Interview: „75 Prozent befürworten ein Miteinander von Schulmedizin und Homöopathie.“
Gegen kaum eine Therapierichtung wird derzeit so viel und so unsachlich polemisiert wie gegen die Homöopathie. Dies ist insofern erstaunlich, als sich die Homöopathie weiterhin einer großen Beliebtheit in der Bevölkerung erfreut, wie aktuelle Umfragen nahelegen. Wir sprachen mit dem Bad Mergentheimer Facharzt für Allgemeinmedizin und Experten für Naturheilverfahren Dr. med. Heinz-Jürgen Träger über eine neue Studie zur Beliebtheit der Homöopathie, über externe und interne Evidenz und über die Haupteinsatzgebiete dieser erfahrungsbasierten, individuellen Medizin.
Herr Dr. Träger, im Augenblick steht die Homöopathie heftig unter Beschuss. Die Patienten hingegen scheint es wenig zu kümmern.
Dr. Träger: In der Tat. Gerade wurde eine neue Studie des Meinungsforschungsinstituts Kantar TNS vorgelegt, der zu Folge 56% der Deutschen schon einmal homöopathische Arzneimittel verwendet haben, 89% der Anwender waren mit den Erfolgen ganz oder zumindest teilweise zufrieden und 75% befürworten ein Miteinander von Schulmedizin und Homöopathie.
Nun fordern einige Homöopathie-Kritiker ja sogar eine Einschränkung der Verwendungsmöglichkeiten homöopathischer Medikamente oder gar deren Verbot.
Dr. Träger: Davon hält die Bevölkerung aber gar nichts. Wenn es so gegen die Freiheit des Einzelnen geht, bei der Wahl von Therapie und Arzneimitteln mitentscheiden zu können, bestehen 80% der Befragten auf diese Freiheit und lehnen mit großer Mehrheit solche Einschränkungen ab.
Begründet werden diese Versuche einer Beschränkung ja regelmäßig mit dem angeblichen Fehlen einer ausreichenden "Evidenz", also dem Fehlen objektiver klinischer Wirksamkeitsnachweise. Was hat es damit überhaupt auf sich?
Dr. Träger: Wir müssen da sehr genau hinschauen. Evidenzbasierte Medizin bedeutet, die besten aktuell verfügbaren Nachweise für Entscheidungen in der individuellen medizinischen Versorgung von Patienten heranzuziehen. Werden hierzu Ergebnisse aus großen klinischen Studien verwendet, spricht man von "externer Evidenz". Das ist schön und gut. Genauso bedeutsam ist aber auch die sogenannte interne Evidenz, das heißt die Erfahrungen, die Ärzte, Apotheker und auch die Patienten selbst mit bestimmten Therapierichtungen oder Arzneimitteln gemacht haben.
Können und wollen die Patienten diese Feinheiten überhaupt nachvollziehen?
Dr. Träger: Eine gute Frage. Die Patienten selbst interessieren diese teilweise öffentlich geführten Diskussionen um interne oder externe Evidenz meist weniger. Denn die möchten nur eines: Von ihren gesundheitlichen Leiden befreit zu werden. Und das so verträglich, schnell und nachhaltig wie möglich. Für mich wie auch für viele andere Kollegen gilt der alte Grundsatz: "Wer heilt, hat recht". Und der enorme, positive Erfahrungsschatz, zu dem sowohl Therapeuten als auch Patienten über einen sehr langen Zeitraum hin beigetragen haben, darf nicht verloren gehen.
Es gibt das Stichwort von der individuellen Therapie. Was bedeutet das in der Homöopathie?
Dr. Träger: Schauen Sie, immer mehr Menschen möchten selbstbestimmt Verantwortung für ihre Gesundheit übernehmen und als "mündiger" Patient wahrgenommen werden. Und die Homöopathie bietet eben genau dies: Keine vorgefertigten Lösungen, sondern die Möglichkeit für individuelle Therapien. Eine Kombination aus homöopathischer und schulmedizinischer Therapie ist dabei problemlos möglich. Ich kann mehr als die Hälfte meiner Patienten rein homöopathisch behandeln und bei vielen anderen die Dosierung notwendiger chemisch-synthetischer Medikamente reduzieren, ein sehr wichtiger Baustein in einer individuellen Therapie.
Welche Erkrankungen lassen sich denn Ihrer Erfahrung nach besonders erfolgreich homöopathisch behandeln?
Dr. Träger: Besonders gute Erfahrungen mache ich bei der homöopathischen Therapie sogenannter Alltagskrankheiten. Ganz vorne in der Zufriedenheits-Abfolge liegen Erkältungen und grippale Infekte, gefolgt von Schlafstörungen und Unruhe, Schmerzen und Gelenkbeschwerden, Magen-Darmproblemen und Allergien. Und dann dürfen wir ja Eines nicht vergessen, neben der Wirksamkeit das große zweite Charakteristikum der Homöopathie – die sehr gute Verträglichkeit.
Sie plädieren außerdem dafür, homöopathische Medikamente weiterhin nur in Apotheken zu verkaufen. Warum?
Dr. Träger: Weil Apotheken eben zu den Möglichkeiten, aber auch zu den Grenzen einer Behandlung mit homöopathischen Arzneimitteln beraten können.
Autor:Kraichgau News Ratgeber aus Bretten |
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