„Wie willst du da Vertrauen fassen?“: Status Quo bei der Klage gegen die OB-Wahl in Bretten

Klaus-Georg Müller.

Es war der 3. Dezember in Bretten. Etwas weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten schritt zur Urne, um ihren Stimmzettel zur Wahl des Oberbürgermeisters abzugeben. Dass sich aus dieser Wahl, die Amtsinhaber Martin Wolff mit zwölf Stimmen Vorsprung gewann, ein juristisches Tauziehen entwickeln sollte, das bis zum heutigen Tag andauert, daran dachte damals niemand.

Bretten (swiz) Es war der 3. Dezember in Bretten. Etwas weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten schritt zur Urne, um ihren Stimmzettel zur Wahl des Oberbürgermeisters abzugeben. Dass sich aus dieser Wahl, die Amtsinhaber Martin Wolff mit zwölf Stimmen Vorsprung gewann, ein juristisches Tauziehen entwickeln sollte, das bis zum heutigen Tag andauert, daran dachte damals niemand. Der Brettener Klaus Georg Müller hatte zuerst von seinem Rechtsanwalt, dem ehemaligen Pforzheimer Oberbürgermeister Joachim Becker, beim Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl einreichen lassen. Als dieser Einspruch zurückgewiesen wurde, beschritt Müller, unterstützt durch die Bürgerinitiative Wahlanfechtung den Klageweg vor das Verwaltungsgericht Karlsruhe. Wann die Klage dort verhandelt wird, steht noch nicht fest.

„Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“

Inzwischen, so Müller im Gespräch mit der Brettener Woche, habe das RP eine zwölfseitige Stellungnahme zu den Geschehnissen beim Gericht abgegeben. Dem Präsidium wirft Müller vor, es habe zwar festgestellt, „dass die Stadt Bretten bei der Nachprüfung des Ergebnisses am Montag nach der Wahl den Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt habe“. Konsequenzen wurden jedoch nicht gezogen. Das RP hatte in der Tat Anfang März bestätigt, es liege ein Verstoß gegen eine wesentliche Vorschrift über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses vor. Dies begründet es damit, dass am Montag nach der Wahl, zur Vorbereitung der öffentlichen Sitzung des Wahlausschusses, eine verwaltungsinterne – nicht öffentliche – Sichtung der gültigen Stimmzettel erfolgte. Diese hätte laut RP öffentlich erfolgen müssen. Die Prüfung habe jedoch ergeben, dass das Ergebnis der Wahl durch diesen Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz nicht beeinflusst werden konnte. Zudem, so Müller, streite das RP einen angeblich getätigten Anruf im Brettener Rathaus ab, bei dem der damalige Wahlleiter und Bürgermeister Michael Nöltner an besagtem Montag von Vertretern des RP aufgefordert worden sei, die eingegangenen Wahlzettel nichtöffentlich auszuzählen. Der Aussage von Nöltner zu diesem Punkt, „das haben wir immer schon so gemacht“, sollte laut Müller mit der Aussage „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“ begegnet werden.

Zweiter Angriffspunkt ist Thema „Altenheim-Neubau“

Der zweite Angriffspunkt von Müller und Rechtsanwalt Becker betrifft das Thema „Altenheim-Neubau“ auf dem Mellert-Fibron-Areal. Im Kern wirft Müller OB Wolff vor, eine für den 28. November 2017 anberaumte Gemeinderatssitzung auf den 30. November verlegt zu haben. Auf dieser Sitzung sei dann ein Strategiepapier zur Standortfrage des von der Caritas betriebenen Altenheims vorgelegt und ein Beschluss gefasst worden. Darauf sei eine politische Reaktion vor der Wahl nicht mehr möglich gewesen. Der Caritasverband hatte, so die Pforzheimer Anwaltskanzlei von Becker, „sein Auftreten als Investor und Betreiber eines Ersatzneubaus von bestimmten Bedingungen abhängig gemacht. Dies bezog sich auf die Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Ersatzbau, den Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages und die Verlängerung des Pachtvertrages für den bisherigen Standort“. Diese Voraussetzung konnte der Rat der Stadt weder in seiner Sitzung am 28. November noch in der am 30. November beschließen, heißt es dazu in der Klagebegründung.

"Öffentliche Reaktion vor der Wahl war nicht mehr möglich"

Eine öffentliche Reaktion vor der Wahl sei durch die Verschiebung der Sitzung auf den 30. November ebenfalls nicht mehr möglich, so der Vorwurf. In der Klagebegründung heißt es weiter: „Die Abstimmung über die entsprechenden Tagesordnungspunkte war ohne Bedeutung, weil die vom Caritasverband gewünschte rechtliche Bindung nicht hergestellt werden konnte. Es handelte sich offenkundig um ein politisches Manöver, um dem Amtsinhaber in rechtswidriger Weise die Gelegenheit zu geben, sich einen Vorteil in einer Wahlkampfauseinandersetzung zu verschaffen. In der Öffentlichkeit wurde der unzulässige Eindruck erweckt, als sei durch die Initiative des Amtsinhabers ein belastbarer Nachfolgestandort gefunden worden, auf dem der Caritasverband weiterhin Einrichtungen der Altenhilfe betreiben könnte.“ Darüber hinaus habe Amtsinhaber Wolff im Amtsblatt vom 29. November über „aktuelle Entwicklungen zur katholischen Altenhilfe“ berichtet. Diese Darstellung sei wegen ihrer Einseitigkeit rechtsmissbräuchlich und eine Verletzung des Neutralitätsgebots gewesen. In beiden Fällen hatte das RP keine rechtlichen Beanstandungen gehabt.

„Beide sollten abtreten“

Für Kläger Müller steht indes fest, dass weder Wolff noch Nöltner weiter tragbar sind. „Beide sollten abtreten.“ Und weiter: Auch der Eindruck von Verstrickungen und Geklüngel innerhalb der Stadtverwaltung und des Gemeinderates, aus dessen Kreis im Vorfeld des zweiten Wahlganges bereits eine Wahlempfehlung abgegeben worden sei, bleibe erhalten. „Wie willst du da noch Vertrauen in die Politik fassen?“, fragt Müller.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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