Jörg Biermann geht am 1. Juni in Ruhestand
DRK-Kreisgeschäftsführer geht von Bord

Jörg Biermann ist seit 34 Jahren Geschäftsführer beim DRK-Kreisverband. Foto: privat
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  • hochgeladen von Christian Schweizer

Region/Bretten (swiz) Nach 34 Jahren als Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands Karlsruhe wird der Brettener Jörg Biermann am 1. Juni in den Ruhestand gehen. Im Interview mit der Brettener Woche blickt der passionierte Segler und rührige Stadtrat der Fraktion "die aktiven" auf seine Anfangsjahre im DRK zurück, spricht über prägende Erfahrungen und spricht über die künftigen Herausforderungen für seinen Nachfolger Daniel Schneider.

Herr Biermann, Sie haben den DRK-Kreisverband Karlsruhe nahe der Insolvenz übernommen. Wie hat sich die Situation für Sie bei Arbeitsantritt damals dargestellt?
Ich hatte mich damals auf die Stelle beworben, weil der damalige Vorstand meinte, es sei ein sehr abwechslungsreicher Job mit vielen Facetten. Später war das auch so, aber als ich den ersten Haushaltsplan für den Kreisverband mit vorbereitet habe, wurde klar, dass der Verband auf einem Schuldenberg von rund 15 Millionen D-Mark sitzt. Zurückzuführen war das unter anderem auch auf eine, sagen wir mal, kreative Buchführung der Jahre davor. Von daher stand ich erstmal vor einer riesigen Sanierungsaufgabe, die insgesamt zehn Jahre andauern sollte. In dieser Zeit haben wir uns dann gesund geschrumpft. Bis heute bin ich da im Übrigen der Volksbank in Karlsruhe dankbar, die uns damals mit einem Kredit gerettet hat, als wir kurz vor dem Aus standen.

Erinnern Sie sich noch an besonders prägende Momente in dieser Zeit?
Ein trauriger Höhepunkt dieser Zeit war mit Sicherheit der 23. Dezember 1988, als ich 13 Kündigungen für Mitarbeiter per Einschreiben verschicken musste, weil wir schlicht sparen mussten. Auch an die Sorge bei den Ortsvereinen erinnere ich mich noch gut. Die hatten damals sogar Angst, ihre Finanzberichte zu veröffentlichen, weil sie befürchteten, falls der Kreisverband insolvent geht, werden die Gelder der Ortsvereine mit in die Konkursmasse gerissen. Da war eine Menge Überzeugungsarbeit vonnöten, bis es zwischen den Ortsgruppen und dem Kreisverband wieder einen Schulterschluss gab.

Sie hatten jüngst Versammlung des DRK-Kreisverbands. Auf dieser stand neben der Wahl ihres Nachfolgers Daniel Schneider natürlich Ihr Abschied im Fokus. Der CDU-Landtagsabgeordnete Ulli Hockenberger nannte Sie dabei in seiner Rede einen „Schlingel“. Können Sie sagen, warum?
Ich habe über die Jahre in diesem Beruf ein großes Netzwerk aufgebaut, das ich immer wieder in die verschiedenen Richtungen nutzen konnte – immer im Hinblick auf das Wohl des DRK natürlich. Und dabei habe ich oftmals auch den direkten Weg zu den Ministerien oder Institutionen genutzt, ohne die üblichen Umwege zu gehen. Das hat oftmals für Erstaunen und manchmal auch für ein bisschen Verärgerung gesorgt. Aber es war aus meiner Sicht das Beste für den Kreisverband. Dazu bin ich auch ein eher ungeduldiger Mensch. Dieses unbürokratische Zusammenarbeiten hat aber auch immer in beide Richtungen funktioniert.

Bei der Kreisversammlung fielen aber auch immer wieder die Worte Vertrauen, Verlässlichkeit, Menschlichkeit und Respekt, um Ihre Person und die Zusammenarbeit mit Ihnen zu beschreiben. Sind das Schlüssel zum Erfolg?
Ja, mit Sicherheit sind das wichtige Kriterien für eine gute Zusammenarbeit. Ich bin in dieser Hinsicht auch noch jemand von der alten Schule. Das soll heißen, für mich ist eine Abmachung per Handschlag noch eine besiegelte Sache, ich brauche da nicht immer Brief und Siegel. Von daher wussten die Menschen, wenn ich etwas zusage, dann halte ich das auch ein. Und das wurde offenbar geschätzt.

Wenn Sie zurückblicken, was würden Sie als die größten Herausforderungen und Erfolge in ihrer Zeit als Geschäftsführer beim DRK sehen?
An erster Stelle sicherlich die schon angesprochene Sanierung des DRK. Hätte das nicht geklappt, dann wäre das der Tod des Kreisverbands gewesen. Prägend war für mich auch die Zeit der Wiedervereinigung, als die Menschen mit Zügen aus zum Beispiel Prag bei uns ankamen und untergebracht werden mussten. Als Erfolg sehe ich auch die Anschaffung eines Kindernotarztwagens, den es bundesweit nur dreimal gibt. Dazu kommen die vielen Ersthelfer-Gruppen vor Ort oder auch der Einsatz von Defibrillatoren für Laien, den wir gegen viele Widerstände durchgesetzt haben.

Gibt es auch persönliche Erlebnisse in diesen über drei Jahrzehnten, die Sie nicht vergessen werden?
Das sind eher weniger die persönlichen Erlebnisse, als die vielen Menschen, die ich in dieser langen Zeit kennenlernen durfte. Dabei hat mich vor allem die Bandbreite an Menschen, vom Ministerpräsidenten über den Bundespolitiker bis zum Sanitäter oder Zivi fasziniert. Diese Begegnungen mit Menschen aus den unterschiedlichen Regionen unseres Kreises habe ich immer als sehr bereichernd empfunden.

Ein Wort noch zur Corona-Pandemie. Wie würden Sie in einem ersten vorsichtigen Fazit sagen, hat sich der DRK Kreisverband in der Pandemie geschlagen?
Ich glaube, man kann als Fazit sagen: Das Ergebnis war zufriedenstellend. Wie alle wurde auch das DRK von der Pandemie und deren Ausmaßen kalt erwischt und aus heiterem Himmel getroffen. Allerdings hat uns dann auch wieder der direkte Draht zu den Verantwortlichen an den wichtigen Stellen geholfen, relativ schnell an die so wichtige Schutzausrüstung zu kommen. Sogar das Regierungspräsidium hat uns in der Anfangsphase um Schutzmasken gebeten. Wir mussten aber dennoch empfindliche finanzielle Einbußen aufgrund der Einbrüche bei den Krankenwagen-Fahrten hinnehmen. Diese waren durch das ständige Wechseln der Schutzkleidung bei den Mitarbeitern und das Desinfizieren des Wagens nach jeder Fahrt aber leider unabdingbar. An diesen Verlusten werden wir noch die nächsten zwei bis drei Jahre zu knabbern haben.

Bei den nächsten Jahren sind wir auch schon bei Ihrem Nachfolger Daniel Schneider. Die offizielle Stabübergabe erfolgt am 1. Juni. Wie übergeben Sie ihm den Kreisverband und was muss er in den nächsten Jahren angehen?
Definitiv wird er das größer werdende Personalproblem in den verschiedenen Bereichen angehen müssen. Allerdings sorgen wir da auch vor, in dem wir aktuell schon 90 junge Leute in Ausbildung haben. Darüber hinaus werden wir zusätzliche Wachen-Standorte brauchen, weil es in Zukunft immer weniger Notärzte geben wird. Und klar, das Geld wird auch nach der erfolgreichen Sanierung immer ein Thema bleiben. Dennoch kann ich guten Gewissens sagen, ich übergebe ein gut bestelltes Feld.

Und was wird der Geschäftsführer a.D. ab dem 1. Juni machen?
Das weiß ich noch gar nicht so genau, aber eines ist sicher: Irgendetwas werde ich machen. Allerdings nicht mehr beim DRK. Da werde ich mich nicht mehr einmischen, werde aber natürlich gerne mit Rat zur Seite stehen, wenn ich gefragt werde.

Die Fragen stellte Redaktionsleiter Christian Schweizer.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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