren Industriezweig in Deutschland kaputtmachen“. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch Nowak: „Was wir nicht dürfen, ist Einzelne zu verurteilen“, sagt er und betont: „Wir sind keine Verbots-partei. Daher appellieren wir an den gesunden Menschenverstand, wenn es darum geht, weniger Lärm zu verursachen.“ Dazu gehöre auch unbedingt das Gespräch mit Motorradfahrern zu suchen.

Motorradfahrer ohne Verbote sensibilisieren

Keinesfalls, so Treut, dürfe man bei diesem Thema die Sachlichkeit aus den Augen verlieren oder gar in die "Ideologie abdriften". Treut kritisiert auch jene, die mit Lärmreduzierung auf "Stimmenfang" gingen und stellt ausdrücklich klar: „Eine politisch vorgegebene Lärmbegrenzung von allen Fahrzeugarten halte ich für sinnvoll – das schließt das Motorrad mit ein." Eine gesonderte Begrenzung für Motorräder sei hingegen diskriminierend. Es sei eine gute Sache, Lärmgrenzwerte mit Fachleuten aus Industrie, Wissenschaft und Technik zu überarbeiten, so Treut. Man könne „Hotspots“ kontrollieren oder mobile Geräuschmessstationen einsetzen. Auch nach Meinung von Nowak muss man Motorradfahrer ohne Verbote sensibilisieren, zum Beispiel durch Hinweisschilder und Geschwindigkeitsanzeigen, die auffordern, rücksichtsvoll und leise zu fahren und somit an die Vernunft des Fahrers appellierten.

"Der latente Autolärm im Hintergrund ist eher das Problem“

Für den richtigen Weg hält es Nowak, Motorradfahrer über die negativen Auswirkungen des Lärms aufzuklären und ihre Sichtweise dahingehend zu verändern, dass sie selbst Einsicht zeigten. Lärm sei nicht nötig, um in den Genuss von Adrenalin und Freiheitsgefühl zu kommen. Deshalb hält Nowak zum Beispiel Elektro-Motorräder für eine Alternative, die leise sind und den gleichen Fahrspaß liefern und zudem weniger Parkraum gegenüber Autos verbrauchten. Verstöße müssten allerdings konsequent geahndet werden, daher halte er Bußgelder für sinnvoll. Vor allem, wenn Leistungen erschlichen würden, sowohl im Falle von falschen Angaben durch Hersteller, als auch durch Motorradfahrer selbst. "Der latente Autolärm im Hintergrund ist eher das Problem“, fügt Nowak hinzu. Es sei immer ein gewisser „Hintergrundpegel“ da, „unter dem wir unmerklich leiden“. Um Verkehrslärm grundsätzlich zu senken, befürwortet Nowak innerorts Tempo 40 statt 50 als "gesunden Mittelweg", ohne die Beschränkungen von 20 oder 30 zu erhöhen.

„Neue Motorräder sind deutlich leiser als die Vorgänger“

Dass Motorradlärm nicht unbedingt das Problem ist, findet auch Treut. Ein Lkw sei deutlich lauter als ein Motorrad und „wir haben in Bretten eine deutlich höhere Belastung durch Lkw- und Bahn-Verkehrslärm als durch Motorräder. Das sind die Stellhebel, an die wir in Bretten gehen sollten“, ist Treut überzeugt und fügt hinzu: „Ein wesentlicher Schritt in Richtung Lärmschutz ist für mich die Realisierung der Südwest-Umgehung in Bretten.“ Nach der Wahrnehmung von Treut habe die Motorradindustrie aber bereits reagiert: „Neue Motorräder sind deutlich leiser als die Vorgänger. Das könnte man sicherlich per Gesetz noch untermauern“.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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