Schuberts Unvollendete

Das Kammerorchester Basel. | Foto: Lukasz-Rajcher

Baden-Baden (kn) Franz Schubert ist ein stiller Riese der Romantik. Seine Lieder treffen Herz und Kopf gleichermaßen – seine Sinfonien wurden lange Zeit sträflich vernachlässigt. Das Kammerorchester Basel und Dirigent Heinz Holliger begeben sich am Sonntag, 8. März im Festspielhaus Baden-Baden auf eine ganz besondere Spurensuche rund um das Werk des Wiener Komponisten, der mit 31 Jahren am 19. November 1828 starb.

Auf dem Programm des Konzertes stehen zwei Werke Franz Schuberts sowie zwei Reflektionen darüber aus unserer Zeit. Hauptwerkt des Abends ist die „Unvollendete“, Schuberts letzte begonnene Sinfonie aus dem Jahr 1822. Bis heute diskutieren Musikwissenschaftler darüber, warum der Komponist nach dem vollendeten zweiten Satz nicht weiterschrieb. Ein Grund könnte die Nähe zu Beethovens 2. Sinfonie gewesen sein, in die Schubert den dritten Satz seines Werkes driften sah. Andere Theorien sagen schlicht, dass Schubert sein Material für die dem Steiermärkischen Musikverein gewidmete Sinfonie in den beiden Sätzen komplett verarbeitet hatte.

Mythen wie diese ranken sich auch um andere Werke Schuberts, darunter sein Nonett es-Moll „Franz Schuberts Begräbnis-Feyer“ D 79, das der 16-jährige Schubert komponierte. Angeblich habe er sein eigenes Begräbnis mit dieser Musik umrahmen lassen wollen, doch wahrscheinlicher ist eine Reaktion auf den frühen Soldatentod des Dichters Theodor Körners, der damals ein Star unter den jungen Wiener Künstlern war.

Auf Schuberts Nonett antwortet der Schweizer Komponist Roland Moser mit seinem Werk „Echoraum“, das erstmals am 8. März 2020 im Festspielhaus Baden-Baden erklingt. Er schreibt zu seiner Komposition: „Meine Reaktion auf diese Komposition nimmt, gleichsam in einem ‚Echoraum‘, die Idee der Vergrößerung auf. Wie vor Sonnenuntergang große, lange Schatten auf dem Boden sichtbar werden, sind die Motive in stark verlangsamter Bewegung zeitlich gedehnt. Das Instrumentarium erhält noch einmal eine Erweiterung um zwölf tiefe Streicher und Pauken. Im Wesentlichen läuft das Ganze Takt um Takt nochmals ab, bloß mit auskomponierten Wiederholungen. Die ‚Schicksalstonart‘ es-Moll bleibt durchwegs spürbar – etwas erweitert, freilich.“

Othmar Schoecks Zyklus „Elegie“ auf achtzehn Gedichte von Nikolaus Lenau und sechs von Joseph von Eichendorff ist ein berührender und wehmütiger Nachgesang auf die Romantik. Mit den Themen von Natur, Traum, Flucht, Liebes- und Todessehnsucht sind Schoecks Lieder eine weitere Reflektion auf Welt der vollendet „Unvollendeten“ von Franz Schubert.

Solist der „Elegie“ ist Christian Gerhaher. Der Bariton wurde 2019 gleich dreifach als „Sänger des Jahres“ – Gramophone Award, Opus Klassik und Opernwelt – geehrt und gehört zu den derzeit gefragtesten deutschen Lied- und Opernsängern. Seit über 30 Jahren setzt er besondere Maßstäbe in seinen Liederabenden, Meisterklassen und Aufnahmen. Die Zusammenarbeit mit Dirigenten wie Sir Simon Rattle, Daniel Harding, Herbert Blomstedt, Bernard Haitink, Christian Thielemann, Kirill Petrenko, Nikolaus Harnoncourt, Pierre Boulez, Daniel Barenboim, Andris Nelsons, Kent Nagano und Mariss Jansons führte und führt ihn in die bedeutenden Konzertsäle der Welt.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

14 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.