Melanchthonhöhe in Bretten soll Projekt von Investor Gairing und Architekt Toth bleiben
Angebot von renommiertem Architekturbüro Böhm abgelehnt

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Bretten (bea) Das renommierte Architekturbüro Böhm aus Köln, das die Lanxess Arena (ehemals KölnArena) geplant hat, hatte gegenüber der Brettener Woche angeboten, bei dem viel diskutierten Projekt „Melanchthonhöhe“ am Alexanderplatz mitzuarbeiten (wir berichteten). Geschäftsführer Peter Böhm hat mit seinem Büro viele Projekte wie das Stadthaus in Köln, das Rathaus der Stadt Hennef und das Kaufhaus Peek & Cloppenburg in Berlin umgesetzt. Weiterhin zählen Veranstaltungshallen, Büros, Wohn- und öffentliche Bauten zu seinem Repertoire. Mehrfach ausgezeichnet wurde Böhm für das Philosophikum in Köln. Für dieses erhielt er 2017 den Preis "Auszeichnung guter Bauten" des Bundes Deutscher Architekten (BDA), 2018 den "BDA Architekturpreis NRW" und 2019 den "Deutschen Ziegelpreis" des Vereins Ziegel Zentrum Süd. Er ist Professor für „Bauen und Gestalten mit massiven Baustoffen (Ziegelstoffe und Beton)“ an der Hochschule Trier. Bereits sein Vater Gottfried Böhm war ein berühmter Architekt. Im Jahr 1986 wurde diesem der Pritzker-Preis, eine weltweit renommierte Auszeichnung für Architektur, verliehen. Das Büro von Gottfried Böhm übernahmen drei seiner vier Söhne, darunter auch der durch die Lanxess Arena bekannt gewordene Peter Böhm. Gemeinsam verwirklichte er mit seinem Vater zwischen 1991 und 1998 die WDR-Arkaden in Köln.

"Je mehr Köche mitwirken, desto verdorbener wird der Brei"

Auf das Angebot der Böhmschen Mitarbeit angesprochen, erklärt Volker Gairing, Geschäftsführer der BVA Immobilien-Gruppe, er wolle das Angebot nicht annehmen. „Je mehr Köche mitwirken, desto verdorbener wird der Brei", sagt er gegenüber der Brettener Woche. Ein weiteres Architekturbüro einzuschalten, mache die Qualität nicht besser, sondern steigere nur die Kosten. Stattdessen stellt er klar: „Istvan Toth ist der Architekt unseres Vertrauens“. Seinen Spürsinn habe er während der vergangenen 40 Jahre in der Branche entwickelt, erklärt Gairing. Oft sei es so, dass Bürgermeister oder Gemeinderäte, die sich bei einer Entscheidungsfindung nicht sicher seien, gerne auf den Wohlklang bekannter Architekturbüros zurückgreifen würden oder Gutachter einschalten wollten. Ganz nach dem Motto: „Dann können wir es uns sparen, uns eine Meinung zu bilden“, so Gairing.

"Bauvorhaben muss reifen wie Wein oder Käse"

Toth habe sich mit den Gegebenheiten vor Ort in Bretten bereits intensiv auseinandergesetzt und das Projekt auf Funktionalität hin untersucht, so Gairing. Fast täglich stehe er mit dem Architekten im Austausch. Dabei würden sie neben weiteren gemeinsamen Projekten auch über die Melanchthonhöhe sprechen. So sollen eine bessere Funktionalität und bessere Abläufe im Gebäude erzielt werden. „Ein solches Bauvorhaben muss reifen wie ein guter Wein oder ein guter Käse“, sagt Gairing. Bei dem Projekt Melanchthonhöhe soll es keine Effekthascherei geben, sondern geprüft werden, wie das Ensemble täglich sinnvoll erlebt werden könne. Dies erfordere einen dynamischen Prozess. Daher tausche sich Gairing ebenfalls mit Stadtbaudirektor Karl Velte und Bürgermeister Michael Nöltner in Bretten aus.

"Renommiertes Büro ist kein Schaden für die Stadt"

Letzterer gab sich auf Nachfrage bedeckt. Grundsätzlich sei es Sache des Auftraggebers, welchen Architekten er sich an Bord hole, erklärte Nöltner. Die Stadt stelle lediglich das Baurecht her und leiste die baurechtliche Begleitung des Projekts. Daher sei es die Entscheidung von Volker Gairing, der neben den Planungen auch Nutzer finden und eine Refinanzierung auf die Beine stellen müsse, welchen Architekten er an seiner Seite haben möchte. Dennoch seien grundsätzlich Erfahrung und vorzeigbare, renommierte Objekte immer von Vorteil. „Die Begleitung eines renommierten Büros ist kein Schaden für die Stadt“, so Nöltner. Die Aufgabe der Verwaltung sei es lediglich, eine Entscheidung zu treffen, unabhängig von Ruf oder der Vermutung, ob Geld hinter dem Vorhaben stecke, oder eben nicht. „Je mehr Seriosität entwickelt wird, desto eher werden die Gemeinderäte dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan zustimmen“, sagt Nöltner. Daher müsse der Investor noch Überzeugungsarbeit leisten. Stand heute sei die geplante Veränderung mit Hochhaus nicht umsetzbar, da an der betreffenden Stelle kein Bebauungsplan bestehe. „Wenn der Gemeinderat nicht das Gefühl hat, dass das Projekt Hand und Fuß hat, wird er der von der BVA geplanten Melanchthonhöhe nicht zustimmen“, so der Bürgermeister.

Weitere Planung "grundsätzlich positiv"

Zurückhaltend äußert sich auch Velte. Dieser erklärt, dass es selbstverständlich eine Möglichkeit für den Investor und Bauherrn Gairing wäre, einen weiteren Architekten für das Vorhaben "Melanchthonhöhe" hinzuzuziehen. Es sei grundsätzlich, also auch bei anderen Projekten, positiv, wenn ein Bauherr eine weitere Planung vorlegen könne. Ein Investor müsse jedoch erst dann einen anderen Architekten ins Boot nehmen, falls der Bisherige die Vorstellungen der Stadt nicht umsetzen könne. Schließlich sei der Gemeinderat als höchstes Organ der Stadt Herr des Verfahrens. Und bei diesem Vorhaben könne und müsse der Rat explizite Vorgaben machen, nach denen sich der Investor richten müsse.

Bisher lediglich visuelle Darstellungen

Im Gemeinderat habe man sich grundsätzlich darauf geeinigt, dass man am Alexanderplatz Wohnbebauung und ein größeres Gebäude, das als Landmarker dient, sehen möchte. Bislang seien vom Investor lediglich visuelle Darstellungen präsentiert worden. Die ersten konkreten Pläne erwartet Velte im Laufe des September. Dann müsse sich die Stadt an die Fachbehörden wenden. Dazu gehören aufgrund der benachbarten Bundesstraße der Bund als Straßenbaulastträger und wegen der Höhe des Gebäudes und des Umgebungsschutzes der Regionalverband. Auch der Brandschutz müsse bei der bislang geplanten Höhe des Gebäudes abgeklärt werden.

Licht in die Dämmerung

Um ein wenig mehr Licht in die Dämmerung rund um die Projekte des Architekten zu bringen, die im Flyer und auf der Homepage von Toth angegeben sind, hat sich die Brettener Woche über weitere Projekte erkundigt. Toth selbst hatte angegeben, dass er bei der Planung der Köln Arena in einem Planungsteam mitgearbeitet hat. Ein weiteres Projekt war das "Taubertsbergbad in Mainz". Uwe Deyle, Geschäftsführer des Planungsbüros Deyle aus Stuttgart, das für die Umsetzung des Bads zuständig war, bestätigt, Toth habe auch hier das Planungsteam im Bereich der Ausführungsplanung des Projekts im Jahr 2003 verstärkt. Auf seinem Flyer hatte der Architekt mit den Stichworten "Ausführungsplanung" und "Projektleitung bei Planungsbüro Deyle" geworben.

Überprüfung der Projekte des Architekten

Zurückhaltend äußert sich eine Sprecherin von Kaufland in einem kurzen Telefonstatement. So könne es sein, dass Architekt Toth ein Teil des Planungsteams beim Bau von Kauflandmärkten in Rumänien gewesen sei. Jedoch habe er nicht in einer leitenden Funktion agiert. Dabei bittet sie um Verständnis, da die angesprochenen Projekte bereits lange Zeit zurücklägen. Im Interview mit der Brettener Woche hatte Toth betont, als Architekt für die Ostexpansion der Supermarktkette Kaufland in Rumänien verantwortlich gewesen zu sein. Mitgewirkt hat Toth ebenfalls beim "Wiederaufbau der Maschinenfabrik Lauffer" in Horb, heißt es auf Nachfrage beim Planungsbüro Schatz-projectplan, das für dieses Projekt verantwortlich zeichnet. Man könne bestätigen, dass der Architekt für eine kurze Zeit im Unternehmen tätig war und auch am genannten Projekt beteiligt gewesen sei. Da die Unterlagen vor rund 20 Jahren noch nicht digitalisiert wurden, könne man auf die Schnelle jedoch keine näheren Aussagen über den genauen Umfang der Tothschen Beteiligung am Wiederaufbauprojekt treffen. Fest stehe lediglich, dass Toth nicht den Posten des Projektleiters eingenommen habe. Bei Bauprojekten sei es grundsätzlich so, dass es einen federführenden Projektleiter gebe und weitere Architekten, die diesen bei seiner Tätigkeit unterstützten. Darunter sei auch Istvan Toth gewesen, er habe jedoch nicht als Ansprechpartner für Kunden fungiert, heißt es aus dem Büro. Der Architekt hatte auf dem Flyer die Stichworte "Projektleitung" und "Projektkoordination bei Schatz-projectplan" angegeben.

Alles zum Thema Melanchthonhöhe Bretten finden Sie auf unserer Themenseite.

Hinter dem aufsehenerregenden Bauprojekt "Melanchthonhöhe" stehen Investor Gairing und Architekt Toth.  | Foto: Architeamconsult
Autor:

Beatrix Drescher aus Bretten

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