Finanzbericht 2019 der Stadt Bretten im Gemeinderat vorgestellt/Harte Einbußen bei der Gewerbesteuer
"Wir hatten gute Jahre"
Bretten (swiz) In der ersten Sitzung des neu gewählten Brettener Gemeinderats hätten die Stadträte und -rätinnen und die rund 150 Besucher wahrscheinlich gerne bessere Nachrichten erhalten, als jene, die ihnen der städtische Kämmerer Wolfgang Pux in seinem Vortrag überbringen musste. Thema war die Kenntnisnahme des "Finanzberichts 2019 der Stadt Bretten". Eingeleitet wurde der Bericht schon von den wenig verheißungsvollen Worten des Oberbürgermeisters Martin Wolff: "Wir hatten gute Jahre".
Eklatanter Rückgang in den Gewerbesteuereinnahmen
Und in der Tat. In einer kurzen Zusammenfassung skizzierte Pux die Erfolgsbilanz des Jahres 2018. Ein historischer Schuldentiefstand von rund 14,34 Millionen Euro (Pro-Kopf-Verschuldung von 487 Euro), eine Verbesserung der Liquidität und ein deutlicher Überschuss im Ergebnishaushalt von rund 1,8 Millionen Euro. Soweit so gut. Die Hiobsbotschaften warteten auf die Räte dann in der Prognose für den Haushalt 2019. War zum Zeitpunkt der Aufstellung des Haushalts 2019 im Ergebnishaushalt noch ein Überschuss von immerhin 215.000 Euro prognostiziert, rechnet Kämmerer Pux nun schlussendlich mit einer Unterdeckung von rund 5,49 Millionen Euro. Hauptursache ist der eklatante Rückgang in den Gewerbesteuereinnahmen um rund 6,5 Millionen Euro, was letztendlich auf die Umstrukturierung eines Unternehmens aus Gölshausen zurückzuführen ist. Eines Nachtragshaushaltes bedarf es dennoch nicht, so Pux, da der Fehlbetrag über die vorhandene Rücklage aus Überschüssen der Vorjahre ausgeglichen werden könne.
Reserven bis Ende 2019 aufgebraucht
Allerdings, so Pux, seien die Reserven dann bis Ende 2019 aufgebraucht. 15,9 Millionen Euro sind im Etat des Finanzhaushalts für die Investitions- und Finanzierungstätigkeiten eingeplant. Dazu kommen noch Mittelübertragungen aus 2018 in Höhe von 7,71 Millionen Euro. So steht in der Summe ein Gesamtvolumen von 23,61 Millionen Euro. Bis zur Jahresmitte seien von diesen Geldern lediglich 18 Prozent abgeflossen, so Pux. Er rechne aber mit einem "dynamischeren Abfluss" in der zweiten Jahreshälfte. Unabhängig davon würden sich aber einzelne Investitionsvorhaben verzögern. Als Beispiele nannte Bürgermeister Michael Nöltner die Sanierung des Kindergartens Ruit oder auch die Bebauung der Sporgasse. Zur Aufrechterhaltung der Zahlungsbereitschaft im vierten Quartal 2019 sei in jedem Fall eine Kreditaufnahme von rund 1,7 Millionen Euro erforderlich. Pux Fazit: "Die Spielräume werden deutlich kleiner und ich prognostiziere schon einmal eine beratungsintensive Haushaltsklausur für 2020." Er habe zudem seine Bedenken, ob es nach dem wirtschaftlichen Abschwung 2019 in 2020 eine moderate Erholung geben werden. Mit weiteren Darlehensaufnahmen und einer erhöhten Verschuldung müsse man eher rechnen.
Forcierung von Unternehmensgründungen
Die Verzögerung bei einzelnen Projekten kritisierte in der folgenden Aussprache CDU-Sprecher Aaron Treut: Es könne nicht sein, dass der Gemeinderat nichts mitbekomme, wenn einzelne Maßnahmen verzögert oder gar ganz abgesetzt würden. Das seien unter anderem Projekte in den Stadtteilen oder auch abgesetzte Maßnahmen beim Hochwasserschutz. "Nur der Gemeinderat kann den Rotstift ansetzen", so Treut. Der Investitionsstau sei ein massives Problem. Doch gerade wenn das Geld so billig sei wie momentan, müsse man investieren. "Wir setzen nicht den Rotstift an", entgegnete Wolff. Aber gerade beim Hochwasserschutz brauche man für einige Maßnahmen Privat-Grundstücke. Das seien mitunter sehr schwierige Verhandlungen. Auf Treuts Ruf nach der Ausweisung von neuen Gewerbegebieten entgegnete Wolff: "Bretten ist laut Regionalplan mit Gewerbeflächen gemästet". Dennoch liefen aber Verhandlungen mit dem Regionalverband. Für Ute Kratzmeier (Grüne) reicht der Ruf nach neuen Gewerbeflächen nicht aus. "Das Problem ist, dass in Bretten viele Firmen Konzernfilialen sind." Diese hätten keinen großen Bezug zur Stadt. Man müsse vielmehr dem Rückgang der Bedeutung von inhabergeführten Unternehmen entgegenwirken. "Dies kann durch die Forcierung der Förderung von Unternehmensgründungen geschehen."
"Da stehen interessante Zeiten an"
Mit trockenem Humor kommentierte indes Armin Schulz von "die aktiven" den Pux-Bericht: "Da stehen interessante Zeiten an." Und weiter: "Wir sollten natürlich auf der einen Seite die Ausweisung von neuen Gewerbegebieten nicht aus den Augen verlieren." Vor allem sollte aber darauf geachtet werden, die existierenden Unternehmen zu halten. Mit dem Ruf nach neuen Gewerbeflächen auf Brettener Gemarkung mache man es sich zu einfach, stellte dagegen Bernhard Brenner, Sprecher der FWV, in seiner ersten Rede fest. Vielmehr müsse man mit den Nachbargemeinden die Möglichkeiten von interkommunalen Gewerbegebieten ausloten. "Unsere eigenen Gewerbegebiete können wir nicht weiter aufblasen, das bringt nur zusätzlichen Schwerlastverkehr."
Die Finanzpolitik stand dagegen bei Birgit Halgato (SPD) im Mittelpunkt. "Wir haben in den Vorjahren gut gewirtschaftet, das kommt uns jetzt zugute." Sie plädiere zwar auch weiterhin für eine besonnene Geldpolitik, aber so günstig wie jetzt, könne man vielleicht in der Zukunft nicht mehr investieren.
Diskussion um Schuldenstand
Die Finanzen trieben auch Aufbruch Bretten-Stadtrat Hermann Fülberth um. Ihm ist allerdings vor allem der geringe Mittelabfluss bei den Investitionen ein Dorn im Auge. "Ich kann das nicht verstehen. Wir stocken personell auf und trotzdem geht der Mittelabfluss runter." Zudem plädierte er für eine andere Sichtweise auf den Schuldenstand der Stadt. Es bräuchte eine Gesamtbetrachtung aller Gesellschaften der Stadt sowie der Stadt selbst. Diese Schuldenlast sei dann ein realistischer Wert.
Autor:Christian Schweizer aus Bretten |
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