Hunderettung mit "Hund-entlaufen Baden-Württemberg"
Aufreibende Suche nach kleinem Vierbeiner

- Markus Sicko mit Mischling „Fiu“ und seinem neuen, ausbruchsicheren „Sicherheitsgeschirr“. Eine zweite Leine wird über einen Bauchgurt am Herrchen befestigt.
- Foto: privat
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Zaisenhausen (cos) Auf ein schönes Wochenende freute sich Kfz-Mechaniker Markus Sicko, als er jüngst in seiner Werkstatt gegen Abend endlich die Schotten dicht machen konnte. Gemütlich und erholsam hätte es werden sollen. Noch schnell eine Runde mit Mischling „Fiu“ drehen und dann beim Griechen in Zaisenhausen die Woche ausklingen lassen. So war der Plan. Doch dieser sollte gehörig durchkreuzt werden. Zuhause in der Garage angekommen, sprang „Fiu“ zunächst noch freudig aus dem Kofferraum, erschrak jedoch im nächsten Augenblick dermaßen, dass er sich losriss. Seine Leine verhedderte sich zwar noch am Autoreifen, doch sein Herrchen bekam ihn trotzdem nicht mehr zu fassen.
Suche bis weit in die Nacht
Der erst seit vier Monaten bei ihm lebende, ehemalige rumänische Straßenhund wurde von so einer Panik erfasst, dass er mit ganzer Körperkraft seine Leine zum Reißen brachte und flüchtete. Außer sich vor Sorge, „Fiu“ könne vielleicht unter die Räder eines Autos geraten, rannte ihm sein Besitzer quer durchs Industriegebiet in Richtung Sportplatz hinterher, wo er ihn dann aus den Augen verlor. Unterstützung erhielt er anschließend sofort von seinem Ehemann, der ihm bei der Suche zu Fuß, mit dem Auto und einem Roller half. Bis weit in die Nacht waren die beiden unterwegs. Erfolglos!
„Hund-entlaufen Baden-Württemberg“
Nach wenigen schlaflosen Stunden machte sich das Paar am nächsten Morgen gleich wieder auf die Suche. Weiterhin keine Spur des Hundes. Ein verzweifelter Anruf im Tierheim Egelsbach mit der Frage, was man denn in so einem Fall machen könne, brachte den hilfreichen Tipp, sich an die Adresse der ehrenamtlichen Organisation „Hund-entlaufen Baden-Württemberg“ zu wenden. Ein weiterer kurzer Anruf genügte und Lisa Himpler aus Reilingen machte sich umgehend auf die Socken. Die Referendarin für Grundschullehramt gehört seit zwei Jahren zum sechsköpfigen Team der ehrenamtlichen Arbeitsgruppe rund um Gründerin Nadja Pawert.
Unermüdlich für die Rettung von Tieren im Einsatz
Sie bildet den Kopf für den Bereich Mannheim, Heidelberg, Bruchsal, Bretten und Sinsheim und weiß genau, was in solchen Fällen zu tun ist. „Wir arbeiten systematisch, losgelöst von dem Gedanken, die Hunde selbst einfangen zu müssen“, berichtet sie. „Zuerst informieren wir Polizei, Ordnungsamt, Tasso, Tierärzte, Tierheime, Förster und Jäger. Dann verteilen wir großflächig im Umkreis von mindestens 20 Kilometern Flyer. Anschließend richten wir rund um das Zuhause des Tieres mehrere Futterstellen ein und legen strahlenförmig verkehrssichere Fährten. Gleichzeitig holen wir Genehmigungen für Wildkameras und gegebenenfalls eine Lebendfalle bei den entsprechenden Behörden ein.“ Unterstützung hatte sie in Zaisenhausen von Carolin Höltke aus Bruchsal, die ebenfalls unermüdlich für die Rettung von Tieren im Einsatz steht.
Nicht selbst auf die Suche gehen
Markus Sicko staunte nicht schlecht, als Lisa Himpler nicht nur Fleischbrühe, Leberwurst und Futtertröge, sondern auch noch 100 personalisierte Flyer aus dem Auto holte. „Diese professionelle Vorgehensweise hat uns sehr beeindruckt“, betont er mehrfach. Die Leberwurst sei aufgekocht, die Brühe in Kannen gefüllt und als Fährten ausgegossen worden. Live-Cams wurden an den Futterstellen installiert und nun hieß es „Geduld aufbringen“. Zwei weitere bange Tage zogen ins Land, in denen zwar immer wieder Anrufe von Bewohnern kamen, dass man „Fiu“ kurz gesehen hätte, er sich aber nicht einfangen ließ. Sehr schwer fiel es Markus Sicko, sich an das oberste Gebot von Lisa Himpler zu halten und sich nicht mehr in Eigeninitiative auf die Suche zu begeben. „So schlimm es sich anhört, aber viele Tierbesitzer jagen ihre Hunde buchstäblich in den Tod“, ermahnt die Tierretterin immer wieder.
Einsatz einer Lebendfalle
„Ein Hund, der entläuft, ist zunächst stark verunsichert, weil er ‚sein Rudel‘ verloren hat. Seine Angst zwingt ihn in eine Art Überlebensinstinkt zu verfallen. Dies führt dazu, dass der Hund sofort flüchtet, wenn sich ihm Fremde oder oftmals leider auch das eigene Herrchen nähern. Er nimmt den Verfolger als Jäger und somit als Lebensbedrohung wahr“. Eine sinnvolle Lösung bringe oftmals nur der Einsatz einer Lebendfalle. Leider würden die Mitarbeiter von „Hund-entlaufen Baden-Württemberg“ für deren Einsatz oft stark kritisiert werden, was völlig ungerechtfertigt sei, betont Himpler. „Geht die Falle zu, dann sehen wir das sofort auf dem Handy und fahren los.“
Dank an Hund-entlaufen Baden-Württemberg
Im Fall „Fiu“ war die Leberwurstspur glücklicherweise ausreichend, denn in der Nacht von Montag auf Dienstag erhielt Sicko endlich den entscheidenden Hinweis per Anruf einer Anwohnerin: „Der Hund ist in der Nähe seines Zuhauses!“ Sofort schaute er auf dem Grundstück nach. Tatsächlich kam „Fiu“ ihm nach wenigen Minuten ängstlich und misstrauisch entgegen. Doch den Leckerlis in der Hand seines Herrchens konnte er dann doch nicht mehr widerstehen. Erschöpft, verfilzt und im Besitz unzähliger Kletten und Zecken sprang er auf sein Herrchen zu. Nach einem opulenten „Mitternachts-Snack“ zog es den Ausreißer dann nur noch in sein Körbchen. „Wer in dieser Nacht glücklicher eingeschlafen ist, das sei dahingestellt“, schmunzelt Markus Sicko sichtlich erleichtert über das Happy End. „Nicht genug danken können wir dem Team von ‚Hund-entlaufen Baden-Württemberg‘. Wer weiß, wie das Ganze ohne ihre Hilfe ausgegangen wäre!“
Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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