Der nächste Deutsche auf der ISS zu Besuch bei Neff
Ein Astronaut zwischen Öfen und Hauben

Klaus Recktenwald (links) von Neff hatte den ESA-Astronauten Matthias Maurer nach Bretten eingeladen.
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  • Klaus Recktenwald (links) von Neff hatte den ESA-Astronauten Matthias Maurer nach Bretten eingeladen.
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Bretten (ger) Was haben ein Backofen und eine Rakete gemeinsam? Beide haben ein Fenster. Was sich nach einem lauen Scherz anhört, hat durchaus Bezug zueinander. Wie Menschen dem Kuchen beim Backen zusehen wollten, wollten auch Raumfahrer beim Flug etwas sehen: „Die Ingenieure hatten bei der ersten Rakete kein Fenster vorgesehen. Die Astronauten haben aber gesagt: Da setzen wir uns nicht rein. Wir fliegen doch nicht ins All und sehen dann nichts“, plauderte Matthias Maurer beim Besuch der Firma BSH Hausgeräte in Bretten, besser bekannt als Neff, aus dem Nähkästchen.

Austausch zwischen Industrie und Raumfahrt wichtig

Der ESA-Astronaut war auf Einladung von Klaus Recktenwald, dem Planungsleiter der Backofen-Fabrik, in die Melanchthonstadt gekommen, um sich für die Raumfahrt Ideen von der Industrie 4.0 zu holen, die bei Neff in vollem Gange ist. Recktenwald und Maurer sind seit der gemeinsamen Schulzeit in St. Wendel im Saarland befreundet. Bei regelmäßigen privaten Treffen tauschen sich die beiden Ingenieure auch gerne über Technik und die umfassende Digitalisierung der industriellen Fertigung, was mit dem Schlagwort „Industrie 4.0“ umrissen wird, aus. Maurer, der nach Alexander Gerst der nächste Deutsche auf der internationalen Raumstation ISS sein wird, betonte, dass auch die Raumfahrt vor einer fundamentalen Wende stehe. Mit der Zunahme von privaten Akteuren in dem Bereich wie dem Raumfahrtunternehmen SpaceX von Elon Musk sei der Austausch zwischen Industrie und Raumfahrt-Wissenschaft noch wichtiger geworden.

"ISS ist wie eine WG"

Bei den Führungen durch die beiden Werksteile Dunstabzugshauben und Backöfen/Herde erkundigte sich Maurer interessiert nach Details und verwies auf mögliche Übertragungen auf die Astronautik, etwa bei der Fügetechnik oder Oberflächenbeschichtung. An den Fertigungslinien werden bei Neff die Handgriffe registriert, so dass kein Arbeitsschritt vergessen wird. „Das ist gerade auch beim Bau eines Raumschiffs elementar wichtig. Ein kleiner Fehler kann schlimme Folgen haben“, so Maurer. Auch die Lagerhaltung bei Neff, wo das EDV-System jederzeit weiß, wo sich welches Teil befindet, kann als Blaupause für die Raumfahrt dienen. Auf der ISS werde zum Beispiel alles in weißen Beuteln angeliefert und dann verstaut. „Die Raumstation ist ja so was wie eine WG. Ständig ziehen Leute aus und ein. Wenn nicht genau dokumentiert wird, wo was abgelegt wurde, findet das keiner mehr wieder“, verdeutlichte der promovierte Materialwissenschaftler, dass es auch unter Astronauten durchaus „menschelt“.

Maschine unterstützt den Menschen

Besonders angetan war der „Explornaut“, so sein Nickname auf Twitter, der bei der ESA in Köln auch Projektleiter für LUNA, einer im Aufbau befindlichen Trainingsanlage für den Mond ist, von den Robotern, die in der Fabrikation bei Neff oftmals mit Mitarbeitern kollaborieren. Entsprechend sind sie mit Sensoren oder gar einer empfindsamen Hülle ausgestattet, die einen womöglich schmerzhaften Zusammenstoß zwischen Mensch und Maschine verhindern. „Genau so muss das sein, dass die Maschine den Menschen unterstützt“, kommentierte Maurer etwa den Roboter, der Backofenkorpusse mit Glaswolle umhüllt. Ein Arbeitsschritt, den laut Recktenwald kein Mitarbeiter vermisst.

Zweite Mission auf den Mond?

In der neuen Trainingsakademie, in der Mitarbeiter unter den Gesichtspunkten Arbeitssicherheit, Ergonomie und Qualität geschult werden, schlüpfte der nahbare und sympathische Saarländer in einen so genannten Chairless Chair, ein Exoskelett, das ein Sitzen ohne Stuhl ermöglicht und vor allem die Bandscheiben entlastet. Auf der ISS, auf der ja Schwerelosigkeit herrscht, wird er diesen nicht brauchen. Maurer geht davon aus, Ende 2020 oder Anfang 2021 auf die ISS zu fliegen. Und da alle seiner Astronautenklasse auf zwei Missionen gehen werden, hofft Mond-Matze, so sein zweiter Spitzname, bei seiner zweiten Mission auf den Mond zu kommen.

Autor:

Katrin Gerweck aus Bretten

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