Ideen für die Verkehrswende
Dezernent aus Landau stellt Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung vor
Bretten (ger) Längst ist der motorisierte Verkehr zu einem Problem, vor allem in Innenstädten, geworden. Zu viele Autos sorgen für Stau, die Unfallgefahr steigt, und Parkplätze sind im Zentrum schwer zu finden. Zugleich ist es – als Ergebnis der autozentrierten Politik der letzten Jahrzehnte – für Radfahrer oftmals unbequem, wenn nicht gar gefährlich, mit dem Rad unterwegs zu sein. Fußgänger sind außerhalb von Fußgängerzonen dem fahrenden Verkehr untergeordnet und auch der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) lässt zu wünschen übrig. Wie kann in einer Kleinstadt wie Bretten die Verkehrswende gelingen? Zu diesem Thema hatte das „Aktionsbündnis Klima – Natur – Verkehr“, zu dem sich Organisationen, Vereine und Einzelpersonen aus Bretten zusammengeschlossen haben, Lukas Hartmann (Grüne) in den Bürgersaal im Alten Rathaus eingeladen.
Durch getrennte Netze entstehen verkehrsberuhigte Quartiere
Hartmann ist seit vier Jahren Verkehrs- und Umweltdezernent in Landau. Landau hat 49.000 Einwohner und ist damit deutlich größer, aber mit seinen neun Stadtteilen neben der Kernstadt ist Bretten in seiner Struktur durchaus vergleichbar. In seinem kurzweiligen und anschaulichen Vortrag zeigte der charismatische 34-Jährige eine Reihe von oftmals kostengünstigen Maßnahmen auf, um die Innenstadt zu (verkehrs-)beruhigen und gleichzeitig zu beleben. So würden die Verkehrsnetze für Rad- und motorisierten Verkehr in Landau so gut wie möglich getrennt. Dadurch seien verkehrsberuhigte Quartiere entstanden, in denen man mit dem Auto zwar alles erreichen, aber eben nicht bequem hindurchfahren kann. Um den Autoverkehr auf breite Hauptstraßen zu lenken, wurden Einbahnregelungen eingeführt, die ein direktes Durchkommen auf Nebenrouten verhindern.
Feldwege für Radwegenetz
Für das Radwegenetz zwischen den Stadtteilen sei Landau gerade dabei, bereits existierende Feldwege zu ertüchtigen. Mit Fördergeldern vom Bund käme die Stadt dabei recht günstig weg, so Hartmann. So genannte „Fahrradbügel“, an denen man sein Zweirad abstellen und anschließen kann, habe Landau inzwischen in vierstelliger Zahl aufgestellt. „Und sobald sie da sind, werden an ihnen auch Räder angeschlossen“, hat Hartmann beobachtet. Es gehe ihm nicht darum, jeden aufs Fahrrad zu bringen. Wer aber ein Auto eigentlich nicht benötige, der solle gute Alternativen und Möglichkeiten haben. Mit einem Parkraummanagement habe sich zudem die Parkplatzsituation deutlich entspannt. Alle Parkplätze sind kostenpflichtig, je nach Lage und Parkdauer entsprechend gestaffelt. Damit seien, so Hartmann, plötzlich zehn bis 20 Prozent der Parkplätze frei. Die eingenommenen Gelder werden wiederum in den ÖPNV investiert, der optimiert wurde.
"So schlecht steht Bretten im Vergleich nicht da"
Unter den rund 40 Zuhörerinnen und Zuhörern waren auch Fabian Dickemann, der Brettener Amtsleiter für Bauen, Gebäudemanagement und Umwelt, und Bürgermeister Michael Nöltner. Hartmanns Vortrag fanden beide interessant. „So schlecht steht Bretten im Vergleich nicht da“, sagte Dickemann auf Nachfrage dieser Redaktion. Allein die Sanierung der Feldwege im Rahmen der Flurbereinigung habe sich die Stadt in den letzten drei Jahren 600.000 Euro kosten lassen. Reizvoll fand Dickemann die einfachen, kostengünstigen Lösungen, wie mit Pollern oder Schildern den Verkehr zu beruhigen.
Pforzheimer Straße wird Fahrradstraße
Die Verkehrsberuhigung in der Innenstadt habe man mit dem Umbau der Pforzheimer Straße zur Fahrradstraße mit mehr Aufenthaltsqualität bereits begonnen. Auch die Ost-West-Achse solle für den Radverkehr noch erweitert werden, die Friedrichstraße, die bereits als Fahrradstraße umgewidmet ist, sei nur ein Teil davon. Nöltner verwies auf das Mobilitätskonzept, das den Brettener Plänen zugrunde liegt, und äußerte sich ergänzend zu der Parkraumbewirtschaftung, die in Landau sehr weitgehend sei: „Auch bei uns wird in Zukunft das Anwohnerparken überarbeitet werden müssen.“ Ein On-Demand-Angebot im ÖPNV, also ein Bus, den man zu Randzeiten bei Bedarf rufen kann, sei in Bretten für 2025 geplant.
"Verkehrsträger zusammendenken"
Aus dem Gemeinderat war fast vollzählig die Fraktion der Grünen zum Vortrag gekommen. Ihr Sprecher Otto Mansdörfer beantwortete die Nachfrage dieser Redaktion auch im Namen von Ute Kratzmeier und Fabian Nowak. Der Vortrag habe deutlich gemacht, dass das Straßennetz nach Priorisierung für Verkehrsarten eingeteilt werden müsse, wobei die jeweils anderen Verkehrsmittel dort nicht gefördert würden. „Man muss alle Verkehrsträger zusammendenken, isolierte Maßnahmen bringen zu wenig“, so Mansdörfer. Dabei gehe es explizit nicht „um die Verteufelung des Autos, sondern um einen Verkehrsmix, der überflüssige Autofahrten minimiert, auf dem für das Auto priorisierten Netz konzentriert und ein attraktives ÖPNV-, Rad- und Fußgängerangebot macht.“ Wichtig sei ein fester Willen und ein Konzept, „das dann auch durchgezogen wird“, betonte er in Anspielung auf Hartmanns Aussage, dass man es nicht schaffen kann, alle zu überzeugen. Auch die Möglichkeit, sich bei der Umsetzung Verbündete zu suchen wie zum Beispiel die Gastronomie, deren Außenbewirtschaftung vom Durchgangsverkehr sehr gestört werde, sah Mansdörfer als einen interessanten Ansatz.
Verteuerung des Parkraums
Edgar Schlotterbeck, Sprecher der SPD-Fraktion im Gemeinderat, sieht die Verteuerung des Parkraums auch kritisch: „Davon werden unsere Einzelhändler nicht begeistert sein. Aber um Parkplätze zu haben, muss man darüber wohl nachdenken.“ Einbahnstraßenregelungen seien für ihn auch eine Möglichkeit, Platz für Radverkehr neben der Autospur zu schaffen. Stadtrat Thomas Rebel (Freie Wähler) fand besonders beachtenswert, wie in Landau die Instandsetzung der Radwegeverbindungen zu den Nachbargemeinden umgesetzt wurde. Auf die Frage aus dem Publikum, wie man in Landau vorgehe, wenn die Nachbarkommune eine Instandsetzung nicht für nötig halte, hatte Hartmann erklärt, man würde dann eben bis zur Gemarkungsgrenze sanieren. „Und dann sagen wir zum Nachbarn: Das sieht doch wirklich schlecht aus“, bekannte er. Schließlich handle man im Sinne des Gemeinwohls.
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.