40 Jahre Pferdesegnung Bauerbach
Der Pfarrer hoch zu Ross
Bretten-Bauerbach (ger) Am Sonntagvormittag, 26. Juni, wird wieder lautes Hufgeklapper durch das beschauliche Bauerbach hallen. Immer am Sonntag vor dem Peter-und-Paul-Fest findet dort nämlich ab 10.30 Uhr die Pferdesegnung statt, die Bernd Dickemann 1982 ins Leben gerufen hat. Dutzende Kutschfahrer und Reiter kommen seit 40 Jahren in die kleine Gemeinde und begehen das Patroziniumsfest der katholischen Pfarrgemeinde St. Peter mit einer prachtvollen Prozession, wie es sie in der Region sonst nicht gibt. Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause kann sie dieses Jahr endlich wieder stattfinden.
Spontaner Segen im Coronajahr
Wobei zumindest die Segnung streng genommen nie ausgefallen ist, wie Initiator Dickemann im Gespräch mit der Brettener Woche/kraichgau.news berichtet: „Vor zwei Jahren sind unangekündigt fünf Reiter vom Burkhardhof aus Bretten gekommen, die der Pfarrer dann auch ganz spontan gerne gesegnet hat.“ Im letzten Jahr hatte es eine Messe auf dem Dorfplatz zum Patrozinium gegeben, zu der ebenfalls eine Handvoll Gespanne und Reiter gekommen waren. Dieses Jahr werden nun wieder etliche Teilnehmer erwartet, die nach dem Festgottesdienst, der um 9.30 Uhr in der Gemeindekirche stattfindet, zum Festplatz bei der Sporthalle prozessieren. Bei der Segnung der Vierbeiner stellt Bernd Dickemann die Pferdebesitzer, ihre Tiere und Gespanne vor, und im Anschluss bietet die Gemeinde in der Halle eine Bewirtung an.
Mit der Kutsche zur Auto-Segnung
Die Idee zur Pferdesegnung hatte Dickemann schon von Kindertagen an mit sich herumgetragen. In früheren Zeiten war es in katholischen Ortschaften im Kraichgau Sitte, vor der Erntezeit Pferde und Fuhrwerke segnen zu lassen, waren doch die wirtschaftliche Existenz bäuerlicher Familien damals untrennbar mit dem Pferd und seiner Arbeitskraft verbunden. Dickemann selbst ist auch mit Pferden aufgewachsen. Als Bub war er mit seinen Eltern und ihrem Kaltblutgespann mit der Wagonette nach Landshausen zur Pferdesegnung gefahren, was ihn tief beeindruckt hatte. Als der Salesianerpater Robert Späth, von 1977 bis zu seinem Tod 1993 Gemeindepfarrer in Bauerbach, das fast eingeschlafene Patroziniumsfest im Ort als Pfarrfamilienfest wiederbelebte und zu diesem Anlass 1979 den Familienfahrzeugen vor den anstehenden Sommerferien den Reisesegen erteilte, ließ Dickemann die Erinnerung wieder Realität werden: „Ich hatte damals ein schönes Haflingergespann“, erzählt er. „Das habe ich kurzerhand eingespannt und Frau und Kinder samt Oma in die Kutsche gesetzt. So sind wir zusammen zum Sportplatz gefahren, um den Segen zu empfangen.“
Fahrlehrgang führt zu "Gespann-Fahrvereinigung Kraichgau"
Das Haflingergespann trug dann auch maßgeblich dazu bei, dass sich die Pferdesegnung in Bauerbach etablierte. Dickemann sollte nämlich damit die Tochter des Ortsvorstehers zur Kirche kutschieren. Doch als er auf dem Weg war, die Braut abzuholen, scheuten die Pferde vor einem bellenden Hund und er galoppierte mit Karacho an der wartenden Hochzeitsgesellschaft vorbei. „Eigentlich ging ich davon aus, dass das Brautpaar danach nicht mehr einsteigen wollte“, erinnert sich der 75-Jährige. „Doch der Zwillingsbruder des Bräutigams war Pferdewirt beim Haupt- und Landgestüt Marbach und sagte: ‚Jetzt wird erst recht gefahren, und danach lernst du das richtig.‘“ Gesagt, getan. Dickemann organisierte einen Fahrlehrgang mit 19 Teilnehmern, alles Pferdebesitzer aus der Region. Von Januar bis April 1982 wurde geübt und gebüffelt, und alle legten erfolgreich die Prüfung zum bronzenen Fahrabzeichen ab. Die Kontakte und Freundschaften, die bei diesem Kurs entstanden waren, führten im Mai 1982 zur Gründung der „Gespann-Fahrvereinigung Kraichgau“, die ihr Vereinsgelände an der Kreisstraße beim Herrenwald zwischen Bretten und Oberacker hat und nun ebenfalls auf eine 40-jährige Vereinsgeschichte blicken kann. Auf der idyllisch gelegenen Anlage finden alljährlich Turniere, Fahrtage, Holzrückewettbewerbe und Lehrgänge statt.
Der Pfarrer hoch zu Ross
Im selben Jahr, 1982, lud Dickemann die anderen Kursteilnehmer mit ihren Pferden und Kutschen zum Patroziniumsfest nach Bauerbach – das war die Geburtsstunde der Pferdesegnung im Ort. „Pater Späth, der mit Begeisterung dabei war, nahm in der Kutsche Platz und fuhr mit zum Sportgelände, wo er allen Anwesenden den Segen spendete. Und schnell war man sich einig, dass man das wiederholen möchte“, erinnert sich Dickemann dankbar an den Beginn der Erfolgsgeschichte. Mit Pfarrer Wolfgang Streicher ist ein weiterer Herzenswunsch von Dickemann in Erfüllung gegangen. Wie der Priester damals in Landshausen, dessen Anblick den kleinen Bernd tief beeindruckt hat, reitet Streicher seit 2012 hoch zu Ross mit.
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
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