Zehn Jahre Baumwipfelpfad
„Der Baumwipfelpfad hat Bad Wildbad wiederbelebt“
Bad Wildbad (red) Von hüpfenden Gemeinderäten, einer Entscheidung zwischen Oktoberfest und Schwarzwald und vom Kampf um den Erhalt einer historischen Lebensader Bad Wildbads: Anlässlich des zehnten Geburtstags des Baumwipfelpfads Schwarzwald blickt der Bundestagsabgeordnete Klaus Mack im Interview zurück auf die Geschichten rund um den Baumwipfelpfad, der ihm in seiner Zeit als Bürgermeister Bad Wildbads ein Herzensprojekt war.
Herr Mack, Sie haben einmal gesagt „mit dem Baumwipfelpfad kam der Aufschwung“. Was war damit gemeint, was hat die Touristen-Attraktion mit Bad Wildbad gemacht?
Klaus Mack: Der Vorstandssprecher der eak, Herr Bayerköhler, mit dem ich vor zehn Jahren das ganze Projekt iniitiert habe, hat damals gleich gesagt: Ihre Stadt wird sich verändern. Und das ist tatsächlich passiert. Mit dem Baumwipfelpfad kam eine deutlich spürbare Belebung für Bad Wildbad und die ganze Region.
Was heißt das konkret?
Damals war es ein Gesamtbestreben, Bad Wildbad weiterzuentwickeln. Da war die über 100 Jahre alte Bergbahn, die dringend saniert werden musste. Mir war es wichtig, dieses historische Wahrzeichen zu erhalten. Wir haben es geschafft, dafür die nötigen Mittel zu bekommen. Aber auch der Betrieb kostet Geld. Und da hat man gemerkt: Früher sind die Leute zum Wandern auf den Sommerberg gefahren und waren zufrieden. Jetzt sind die Leute anders gestrickt, sie wollen Attraktionen, sie wollen Erlebnis und Anlaufspunkte haben.
Da war für uns klar, wir müssen da oben etwas schaffen, wo die Menschen unbedingt hinwollen, wo die Kinder sagen, Papa, da will ich mal wieder hin. Und dann sind wir auf die Erlebnis Akademie AG gestoßen. Das passte einfach wunderbar. Jetzt, Jahre später, sieht man, was daraus alles entstanden ist. Es kamen neue Investoren, neue Projekte, und immer hieß es: Bad Wildbad nimmt eine positive Entwicklung. Der Baumwipfelpfad bringt neue Leute, neue Zielgruppen.
Das gilt für die Stadt wie für den ganzen Nordschwarzwald. Weil man ein neues Wahrzeichen geschaffen hat. Wir alle haben damals sehr viel miteinander getan, um den Schwarzwald attraktiver zu machen.
Der galt Ende der 1990er Jahre als ein bisschen angestaubt und teuer. Es gab verschiedene organisatorische Maßnahmen, aber auch Investitionen, um das zu ändern – und der Baumwipfelpfad ist Teil dieser Entwicklung.
Das klingt, als erinnern Sie sich durchweg positiv zurück. Aber so ein großes Projekt hat sicher auch Kritik ausgelöst.
Natürlich war es eine Herausforderung, praktisch im Naturgebiet so eine touristische Freizeiteinrichtung zu installieren, die richtig viele Leute anzieht. Aber zum einen war das Gesamtkonzept einfach überzeugend, auch der umweltpädagogische Ansatz der Erlebnis Akademie AG. Deshalb wurde unter anderem der Naturpark von Anfang an stark mit einbezogen.
Wir haben damals pilotartig auf dem Sommerberg versucht, Tourismus und Naturschutz zu verbinden. Das ist uns gelungen, indem wir gesagt haben: Wir haben hier ein Gebiet, da findet der Tourismus statt.
Da fährt die Bergbahn hoch, da gibt’s das Restaurant Auerhahn, die Skihütte, den Baumwipfelpfad, inzwischen mit Abenteuerwald, und die Wildline. Und wir haben dann aber im hinteren Bereich, im Stadtwald, Naturschutzbereiche geschaffen. Also Wege zurückgebaut, Loipen zurückgebaut, Wildruhezonen eingerichtet.
Zum anderen haben wir immer versucht, die Leute bestmöglich mit einzubeziehen. Ich erinnere mich zum Beispiel noch daran, dass in der Anfangszeit teilweise Leute illegal über die Baustelle gelaufen sind.
Die haben sich einfach dafür interessiert, was da oben passiert. Daraufhin ging aber in der Stadt eine Diskussion los, dass die Stelen des Turms falsch gebaut seien, weil sie schräg stehen. Daraufhin haben wir Baustellenführungen organisiert, bei denen alle Fragen beantwortet wurden und alles erklärt wurde. Dann war wieder alles in Ordnung und alle Seiten waren zufrieden.
Haben Sie eine Lieblings-Anekdote zum Baumwipfelpfad?
Ja, da gibt es einige. Was mich natürlich immer fasziniert, wenn ich selbst auf dem Baumwipfelpfad unterwegs bin, sind die vielen Sprachen, die man auf dem Turm hört. Das zeigt für mich einfach auch die internationale Anziehungskraft.
Einmal war ich wegen eines offiziellen Anlasses vor Ort, ich glaube, es war damals der millionste Besucher. Wir standen da und haben gezählt, wer es denn wird. Das war dann ein Vater mit seiner Tochter und einem Freund aus den USA. Der Vater erzählte, dass sein Freund aus Amerika eigentlich aufs Oktoberfest wollte, man dann aber doch gegoogelt habe, was man im Schwarzwald unternehmen könnte. Am Ende sind sie dann statt nach München zum Baumwipfelpfad in den Schwarzwald gekommen.
Und so gibt es vieles, woran ich mich gerne zurückerinnere. Auch, als damals der Abenteuerwald gebaut werden sollte. Statt einer Präsentation im Gemeinderat haben wir uns entschlossen: Wir nehmen die Gemeinderäte mit nach Tschechien zum dortigen Abenteuerwald. Wir sind morgens um 7 Uhr mit der Delegation losgefahren, waren irgendwann nachmittags da. Und dann, nach der langen Autofahrt,
haben die Gemeinderäte gefragt, ob die Spielgeräte nur für Kinder seien. Nö, hat Herr Bayerköhler gesagt, da können auch Erwachsene drauf. Dann sind die Gemeinderäte voller Freude auf diesem Trampolin gehüpft und sind da in den Seilen gehangen und haben gesagt: Sowas wollen wir auch.
Sie sind ja inzwischen als Bundestagsabgeordneter in Berlin tätig und sicher viel unterwegs. Was bleibt Ihnen von Ihrer Arbeit in Bad Wildbad, wie blicken Sie auf Ihre Heimatstadt?
Richtig, was die Kommunalpolitik betrifft, bin ich raus aus Bad Wildbad. Mein Wahlkreis umfasst ja zwei ganze Landkreise und da ist man natürlich viel unterwegs. Aber mein Lebensmittelpunkt bleibt natürlich hier. Und tatsächlich begleitet mich der Baumwipfelpfad bis heute und ich nehme die Erfahrungen auch nach Berlin mit, wo ich im Umweltausschuss für den Arten- und Naturschutz zuständig bin.
Gerade bei dem Thema geht es ja oft ideologisch zu in der Hauptstadt. Mit dem Baumwipfelpfad haben wir Naturschutz und Tourismus positiv miteinander verbunden. Das sind Dinge, die mich jetzt auch in Berlin beschäftigen. Welche Auswirkungen Verordnungen von der Regierung oder der EU auf den ländlichen Raum und unsere Gegend haben, darauf zu achten, dass kleine Orte sich trotzdem noch entwickeln können, das richtige Maß zu finden: Naturschutz ja, aber eben mit den Menschen zusammen, die sich gerade in der Landwirtschaft oft über Generationen etwas aufgebaut haben.
Da verweise ich gerne auf dieses Beispiel, wie man Mensch und Natur in Einklang bringen kann, weil der Mensch auch zur Natur gehört. Diesen pragmatischen Ansatz, den wir damals gefunden haben, bringe ich in meine politische Arbeit ein. Deshalb hallt der Baumwipfelpfad auch nach zehn Jahren für mich immer noch nach.
Jubiläumsfest: 28. bis 29. September, großes Festwochenende, unterstützt von der Sparkasse Pforzheim-Calw. Details unter www.treetop-walks.com/schwarzwald.
Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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