Auftaktveranstaltung für Entwicklung eines Mobilitätskonzepts für Bretten
Ideen für Verkehr der Zukunft gesammelt
Bretten (hk) Man stelle sich vor: Der Bahnhof Bretten ist barrierefrei ausgebaut. In der Innenstadt gibt es an jeder Ecke sichere Fahrradabstellplätze. Nahtlos sind die Verbindungen zwischen Bus und Bahn und in der Innenstadt fährt der City-Bus, der im 20-Minuten-Takt eine festgelegte Schleife fährt. Über eine App weiß man genau, wo er sich gerade befindet. Ein gut ausgebautes Carsharing-Angebot entlastet den Innenstadtverkehr zusätzlich, ebenso wie Parkplätze am Stadtrand. Autofreie Zonen vor Schulen und Kindergärten sorgen für erhöhte Sicherheit. Ob und wie diese Vision zum Leben erweckt werden kann, stand gestern Abend auf dem Programm der Auftaktveranstaltung für die Entwicklung eines Mobilitätskonzeptes für die Stadt Bretten.
Eindrücke der Planersocietät bestätigten sich
Hierzu eingeladen waren alle Bürgerinnen und Bürger, die sich mit eigenen Ideen einbringen wollten. Etwa 150 Menschen tauschten sich im Hallensportzentrum „Im Grüner“ mit der Planersocietät, die im Auftrag der Stadt Bretten das Mobilitätskonzept entwickelt, rund zwei Stunden aus. Zum Thema „Fuß- und Radverkehr“ stellte die Planersocietät in ihren Voruntersuchungen positiv fest, dass es in Bretten eine attraktive Alt- und Innenstadt gibt, wobei auch die Stadtteile mit gepflegten und gestalteten Dorfmittelpunkten nicht außer Acht gelassen werden sollten. Negativ aufgefallen seien die Kfz-orientierten Straßen (auch in sensiblen Bereichen), die eine Trennwirkung entfalten und die Aufenthaltsqualität mildern. Dieser Eindruck bestätigte sich auch in den Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern.
Gute Radverbindung über die Stadtgrenzen hinaus gewünscht
Von Knittlingen etwa käme man zwar als Radfahrer gut an in Bretten, danach komme man aber nicht wirklich weiter, beanstandete ein Bürger. Schwierig sei auch das Fahren von Bretten nach Dürrenbüchig oder Bauerbach oder über die Stadtgrenzen hinaus. Jemand äußerte den Wunsch, ob man denn nicht den Radweg am Alexanderplatz bis in die Ortsmitte Diedelsheims verlängern könnte. Ein Bürger wies darauf hin, dass er am ovalen „Todeskreisel regelmäßig durch Glasscherben“ fahre, ein anderer wiederum machte eine Bemerkung darüber, dass Radwege oftmals zugeparkt würden, zum Beispiel von Rinklingen nach Bretten im Bereich der Firma Deuerer. Eine Bürgerin erinnerte zudem daran, dass es keine Fahrradstellplätze am Technischen Rathaus und an der Rechbergklinik gebe, während eine andere Bürgerin kritisierte, dass die Unterführung „Im Brückle“ nicht barrierefrei sei. In Rinklingen sei die Hauptstraße zwar „schön ausgebaut“, so ein weiterer Bürger, doch dadurch, dass es keine Absenkung gäbe, würden Autofahrer immer wieder auf den Gehweg fahren.
Ist der Verkehr „hausgemacht“?
Viel Unmut auch zum Thema „Kfz-Verkehr“: Die starke Verkehrsbelastung in der Innenstadt auf der B 294, insbesondere auch durch den Schwerverkehr, ist auch der Planersocietät in ihren Untersuchungen negativ ins Auge gefallen. Aber auch an einzelnen Punkten im Stadtgebiet sind den Bürgern die Autofahrer ein Dorn im Auge. „Im Brückle“ etwa, wo nach Ansicht einer Bürgerin, durch die breite Gestaltung der Straßen ein „gewisses Vorrecht der Autofahrer“ vermittelt werde. Stadtbauamtsleiter Karl Velte hatte in diesem Zusammenhang eine Ankündigung parat: Im Bereich der Doppeleinmündung sei ein Kreisverkehr geplant. Eine ehemalige Anwohnerin der Bahnhofstraße klagte über dortige „Raser“ in den Abendstunden. Ein Bürger beschwerte sich darüber, dass auf der Georg-Wörner-Straße der fließende Verkehr durch die Parkplätze blockiert werde. Insgesamt versuchte man auch die Frage zu erörtern, inwiefern der Verkehr auch „hausgemacht“ ist. Einig waren sich aber alle: Für Entlastung müssen Alternativen ausgebaut werden.
Nachholbedarf bei barrierefreiem Haltestellenausbau
Damit war man auch schon beim dritten Thema: Der öffentliche Personennahverkehr. Von der Planersocietät gelobt, wurde das gute Bahnangebot Richtung Heidelberg und Stuttgart und das gute Stadtbahnangebot auf der Linie S4 Richtung Karlsruhe und Heilbronn. Die Stadtbahn wird an zehn Haltestellen im ganzen Stadtgebiet bedient. Einen großen Nachholbedarf sieht die Planersocietät beim barrierefreien Haltestellenausbau. „Die Busverbindung von Diedelsheim nach Bretten funktioniert gut, aber zurück nach Bretten ab 18 Uhr – das ist schwierig“, berichtete ein Bürger. Er wies zudem auf die fehlende Bushaltestellen-Überdachung in der Richard-Wagner-Straße hin. Ein anderer Bürger machte auf den neuen Regionalexpresszug aufmerksam, der ab Dezember 2022 im Stundentakt auf direktem Weg die Hauptbahnhöfe in Heilbronn und Karlsruhe verbindet. „Die Taktung zur Innenstadt wird dadurch weniger, das muss uns bewusst sein“, sagte er. Viele Bürger wünschten sich eine bessere Busverbindung nach Pforzheim, weniger Verkehrsbünde und günstigere Schülertickets. Für viele wäre aber ein grundsätzlich kostenloser Nahverkehr das Sahnehäubchen.
Die Planersocietät bedankte sich zum Schluss für die rege Diskussion an den „Marktständen“ zu den drei Themen. „Bei vielen Sachen haben wir uns bestätigt gefühlt“, sagte Philipp Hölderich. Was passiert nun? Die Mitarbeiter der Planersocietät haben sämtliche Anmerkungen der Bürger dokumentiert. Im Projektbeirat und in Bürgerforen soll das Konzept weiterentwickelt werden. Mit den erarbeiteten Maßnahmen muss sich der Gemeinderat befassen. Weitere Infos auf www.bretten.de/mobil.
Autor:Havva Keskin aus Bretten |
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