„Wenn der Boden auf Diät ist, kann der Rasen nicht wachsen!“
Grün, dicht und gesund soll er sein, der Traumrasen für den Sommer. Doch nach den Wintermonaten braucht mancher Rasen dringend eine Frischzellenkur: Moos und Unkraut müssen weichen, Lücken geschlossen werden, der Boden soll locker und nährstoffreich sein – möglichst ohne zu viel Aufwand. Doch worauf kommt es beim Säen, Mähen und Düngen an? Wie wird aus der stumpfen Filzmatte ein gesunder und belastbarer Sommerrasen? Das verrieten ausgewiesene Gartenexperten am Lesertelefon – im Folgenden, die wichtigsten Tipps zum Nachlesen.
(pr-nrw) Was verraten Moos und Unkraut im Rasen über die Bodenqualität?
Ingo Schlieder: Dass dem Boden wichtige Nährstoffe fehlen – und ein Boden auf Diät ist für Rasen eine schlechte Grundlage. Moos und Unkraut kommen mit einem Mangel an Nährstoffen einfach besser zurecht und setzen sich deshalb gegen den Rasen durch. Klee beispielsweise zeigt, dass dem Boden Stickstoff fehlt, Wegerich signalisiert eine Bodenverdichtung, Gänseblümchen weisen auf eine insgesamt mangelnde Nährstoffversorgung hin.
Wie finde ich genau heraus, was meinem Rasen fehlt?
Thomas Heß: Eine Messung, die Sie einfach selbst durchführen können, ist die Bestimmung des pH-Werts Ihres Bodens, also seines Säuregehalts. Noch genauer sind Bodenanalysen, die Aufschluss über die Bodenart und die Hauptnährstoffe Stickstoff, Phosphor und Kalium geben sowie über Spurenelemente. Auf dieser Grundlage lassen sich präzise Empfehlungen formulieren, zum Beispiel zum Düngen oder zum Einsatz von Bodenverbesserern. Adressen von Labors finden Sie unter dem Stichwort „LUFA“ im Internet. Eine Bodenanalyse kostet je nach Umfang ab ca. 20 Euro aufwärts.
Muss ich jedes Jahr kalken?
Sabine Klingelhöfer: Als wir noch sauren Regen hatten, war das nötig. Heute kommt es auf den Bedarf an. Und den ermitteln Sie mit einem pH-Bodentest. Dazu entnehmen Sie an drei Stellen etwas Boden, mischen ihn im beiliegenden Reagenzglas, geben Testflüssigkeit und -tablette hinzu, schütteln alles gut durch und warten kurz. An der Farbe der Flüssigkeit lesen Sie mit Hilfe einer Farbskala ab, ob und wie viel Kalk Ihr Boden braucht.
Wann ist die beste Zeit zum Nachsäen – und welche Rasenmischung soll ich verwenden?
Ingo Schlieder: Der beste Zeitpunkt ist erreicht, wenn die Bodentemperatur dauerhaft über 14 Grad Celsius liegt, also etwa Mitte Mai. Denn sonst keimen die gängigen Rasensorten kaum und Sie haben umsonst ausgesät. Was die Rasenmischung angeht: Von der Verwendung einer reinen Regenationsmischung rate ich ab. Ideal ist eine Mischung aus dem ursprünglich verwendeten oder zumindest einem ähnlichen Saatgut und einer Nachsaatmischung. Ansonsten gilt: Lassen Sie sich nicht von klingenden Sortennamen wie „Berliner Tiergartenmischung“ blenden und investieren Sie ein paar Euro. Denn teurere Sorten sind in der Regel qualitativ deutlich besser und reiner.
Wir haben gebaut und nun legen wir den Garten an – worauf müssen wir bei der Anlage des Rasens achten?
Sabine Klingelhöfer: Das A und O ist eine optimale Bodenvorbereitung: Lockern Sie den Boden gut durch, lassen Sie ihn sich setzen, begradigen Sie erneut und entfernen Sie alle Unkräuter vor dem Säen. Halten Sie danach den Boden über zwei Wochen gut feucht, sonst keimt der Rasen und vertrocknet gleich wieder. Mit Saatmischung sollten Sie einen organischen Dünger ausbringen, damit der junge Rasen gut ins Wachstum kommt. Wichtig ist auch die Wahl der passenden Rasensorte. Es gibt spezielle Saatmischungen für Spielrasen, Prachtrasen, Licht- und Schattenrasen und sogar besonders pflegeleichten Rasen.
Mein Rasen liegt tagsüber teilweise im Schatten der Bäume – braucht er besondere Pflege?
Thomas Heß: Lassen Sie den im Schatten liegenden Rasen gut einen Zentimeter länger wachsen als an den sonnigen Stellen, damit die Halme das wenige vorhandene Licht besser nutzen können. Alternativ können Sie eine spezielle Schattenrasenmischung aussäen, die besser mit wenig Licht auskommt. Wenn fast gar keine Sonne an den Rasen kommt, können Sie stattdessen schattenverträgliche Bodendecker pflanzen. Neben Stauden wie Haselwurz sind das zum Beispiel wilde Erdbeeren, die Sie übrigens wie Rasen mähen können.
Vertikutieren – ja oder nein? Und was soll ich dabei beachten?
Sabine Klingelhöfer: Ich halte das Vertikutieren für eine Maßnahme, die man nur im Ausnahmefall ergreifen sollte. Denn es entfernt nicht nur Moos, sondern verletzt auch den Rasen. Wer seinen Rasen zwei bis drei Mal im Jahr mit einem organischen Dünger versorgt, braucht erfahrungsgemäß gar nicht zu vertikutieren. Die im Dünger enthaltenen Mikroorganismen zersetzen den Rasenfilz zuverlässig. Wenn Sie dennoch vertikutieren wollen, düngen Sie den Rasen zuerst und warten Sie bis zum Vertikutieren zwei Wochen ab.
Wie kurz darf der Rasen sein?
Ingo Schlieder: Wenn Sie alle 10 bis 14 Tage mähen, sollten Sie gute drei bis vier Zentimeter stehen lassen. Wenn Sie häufiger mähen oder einen Mähroboter verwenden, können Sie auf zwei bis drei Zentimeter herunter gehen. Im Herbst allerdings sollten Sie nicht kürzer als drei Zentimeter mähen. Übrigens: Wenn Sie mulchen wollen, genügt es nicht, einfach den Grasfangkorb wegzulassen. Sie benötigen einen Mulchmäher oder ein Mulchkit, damit der Rasenschnitt so zerkleinert wird, dass er dem Rasen als Nährstofflieferant dienen kann.
Wie wässere ich den Rasen richtig?
Thomas Heß: Rasen hat Durst – und zwar nicht zu knapp. Aber statt täglich kleine Schlückchen zu verabreichen, sollten Sie ihn weniger oft, dafür aber durchdringend wässern, damit er tiefreichende Wurzeln bilden kann. Idealerweise ist der Boden nach dem Wässern gut 20 Zentimeter tief durchfeuchtet. Stechen Sie nach einer halben Stunde Wässern mit dem Spaten ein Bodenstück aus und prüfen Sie, bis zu welcher Tiefe der Boden schon dunkel gefärbt ist. Lassen Sie den Sprenger bei Bedarf entsprechend weiterlaufen. Zeit zum Gießen wird es, wenn sich die Halme nach Betreten nicht innerhalb von 20 Minuten wieder aufrichten. Idealerweise wässern Sie übrigens am Vormittag.
Ich habe im Garten sandigen, trockenen Boden. Da kann ich wässern, wie ich will….
Sabine Klingelhöfer: Den Durst Ihres Bodens senkt ein Bodenverbesserer wie Bentonit, der Tonminerale enthält. Diese sorgen dafür, dass Wasser im Boden besser gebunden wird. In den meisten Fällen genügt eine jährlich einmalige Anwendung – der beste Zeitpunkt dafür ist im Frühjahr, also vor Beginn der Hauptwachstumsphase des Rasens.
Welcher Dünger kommt ohne Chemie aus? Wann und wie oft soll ich überhaupt düngen?
Ingo Schlieder: Ich empfehle ausschließlich die Verwendung von organischem Dünger in Verbindung mit einem Bodenaktivator. Der Grund: Der Bodenaktivator hilft den Mikroorganismen bei der Ansiedlung, die wiederum den Dünger für die Pflanzen erst verfügbar machen – was man Humusbildung nennt. Mineralischer Dünger trägt nichts zur Humusbildung bei und schwächt auf Dauer die Bodenstruktur. Im März/April bringen Sie den Bodenaktivator und organischen Dünger aus, im Juni düngen Sie nach und im August/September wechseln Sie auf einen organischen Herbstrasendünger.
Kann ich einen Bodenaktivator und Dünger gleichzeitig ausbringen?
Sabine Klingelhöfer: Grundsätzlich ist die Verwendung von beidem eine gute Idee. Denn der Bodenaktivator sorgt für ein gutes Wurzelwachstum, Feuchtigkeit und Nährstoffe werden besser im Boden gehalten. Allerdings sollten Sie beides nicht gleichzeitig ausbringen, sondern unmittelbar nacheinander. Sonst entmischen sich beide Substanzen im Streuwagen und es kommt zu einer ungleichmäßigen Verteilung im Boden.
Was kann ich gegen Staunässe tun?
Thomas Heß: Staunässe ist ein Problem vorwiegend bei lehmigen Böden. Stechen Sie als Sofortmaßnahme an den betreffenden Stellen mit der Grabegabel in regelmäßigem Anstand Löcher, die Sie mit grobkörnigem Bausand verfüllen. Zusätzlich tragen Sie eine dünne Schicht Sand auf die gesamte Fläche auf. Fehlt dem Boden Humus, sollten Sie organischen Dünger und einen Bodenaktivator verwenden, damit eine lockere Bodenstruktur entsteht. Nur in sehr schwerwiegenden Fällen kommen Sie um eine Drainage nicht herum.
Ich habe stellenweise Lücken im Rasen und finde dort weißliche Engerlinge im Boden…
Thomas Heß: Gegen Engerlinge, also die Larven des Gartenlaubkäfers, helfen so genannte Parasitäre HM-Nematoden. Das sind winzige Fadenwürmer, die in die Larven eindringen und sie unschädlich machen. Die Nematoden werden mit der Gießkanne ausgebracht und sind für Menschen und Haustiere völlig ungefährlich. Zudem wirken sie auch gegen die Larven des Dickmaulrüsslers.
Kalken, vertikutieren, düngen, mähen… Was mache ich wann in welcher Reihenfolge?
Ingo Schlieder: Kalken nach Bedarf im Januar oder Februar, mähen und düngen ab März/April, vertikutieren nicht vor Ende April – und nachsäen bitte erst nach dem Vertikutieren.
Die Experten am Lesertelefon waren:
• Sabine Klingelhöfer; Gartenbauingenieurin, W. Neudorff GmbH KG, Emmerthal
• Thomas Heß; Gärtner und Gartenbauingenieur, Buchautor und Redakteur für „Selbst ist der Mann“, Bielefeld
• Ingo Schlieder; Gärtnermeister Fachrichtung Baumschule und selbstständiger „Gartendoktor“, Mettmann
Autor:Christian Schweizer aus Bretten |
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