"Wasserstoff ist das neue Öl"
Brettener Firma ROAD forscht an neuer Sensorik für Brennstoffzellen

ROAD-Geschäftsführer Matthias Richter (links) mit Volkmar Uebele, Manager für Forschung und Entwicklung.  | Foto: swiz
  • ROAD-Geschäftsführer Matthias Richter (links) mit Volkmar Uebele, Manager für Forschung und Entwicklung.
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Bretten-Gölshausen (kn) Wer täglich auf der B293 nach Bretten oder Richtung Flehingen fährt, dem ist auf Höhe des Industriegebiets Gölshausen sicher schon einmal das Firmengebäude mit dem einprägsamen Namen „ROAD“ aufgefallen. Was sich dahinter verbirgt, wissen allerdings die wenigsten. Dabei handelt es sich um einen der „Hidden Champions“ der Unternehmenslandschaft der Melanchthonstadt. Der Technologie-Spezialist entwickelt und produziert Anzeigetechnik, Sensoren und elektronische Steuerungen für internationale Unternehmen, die dann wiederum in verschiedenen Fahrzeugen, Flugzeugen sowie Schiffen und Maschinen verbaut werden. Neben der Entwicklung und Produktion steht bei „ROAD“ aber vor allem auch die Forschung im Mittelpunkt. Und das mit Erfolg. So wurde ein Forschungsprojekt der Gölshäuser Firma jetzt für einen insgesamt 26 Millionen Euro schweren Fördertopf der Landesregierung Baden-Württemberg ausgewählt. Im Rahmen des „Zukunftsprogramms Wasserstoff BW“ fördert das Umweltministerium insgesamt 20 Projekte zu Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien.

„Labor im Miniformat“

Für ROAD-Geschäftsführer Matthias Richter und Volkmar Uebele, Manager für Forschung und Entwicklung, war die Bewerbung um einen der rar gesäten Plätze im Förderprogramm klar. „Wasserstoff ist das Öl von morgen, denn es ist das wohl effektivste Energie-Speichermedium. Und auch die Politik hat inzwischen erkannt, dass die viel zitierte Energiewende nur mit Wasserstoff gelingen kann“, erklärt Richter im Gespräch mit der Brettener Woche und erhält dabei zustimmendes Kopfnicken von Volkmar Uebele. Und so bewarb man sich gemeinsam mit dem Kooperationspartner, der Hochschule Reutlingen, mit einem, so hofft man, zukunftsweisenden Projekt. Die Idee desselben ist dabei erstaunlich einfach erklärt: „Wir forschen an einer Sensorik, die misst, wie rein der Wasserstoff ist, der in eine Brennstoffzelle geleitet wird“, so Richter. Die Reinheit des Wasserstoffs ist dabei deshalb so wichtig, weil Brennstoffzellen schon bei kleinsten Verunreinigungen stark an Leistung verlieren oder gar kaputtgehen können. Bisher übernehmen diese Überprüfungen hoch spezialisierte und sehr rar gesäte Labore, die natürlich dementsprechend hohe Kosten verursachen. Sollte die Forschung von ROAD und der Hochschule Reutlingen erfolgreich sein, könnte man das „Labor im Miniformat“ gemeinsam mit der Brennstoffzelle in einem mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeug, Schiff oder Flugzeug oder auch einer Haus-Heizung verbauen. Die Zelle kann man sich dabei wie eine Batterie vorstellen, in der durch die Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff Energie entsteht. Und das praktisch schadstofffrei.

"Es braucht eine dezentrale Wasserstoffproduktion"

„Unser Projektplan hat die fachbezogenen Gutachter des Landes am Schluss überzeugt und seit 1. Januar dürfen wir nun forschen“, erklärt Volkmar Uebele. Angelegt ist das Projekt auf rund 30 Monate. Doch egal wie erfolgreich die Forschungsarbeit auch sein wird – für eine flächendeckende Akzeptanz und vor allem Einsetzbarkeit des Energieträgers Wasserstoff ist noch viel zu tun, betont Richter. „Die Politik ist vor allem gefordert, die Akzeptanz von Wasserstoff in der Bevölkerung zu erhöhen, denn es herrschen noch zu viele Sorgen bei den Menschen vor.“ Der andere essenzielle Faktor in der breiten Nutzung der Brennstoffzellen- und Wasserstofftechnologie liegt laut Richter und Uebele in der Dezentralisierung der Wasserstoff-Produktion. „Wenn der Wasserstoff über lange Strecken transportiert wird, sei es durch Pipelines oder auf der Straße, ist das zum einen nicht praktikabel, zum anderen ist die Gefahr der Verunreinigung wieder höher“, so Richter. Daher müsse man es schaffen, dass jede Stadt und Gemeinde ihren eigenen Wasserstoff produzieren und dann in das Energienetz einspeisen könne. Wichtig sei auch, dass es sich um „grün“ produzierten Wasserstoff handele, denn dieser ist immer nur so umweltfreundlich wie der Strom, mit dem er produziert wird. Erklärt ist diese Produktion denkbar schnell: Durch den Einsatz von Strom wird Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgesplittet. Dabei wird dann die elektrische in chemische Energie umgewandelt und in der Folge dann im Speichermedium Wasserstoff gebunden.

"Grüner Wasserstoff ist eine Schlüsseltechnologie"

In den Gemeinden könnte diese Produktion unter anderem in Kläranlagen vonstattengehen, ist sich der ROAD-Geschäftsführer sicher. In den Anlagen würden Gase produziert, die in Energie umgewandelt, zur Produktion von Wasserstoff genutzt werden könnten. Die dezentrale Herstellung soll dabei keine ferne Zukunftsmusik sein, sondern laut der „Roadmap Wasserstoff“ des Landes Baden-Württemberg schon ab dem Jahr 2030 Realität werden. Glaubt man den Äußerungen der baden-württembergischen Klimaschutzministerin Thekla Walker ist das Thema Wasserstoff inzwischen zur Chefsache im Land geworden. "Wir machen bei diesem wichtigen Thema Tempo und setzen die Maßnahmen im Rahmen der Wasserstoff-Roadmap rasch und konsequent um", so Walker. Und weiter: „Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag für den Klimaschutz, weil grüner Wasserstoff eine Schlüsseltechnologie bei der Energiewende ist“. In Gölshausen wird man diese Äußerungen sicher gerne gehört haben.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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