Bürgermeister begaben sich in Klausur
Regionalplanung, Verkehrswende und Sozialetat waren Themen
Region (kn) Einmal im Jahr nimmt sich die Kreisversammlung des Gemeindetags Zeit, zusammen mit der Führungsspitze des Landratsamtes bei einer zweitägigen Klausurtagung grundlegende Dinge zu erörtern. Kreisvorsitzender Bürgermeister Thomas Nowitzki (Oberderdingen) hatte die Bürgermeisterversammlung am 18. und 19. Oktober nach Bretzfeld-Bitzfeld einberufen und unter anderem die Regionalplanung auf die Tagesordnung gesetzt. Der Direktor des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein Dr. Gerd Hager arbeitete die Wechselwirkungen kommunaler und überregionaler Planungen zur Siedlungsentwicklung heraus und berichtete über den zukünftigen Freiraumverbund - große zusammenhängende Offenland-Flächen -, die die Kommunen in Zukunft vor ebenso große Herausforderungen stellen werden wie das Klimaschutzgesetz mit seinem Flächenbedarf für Solar- und Windkraftanlagen. „Für die Kommunen werden künftige Planungen deutlich enger, weshalb der Sicherung der kommunalen Planungshoheit höchste Bedeutung zukommt“, fasste Nowitzki die Position der Städte und Gemeinden zusammen.
Umsetzung mit Augenmaß
Im Fokus standen auch die Kreisfinanzen und hier insbesondere der Sozialetats, der sich zunehmend zum Haushaltsrisiko entwickelt. Allein bei der Hilfe zur Pflege stiegen die Zahlen der Leistungsempfängerinnen und -empfänger in den letzten zehn Jahren um 27 Prozent und die Nettoausgaben um 92 Prozent. Bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen verdoppelten sich von 2006 bis 2020 die Fallzahlen und die Kosten stiegen um 130 Prozent. Die Umsetzung des neuen Bundesteilhabegesetzes wird nach ersten Schätzungen Mehrkosten von 20 Prozent bis 50 Prozent nach sich ziehen, der Landkreis rechnet für das kommende Haushaltsjahr mit einem Anstieg der Kosten um rund sechs Millionen Euro. Die Bürgermeisterrunde plädierte deshalb für eine Umsetzung mit Augenmaß „Die zunehmende Individualisierung darf nicht dazu führen, dass dem vorhandenen Teilhabesystem Mittel entzogen werden“, war Tenor der Runde, die auf politischem Wege auf Fehlentwicklungen aufmerksam machen möchte. Kreisvorsitzender Bürgermeister Thomas Nowitzki bezweifelte zudem, dass das zusätzliche erforderliche Personal in diesem Bereich überhaupt rekrutiert werden kann.
Reale Zahlen statt Wunschvorstellungen der Politik
Weiteres Thema war die anvisierte Verkehrswende des Landes, die eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen in zwei Stufen bis 2030 zum Ziel hat. “Ein grundsätzlich gutes Unterfangen“, begrüßte Landrat Dr. Christoph Schnaudigel die Initiative zum weiteren Mobilitätsausbau, der einen Mindestbedienstandard in Ballungsräumen von 15 Minuten und 30 Minuten im ländlichen Raum vorsieht. Für eine entsprechende Mobilitätsgarantie werden im Landkreis schätzungsweise Kosten in Höhe von 80 bis 100 Millionen Euro pro Jahr aufgewendet werden müssen. Ein Refinanzierungsinstrument könnte ein Mobilitätspass in Form eines Bürgertickets, einer Nahverkehrsabgabe oder einer Straßennutzungsgebühr in Zuständigkeit der kommunalen Seite aber nicht sein. Die ausgerufene Verkehrswende müsse vom Land auskömmlich finanziert werden, forderte die Bürgermeisterversammlung. Gleichzeitig begrüßten die Runde die Mitarbeit des Landkreises in der landesweiten Arbeitsgruppe. So könnte eher sichergestellt werden, dass mit realen Zahlen und nicht mit Wunschvorstellungen der Politik gerechnet wird. Konsens war, dass der Mobilitätspass nur ein Instrument für zusätzliche Einnahmen zur weiteren Stärkung des ÖPNV sein kann. Begrüßt wurde das Angebot des Landrats, die On-Demand-Verkehre nach ersten positiven Erfahrungen beschleunigt auszubauen.
Gebäudewert spielt künftig keine Rolle mehr
Weitere Themen waren der weitere Ausbau der Glasfaserinfrastruktur und Zuteilungsregeln für die Anschlussunterbringung im Landkreis Karlsruhe. Der Erste Beigeordneter des Gemeindetags Patrick Holl berichtete zur Umsetzung der Grundsteuerreform. Die von der Bundes- und Landespolitik angekündigte Aufkommensneutralität scheint zwar in der Summe des Grundsteueraufkommens in jeder Gemeinde möglich, aber mit starken Verwerfungen für unterschiedliche Nutzungen müssen die Steuerzahler rechnen. Nur in Baden-Württemberg wird ab 2025 der Bodenwert die Grundlage für die Steuer zu sein. Der Gebäudewert spielt künftig keine Rolle mehr. Deshalb werden Ein- und Zweifamilienhäuser stärker belastet und Mehrfamilienhäuser beziehungsweise Wohnlagen vor allem in städtischen Räumen sowie die Industrie und Gewerbe entlastet.
Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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