Villa Wald-Frieden: Treffpunkt der Kunst und der Bohéme
Ein Kleinod im Weingartner Wald
Weingarten (Werner Banghard) Idyllisch im Weingartener Wald im Gewann Unterer Heuberg gelegen, so präsentiert sich die „Villa Wald-Frieden“ noch heute. In der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts war sie Treffpunkt von Schauspieler*innen, Sänger*innen und Tänzer*innen aus dem Staatstheater Karlsruhe, später auch von Malern der Region. Theateraufführungen und ausschweifende Feste fanden dort statt.
Karl Brutzer baute das Haus selbst
Die wohlhabenden Karl und Elisabeth Brutzer aus Weingarten bauten um 1900 das Freizeitgelände mit Holzhaus auf und modellierten die Außenanlagen am Hang mit Bühne, Terrasse und Grotte zu einem Verweilort der Kunst. Oben eine schöne Rosenanlage, unten ein Obstgarten und auch ein Weinberg am Effenstiel gehörten zum Ensemble. Karl Brutzer war Schreiner mit Schreinerei hinter dem Walk’schen Haus in Weingarten, Theaterschreiner und Sänger am Staatstheater, später war er dann als Kaufmann tätig. Er baute das Holzhaus eigenhändig mit Keller und Schlafräumen. Wegen der Brandgefahr liegt die Küche außerhalb, deshalb gab es ursprünglich auch keine Heizung. Verkleidet war die "Villa", entsprechend der damaligen Zeit, mit massiver Eichenrinde, die noch heute an den Seitenwänden sichtbar ist.
Stelldichein der Künstler
Der älteste Sohn der Familie, Karl Brutzer (1894 bis 1964), studierte an der Kunstgewerbeschule und an der Akademie Karlsruhe Malerei und war ab 1927 als freischaffender Maler tätig. Er nutzte die Villa als Künstlertreffpunkt und Ort der Inspiration. Etliche seiner bekannten Malerkollegen waren ebenfalls dort zu Gast, unter anderem August Kutterer und Wilhelm Martin. Die Schwester Friedel heiratete den Künstler, Schriftsteller und Lehrer Hans Heid, der Bruder Friedrich war Cellist, gefallen 1918. Auch sie luden ihre Bekannten in die Villa ein.
Verlust des Werks in der Zeit des Nationalsozialismus
Die Machtübernahme der Nazis brachte Karl Brutzer – wie den meisten Künstlern - ein Berufsverbot sowie Ausgrenzung, Verlust der wirtschaftlichen Existenz, künstlerische Isolation und eine
Unterbrechung der künstlerischen Entwicklung ein. Er schlüpfte zeitweise bei Verwandten unter, arbeitete in Stuttgart im Kunstgewerbe und heiratete. Durch die Wirren des Krieges verlor er allerdings dort einen Großteil seines Werkes. Später wurde er Soldat, geriet in Kriegsgefangenschaft und kehrte von dort todkrank zurück. In der Folge konkurrierte er ohne Erfolg mit etwa einem Dutzend Karlsruher Malerkollegen um eine Stelle an der neuen Kunstakademie.
Eltern hatten Villa am Turmberg
Die Eltern hatten 1926 eine repräsentative Villa in Durlach am Turmberg, Dürrbachstraße 10,
gebaut. Dort hatte Brutzer auch eine Wohnung und ein Atelier samt Atrium und Oberlichtern (heute in der amtlichen Denkmalliste als „Kulturdenkmal“ geführt). Brutzer lebte und arbeitete dort ab 1948 mit seiner Frau.
Sieben Ausstellungen mit Werken von Karl Brutzer
Von 1923 bis zu seinem Tod sind sieben öffentliche Ausstellungen mit seiner Beteiligung bekannt, davon zwei in den 50er Jahren in der DDR. 1966 fand im Badischen Kunstverein Karlsruhe eine Gedächtnisausstellung für den Maler und die Ausstellung „8 Karlsruher Künstler“ mit Exponaten von ihm statt. Die Villa Wald-Frieden wurde von den Erben verkauft und hatte bis heute verschiedene Eigentümer. Auch heute noch wird die Anlage bewirtschaftet und befindet sich in Privatbesitz.
Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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