Anlässlich der 125-Jahr-Feier des Musikvereins "Eintracht" Obergrombach wirft unser Chronist einen Blick zurück auf die Geschichte des zweitältesten Ortsvereins. Morgen und übermorgen, 20. und 21. April, lädt der MVO zu einem Jubiläumskonzert und zu einer Jubiläumsmatinee ein.
BRUCHSAL-OBERGROMBACH (kk) Im Jahre 1898 wurde der Musikverein Obergrombach als „ordentlicher Musikverein“ in das Vereinsregister eingetragen. Die Anfänge gehen noch ein paar Jahre weiter zurück: Bereits 1893 fanden sich einige wagemutige junge Männer zu gemeinsamen Proben zusammen.
Proteste gegen "ewiges Getute"
Sie dürften wohl zumeist während ihrer Militärzeit erstmals mit der Blasmusik in Berührung gekommen sein. Anfangs hatten es die musikbegeisterten Wegbereiter nicht einfach; nach Protesten der Nachbarschaft wegen des „ewigen Getutes“ verlegten sie das Probengeschehen kurzentschlossen auf das freie Feld. Doch die Akzeptanz im Ort nahm zu, besonders, nachdem 1899 das erste Unterhaltungskonzert des „Musikvereins Eintracht Obergrombach“ präsentiert wurde.
"Zöglinge" sorgten für Verstärkung
Schon früh waren sich die Obergrombacher Musiker des Aspekts der „Nachwuchsarbeit“ bewusst. Bereits am 1. Dezember 1906 wurde der erste „Zögling“ – zuvor ausgebildet in den eigenen Reihen – in das Orchester aufgenommen. 1910 wurden die „Zöglinge“ durch Darlehen beim Kauf von Musikinstrumenten unterstützt; die Darlehen waren an die Vereinskasse zurück zu zahlen. Beim Eintritt hatten die Jugendlichen eine Gebühr von 5 Reichspfennig zu entrichten; für jeden Monat war die gleiche Summe zu bezahlen, bis die Gesamtgebühr von 1 Reichsmark in der Vereinskasse war.
Vorreiter bei Frauenrechten
Erfahrene Musiker nahmen sich der „Zöglinge“ an und führten sie in die Blasmusik ein. Dafür waren die Proben von den Jung-Musikern zu bezahlen. Während der „Weimarer Republik“ erhielten Frauen nicht nur das politische Wahlrecht – als Vorreiter gestattete es der Musikverein Obergrombach auch weiblichen Personen, Mitglieder im Verein zu werden.
Konkurrenz vom "Musikzirkel"
Doch es herrschte nicht immer „musikalische Eintracht“ in Obergrombach.
1926 wurde der „Musikzirkel“ – teilweise mit Streichinstrumenten – ins Leben gerufen. Dieses Orchester sah sich auf Augenhöhe mit dem MVO, was in den Folgejahren zu Zwistigkeiten und Reibereien führte. MVO-Musiker, die sich lieber dem „Zirkel“ anschlossen, wurden aus dem Verein verbannt. Im Oktober 1951 hatte das Ungemach ein Ende – „Musikverein“ und „Musikzirkel“ schlossen sich zu einem Verein zusammen.
Mit "Die Ruländer" zur Fastnachtshochburg
Während beider Weltkriege ruhte das musikalische Geschehen im oberen Grombachtal; 1946 wagte man einen Neuanfang. Neben der traditionellen Blasmusik beschritten MVO-Musiker auch neue Wege in der Unterhaltungsmusik: in den 50iger Jahren wurde die „Goldene 7“ ins Leben gerufen, 1967 folgten „Die Ruländer“. Letztere waren dafür verantwortlich, dass Obergrombach über 20 Jahre zur absoluten Fastnachtshochburg avancierte.
Erste Kontakte in Europa
Doch der Musikverein Obergrombach war nicht nur in der engeren Heimat aktiv. Bereits 1965 fand eine musikalische Kontaktreise nach Großdorf im österreichischen Bundesland Vorarlberg statt. Die Verbindung entstand durch vorausgehende private Urlaubskontakte. Noch im gleichen Jahr erfolgte ein Gegenbesuch der Vorarlberger im Kraichgau. Durch Verbindungen des damaligen Dirigenten Siegfried Lepp kam es 1977 zu einer Konzertreise nach Bergen in Norwegen. Mit dem dortigen Gastgeber, dem „Musikklag Haukas“ trat man in freundschaftliche Beziehungen ein, die 2017 in der Feier „40 Jahre Obergrombach-Haukas“ ihren vorläufigen Höhepunkt fanden.
Beitrag zum Zusammenwachsen der Völker Europas
Anfang der 80iger Jahre war dann die MVO-Jugendkapelle auf großer Reise: nach Willemstaad (bei Rotterdam) in Holland. Das dortige Jugendorchester Fijnaart war der guten Tradition entsprechend auch Gast im Grombachtal. In den 90igern war wieder die Jugendkapelle „auf Achse“: es ging über die Alpen nach Fabriano (bei Ancona) in Italien. Ein absoluter Höhepunkt war hier ein kurzer musikalischer Auftritt auf dem Petersplatz mit einer Audienz bei Papst Johannes Paul II. Selbstverständlich fand das „Corpo Bandistico Citta di Fabriano“ den Weg zu einem Gegenbesuch in den Kraichgau. So hat der Musikverein Obergrombach auf seine Art zum Zusammenwachsen der europäischen Völker beigetragen.
Gemeinsam für eigenes Vereinsheim
Lange Zeit dienten die Nebenzimmer von örtlichen Gaststätten als Probelokalität für die Kapellen des Musikvereins Obergrombach. In den 80igern kam der Gedanke auf, eine eigene Heimstatt zu bauen. Auf dem „Danzberg“ bei der Burgschule wurde ein geeignetes Baugelände gefunden; am 26. Oktober 1987 war schon Baubeginn. In typisch Obergrombacher Vereinstradition waren in den Folgemonaten über 100 Helfer im Einsatz, und am 13. Mai 1988 konnte Richtfest gefeiert werden. Im gleichen Jahr, am 6. Oktober, konnte das neue Vereinsheim seiner Bestimmung übergeben werden. Seit diesem Zeitpunkt steht die „Villa Eintracht“ im Mittelpunkt des Vereinsleben.
Jubiläumskonzert und Jubiläumsmatinee
Der Musikverein Obergrombach hat über 400 Mitglieder und umfasst nicht weniger als fünf Formationen: Bläserklasse, Schülerkapelle, Jugendorchester, aktive Blaskapelle und Seniorenorchester. Der Jubilar musiziert nicht nur, er kann auch kräftig feiern: Legendär sind die Sommerfeste in der „Dreschhalle“ mit ihrer urigen Atmosphäre. Auch die „Burgfeste“ und die Obergrombacher Fastnachtsveranstaltungen
wurden und werden maßgeblich vom Musikverein mitgestaltet. Und dass die Musiker und Musikerinnen auch ihr Jubiläum zu würdigen wissen, wollen sie im Festzelt auf der Festwiese vom 22. bis 25. Juni 2018 unter Beweis stellen. Zuvor jedoch findet am Samstag, 21. April, ein Jubiläumskonzert in der Turnhalle Obergrombach und am Sonntag, 22. April, eine Jubiläumsmatinee an gleicher Stelle statt.
Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
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