Tag der offenen Tür bei der Bürgerwehr der Stadt Bretten
Der Verein Bürgerwehr der Stadt Bretten e.V. lud am Sonntag, dem 14.08.2016 zu einem Tag der offenen Tür ein. Trotz der 27 Grad ließ ich es mir nicht nehmen, dort vorbeizuschauen. Es hat sich gelohnt.
Gleich zu Beginn traf ich auf Dieter Petri, den Vorstand der Bürgerwehr, der mir viel zur Historie der Entstehung des Peter und Paul Festes erzählte. Wer es wirklich genau wissen will, dem sei der folgende Abschnitt empfohlen:
Am Anfang war das Schützenfest. Ladebriefe von 1517 und 1578 belegen eine Schützengesellschaft bereits im 16. Jahrhundert. Die Wettschießen 1540, 1691 und 1760 sind mit einem Volksfest verbunden. Der 29. Juni, der Tag Petrus und Paulus, ist 1745 erstmals als Festtag historisch belegt - allerdings ohne Bezug zum Ausfall von 1504. 1805 erhalten die Bürgeroffiziere die Genehmigung, das Freischießen wieder am Peter und Paul Tag abzuhalten. Die Gründung des Brettener „Bürgermilitärcorps“ 1824 ist die Geburtsstunde des Peter & Paul Fests, wie man es heute kennt. Die Statuten des Corps stellen erstmals einen Zusammenhang zwischen dem Freischießen, dem Volksfest und dem Ausfall am 28. Juni 1504 her. Bis zu seinem vorläufigen Ende 1848 bleibt das Freischießen der Kern des Peter und Paul Fests. Nach dem Ende der Revolution in Baden werden alle Waffen eingezogen. An ein Freischießen ist nicht mehr zu denken. Das Fest lebt als Kinderfest weiter.
Nach so viel Historie wieder zur Gegenwart: Der Verein besteht aus drei Abteilungen. Dem Spielmannszug, also die Musiker, der Infanterie mit den Gewehren, und der Artillerie mit der Kanone. Die Uniformen spielen offensichtlich eine wichtige Rolle. Der Spielmannszug hat ein rotes Büschelende an der Kopfbedeckung, die Infanterie und die Artillerie eine blaue.
Die Artillerie hat zusätzlich zur Kanone noch eine Ehrenkutsche in der verdienstvolle Kameraden bei Festzügen mitfahren.
Das Vereinsheim, direkt neben dem Sportplatz des TV-Bretten, ist von der Stadt Bretten seit 1969 gemietet und wurde damals in Eigenleistung saniert. Dort finden für den Spielmannszug wöchentlich die Treffen nach den Marschproben statt, während für die Infanteristen der Umgang mit den Gewehren und die Übung der Choreographie für Auftritte im Vordergrund steht. Aber auch der gesellige Anteil wird hier sicherlich groß geschrieben.
Für die Bürgerwehr gibt es aber bei weitem nicht nur das Peter-und-Paul-Fest, sondern noch viele weitere Feste befreundeter Bürgerwehren. Sechs bis acht Mal pro Jahr geht der komplette Verein in Uniform auf andere Feste, Teile der Gruppe sind bis zu 15 Mal pro Jahr unterwegs.
Neben diesen regulären wöchentlichen Aktivitäten gibt es aber noch weitere lose Untergruppen, die regelmäßig Wander-, Fahrrad- und Motorradausflüge unternehmen.
Der Verein besteht aus ca. 60 aktiven und über 100 passiven Mitgliedern. Aber wie in vielen Vereinen sind auch hier die Nachwuchssorgen offensichtlich. Militärische Musikmärsche im Spielmannszug sind sicherlich nur für wenige Jugendliche attraktiv, während die Infanterieabteilung aus rechtlichen Gründen (Schusswaffen) erst für Menschen ab 18 Jahren möglich ist.
Trotzdem oder gerade deswegen war man froh, dass sich auch Kinder fanden, die ihre ersten musikalischen Schritte als Trommler gehen wollten; hier durfte ich Daniel Leonhardt dabei filmen.
Danach hat mir der Fähnrich Bernhard Metz sehr ausführlich die Technik der Gewehre gezeigt: Es handelt sich um sog. Vorderlader, d.h. das Schwarzpulver wird von vorn in den Lauf geladen. Es gibt zwei unterschiedliche Mechanismen: Bei der etwas älteren Steinschlosstechnik schleift letztlich ein eingeklemmter Feuerstein an einem Stück Metall vorbei. Dadurch wird eine kleine Menge Schwarzpulver entzündet, das außerhalb des Laufes liegt, welches wiederum durch ein kleines seitliches Loch die eigentliche große Menge Schwarzpulver im Lauf zur Explosion bringt. Dadurch wird die letztlich die Bleikugel beschleunigt.
Ein solches Gewehr ist zwar keine Präzisionswaffe, aber auf 50 Meter kann ein guter Schütze immerhin noch ein ca. 10 cm großes Ziel treffen.
Die zweite Variante ist die sog. Perkussionstechnik: Dabei haut ein Hammer auf eine kleine Platzpatrone außerhalb des Laufs (ähnlich wie heute beim Kinderfasching die roten 8er und 12er Schussringe), dessen Mini-Explosion durch ein kleines Loch im Lauf die sich dort befindliche große Menge Schwarzpulver entzündet.
Herr Metz zeigte mir einen Säbel - bewusst ungeschliffen - aber auch einen Spieß, den man auf das Gewehr aufsetzen konnte, der so spitz war, wie ich mir das auch "in echt" vorstelle.
Ein Teil des Spielmannszugs zog tagsüber durch die Stadt und als sie wieder am Vereinsheim ankamen, entstand dieses Video
Danach spielten die Burgwaldmusikanten, ein Teil der Brettener Stadtkapelle.
Am letzten Peter und Paul Fest gab es wieder das Schätzspiel der Bürgerwehr. Dieses Jahr musste das Gewicht des Tambours (quasi der Dirigentenstock) geschätzt werden und heute war dessen Auflösung: Die Schätzungen reichten von 400g bis 4088g. Richtig waren 907g.
Zufällig traf ich auch meinen Fast-Nachbar Uwe Sandhöfer, der kurz davor ist, ein Vereinsmitglied zu werden, zusätzlich zu seiner Mitgliedschaft in der Stadtwache und einer weiteren Gruppe. Seine Motivation ist vor allem, dass es so viele unterjährige Aktionen gibt und sich nicht alles nur auf das Peter und Paul Fest konzentriert. Generell besteht für ihn Peter und Paul nicht nur aus den Mittelaltergruppen, sondern eben auch aus anderen Zeiten, z.B. der napoleonischen. Und nicht zu vergessen gäbe es ohne die Bürgerwehr auch kein Peter und Paul Fest.
Autor:Heiko Seebach aus Bretten |
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