Das etwas andere Kaufhaus in Bretten
Secondhandkaufhaus W54 feiert seinen zehnten Geburtstag

Elke Leuchtenberger führt seit zehn Jahren das W54.

Bretten (swiz) Wenn man Elke Leuchtenberger, Leiterin des Secondhandkaufhauses W54 in Bretten, beim Gespräch gegenübersitzt, dann wird eine Sache sofort klar. Diese Frau lebt ihren Beruf mit jeder Faser ihres Körpers. Seit das „etwas andere Kaufhaus“, so das Motto des W54 in der Weißhofer Straße 54, vor zehn Jahren seine Pforten geöffnet hat, leitet sie das Gemeinschaftsprojekt des Diakonischen Werks und des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).

„Wir sind ein Kaufhaus für alle Menschen“

Dabei ist Leuchtenberger eines sehr wichtig. „Wir sind ein Kaufhaus für alle Menschen.“ In dem Geschäft werde keiner nach einem Bedürftigennnachweis oder Ähnlichem gefragt. „Natürlich sind wir auch ein Laden für Menschen, die weniger Geld zur Verfügung haben, aber das soll nicht vorrangig sein.“ Und diese Haltung mache sich auch im Publikum bemerkbar, so Leuchtenberger. „Unsere Kunden sind ein ganz gemischtes Publikum. Wir haben Leute mit wenig Geld, Schüler, die nach Büchern stöbern, aber genauso auch Anwälte und Steuerberater, die bei uns günstige Anzüge kaufen.“ Dabei habe es der Laden in den zehn Jahren geschafft, sich weg vom Rand der Gesellschaft und mehr in deren Mitte zu bewegen, so Leuchtenberger mit Stolz in der Stimme. „Wenn sie durch das Kaufhaus W54 gehen, dann schlägt da keiner verschämt die Augen nieder, diese Zeiten sind längst vorbei.“

Unzählige Artikel auf 500 Quadratmeter

Auf 500 Quadratmetern Verkaufsfläche findet die bunte Klientel dann unzählige Haushalts-Artikel, Sportartikel, Bettwäsche, Handtaschen, Koffer, Fahrräder, Spielzeuge aller Art und Kleidung. Und manche Dinge, bei denen selbst eine erfahrene „Second-Hand“-Expertin wie Leuchtenberger ins Grübeln kommt. „Wir hatten erst neulich eine seltsame Maschine als Spende bekommen, bei der alle über den Sinn und Zweck gerätselt haben. Erst eine Kundin hat uns dann aufgeklärt, dass es sich um einen Melonenschneider handelt.“ Zu guter Letzt habe besagte Kundin das exotische Gerät auch gleich gekauft.

Schattenseiten des Lebens

Neben solchen heiteren Fällen erlebt Leuchtenberger aber auch immer wieder die Schattenseiten des Lebens. So komme es immer wieder vor, dass besorgte Lehrer einzelne Schüler ins W54 schickten. „Denen fallen dann manchmal fast die Schuhe von den Füßen, so alt und kaputt sind die“, sagt die Geschäftsleiterin mit ernstem Blick. In einem anderen Fall habe das DRK eine fünfköpfige Familie an sie vermittelt, die bei einem Hausbrand sämtliche persönlichen Gegenstände nebst Kleidung und Hausrat verloren hatte. In diesen Fällen greife dann die W54-Soforthilfe, so Leuchtenberger. Diesen Menschen müsse schließlich schnell und unbürokratisch geholfen werden.

Wir sind ein Wirtschaftsbetrieb

Dennoch und auch dies betont die engagierte Leiterin immer wieder: „Wir müssen den Menschen auch immer wieder klarmachen, dass wir ein Wirtschaftsbetrieb sind und keine karitative Einrichtung. So finanziere das W54 die Gehälter für die zwölf Mitarbeiter, von denen zwei in Vollzeit im Laden arbeiten sowie die Miete für das Geschäft und das W54-Auto komplett über seine Einnahmen. Bargeld-Spenden darf Leuchtenberger für das Kaufhaus nicht annehmen. „Es ist zwar jeden Tag ein wirtschaften, aber am Ende des Jahres passt es dann doch und wir können die Kosten decken.“ Dazu tragen auch durchschnittlich rund 110 zahlende Kunden am Tag bei, die auch die durchgehenden Öffnungszeiten des W54 zu schätzen wissen.

Nicht alle Spenden können angenommen werden

Zu den zahlenden Kunden kommen dann noch die täglichen Besuche von Menschen, die Spenden abgeben wollen. Gerade auf dem Gebiet der Spendenannahme müsse man aber immer wieder viele Diskussionen führen, weil das Personal des Kaufhauses auch manche dieser Gaben zurückweisen müsse. „Ich kann in diesen Fällen nur immer wieder um Verständnis bitten, dass wir nicht alles annehmen können. Die Leute, die diese Sachen später kaufen, wollen sie ja auch benutzen können.“ Daher könne man Sachen mit zu großen Mängeln einfach nicht annehmen. „Die müssten wir selber wegwerfen und wir sind ja kein Entsorgungsbetrieb“, sagt Leuchtenberger.

Parken vor W54 bei Spendenabgabe möglich

Erleichtert wird den Spendern indes die Anlieferung der Spenden. „Die Leute können gerne mit den Autos direkt vor dem W54 parken und dann für die Anlieferungszeit von 20 bis 30 Minuten dort stehenbleiben.“ Bei größeren Spendenumfängen ist aber auch eine Abholung der Spenden bei den Menschen daheim möglich, betont die W54-Leiterin, die mit großer Zuversicht in die Zukunft und die Vergangenheit des „etwas anderen Kaufhauses“ blickt. „Ich kann mit Stolz sagen, dass ich noch keinen Tag meiner Tätigkeit hier bereut habe, denn das, was ich hier tue, mache ich aus vollster Überzeugung und mit ganz viel Herz.“

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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