Wahlkampf-Rededuell von Ministerpräsident und Herausforderer im SWR
Kretschmann und Eisenmann schenken sich nichts

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Von Nico Pointner und Henning Otte (dpa/lsw) Es war an diesem Abend ein wenig wie im gesamten Wahlkampf: Kurz vor Schluss lag Winfried Kretschmann deutlich vorn. Der grüne Balken am Bildschirm des SWR zeigte eine Redezeit des Ministerpräsidenten von 26.45 Minuten, seine Kontrahentin Susanne Eisenmann (CDU) kam nur auf 24.27 Minuten. Ein Nachteil für die Herausforderin bei diesem Wahlkampf-Rededuell - auch wenn es ein Stück weit daran liegen kann, dass Eisenmann einfach deutlich schneller redet. "Damit kann ich leben", gab sich die CDU-Frau gelassen. Aber sie steht unter Druck. Auch in den Wahlumfragen liegt sie zwei Wochen vor der Wahl hinter dem grünen Regierungschef.

Kräutertee vs. Wasser medium

Kretschmann hatte in den Stuttgarter Wagenhallen am Montag, 1. März, einen warmen Kräutertee vor sich, Eisenmann ein Wasser, medium. Er spricht viel mit dem Moderator und nicht mit seiner Kontrahentin, zieht nur einmal eine verwunderte Grimasse, als Eisenmann ihm vorhält, die Grünen würden der CDU Klientelpolitik vorwerfen. Die Kultusministerin dagegen nickt viel und lächelt viel.

"Ruhig ja, einschlafen nein"

Es wird gegen Ende auch mal ruppiger, als es um die Verkehrspolitik geht, die Landwirte und ein vermeintliches Verbot von Einfamilienhäusern. Es fehle insbesondere beim Umgang mit der Automobilindustrie eine echte Leitlinie, sagt Eisenmann. "Eine Politik der ruhigen Hand ist gut, sie sollte dabei aber nicht einschlafen", moniert sie. "Ich glaube, da muss mehr kommen als einzelne Projekte."

Eisenmann pocht auf Öffnungen, Kretschmann gibt Bremser

Aber so richtig scharf geschossen wird nur selten an diesem Abend. Die beiden sind immer noch Koalitionspartner - und könnten das auch nach dem 14. März bleiben. Bei dem Duell geht es vor allem um die Pandemie. Eisenmann pocht auf Öffnungen, Kretschmann gibt den Bremser. Der Ministerpräsident dämpft die Hoffnung auf umfassendere Lockerungen des Lockdowns kurz vor der nächsten Bund-Länder-Konferenz am Mittwoch - insbesondere bei den Schulen. Man dürfe nicht riskieren, mit zu schnellen Öffnungen in eine dritte Welle reinzurauschen. Man habe jetzt bessere Masken, das Impfen gehe voran und es stünden mehr Schnelltests zur Verfügung. Es dürfe aber nicht soweit geöffnet werden, "dass wir wieder die Kontrolle über die Pandemie verlieren".

"Da stimmt die Verhältnismäßigkeit nicht"

Kretschmann zeigte sich am Montagabend skeptisch, dass die weiterführenden Schulen - wie von Eisenmann vorgeschlagen - schon am kommenden Montag schrittweise wieder öffnen können. "Das sehe ich eher nicht", sagte der Grünen-Politiker. Eisenmann sagte dagegen, man müsse sich jetzt mal trauen, bei den Schulen nach der behutsamen Öffnung der Grundschulen einen weiteren Schritt zu tun. Sie bemängelte, dass zwar über die Öffnung von Baumärkten diskutiert werde, man aber bei den Schulen noch warten wolle. "Da stimmt die Verhältnismäßigkeit nicht."

Ausweitung der Teststrategie?

Zuvor hatte Kretschmann eine baldige Öffnung der Baumärkte im Südwesten in Aussicht gestellt. Die bayerischen Nachbarn hätten diese nun geöffnet. "Das kann man als nächsten Schritt machen, damit wir keinen Tourismus bekommen - das ist immer ungut in der Pandemie." Zur Teststrategie sagte der Regierungschef, allein die Infrastruktur für massenhafte Tests könne man nicht von heute auf morgen auf die Beine stellen. Es sei nicht so einfach, eine Million Schüler im Land zu testen. Eisenmann verwies darauf, dass die CDU schon länger auf eine Ausweitung der Teststrategie gedrungen habe. Nun müsse der grüne Gesundheitsminister Manne Lucha endlich das umsetzen, was beschlossen wurde. Der grüne Regierungschef widersprach: Das Testen müssten das Kultusministerium, die Schulämter und die Schüler organisieren.

"Wie erreiche ich Urteilskraft?"

Angriffslustig zeigte sich der frühere Lehrer Kretschmann beim Thema Schule, Eisenmanns Fachthema. Es reiche nicht, den Schülerinnen und Schülern Laptops oder Tablets hinzustellen. Es sei in der Diskussion viel zu lange nur um Technik gegangen. "Wir müssen uns jetzt dringend damit beschäftigen, was heißt das pädagogisch?" Das Ziel müsse sein: "Wie erreiche ich Urteilskraft?" An Eisenmanns Adresse sagte er: "Das ist höchste Eisenbahn, dass da mal was vorgelegt wird." Eisenmann erklärte dagegen: "Wir arbeiten da seit fünf Jahren dran." Auch sie sagte, das Konzept "ersetze Buch durch Laptop" sei keine Pädagogik.

"Nachfrage nach Astrazeneca ist gestiegen"

Es geht in dem Duell auch um die schleppende Impfkampagne des Landes. Die könne in Struktur und Organisation noch deutlich besser werden, sagte Eisenmann. Das laufe jetzt richtig an, die Nachfrage nach dem Stoff des Herstellers Astrazeneca sei gestiegen, entgegnet Kretschmann. Damit würde er sich auch selbst impfen lassen. Es handle sich um einen hochwirksamen Impfstoff, der zu Unrecht ins Gerede gekommen sei. Er wolle sich auch öffentlich impfen lassen, allerdings erst, wenn er dran sei. Eisenmann nutzt das für einen Hieb auf Kretschmanns Alter. Mit Astrazeneca würden derzeit in Deutschland nur Menschen zwischen 18 und 64 Jahren geimpft - es fehlen Daten zur Wirkung bei Älteren. Dann müsse Kretschmann einen anderen Impfstoff wählen, sagte sie mit Blick auf das Alter des 72-Jährigen. Und die 56-Jährige erlaubte sich eine weitere Spitze: Sie werde altersbedingt beim Ministerpräsidenten erst zugucken, bevor sie selbst geimpft werde.

"Das haben alle missverstanden"

Zum Schluss griff sie dieses Thema noch mal auf, als es um einen möglichen Nachfolger für Kretschmann ging. Vor einer Woche hatte sich der Regierungschef in einem Interview zwar nicht festlegen wollen, wer ihm mal nachfolgen könnte, aber doch einen Hinweis gegeben: "Das zweitwichtigste Amt hinter dem Ministerpräsidenten ist das des Fraktionsvorsitzenden einer Regierungspartei." Und das sei Andreas Schwarz. Im TV-Duell erklärte Kretschmann nun, das sei kein Hinweis darauf gewesen, dass Schwarz sein Nachfolger werde. "Das haben alle missverstanden." Eisenmann sagte daraufhin: "Ich hab's auch falsch verstanden." Sie sei sehr überrascht gewesen, dass man jetzt schon über Nachfolge spreche, wo doch fünf herausfordernde Regierungsjahre nach der Wahl anstünden.

"Duell der vertanen Chancen"

Die Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele zeigte sich enttäuscht von dem Zweikampf. "Es war ein Duell der vertanen Chancen", sagte Römmele im SWR-Fernsehen. Es sei viel zu viel um die aktuelle Corona-Politik gegangen. Eisenmann sei erst spät angriffslustiger geworden. "Das ist hinten raus etwas verpufft. Da hat sie nicht mal einen Punktsieg nach Hause gefahren." Kretschmann habe seine Rolle als Landesvater souverän gespielt, meinte die Professorin an der Hertie School of Governance in Berlin.

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Kraichgau News aus Bretten

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