Interview mit dem Gesundheitswissenschaftler Markus Küffel
Pflegereform 2021: Was ändert sich jetzt für Pflegebedürftige?

Markus Küffel ist Gesundheitswissenschaftler. | Foto: Michael B. Rehders,
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Hamburg (kn) Lange hat es gedauert, doch nun wurde die Pflegereform 2021 offiziell vom Bundestag verabschiedet. Sie soll nicht nur die Bezahlung von Betreuungskräften verbessern, sondern Pflegebedürftige gleichzeitig finanziell entlasten. An welchen Stellen es nun höhere Zuschüsse für Betroffene gibt, erklärt Markus Küffel, Gesundheitswissenschaftler, examinierte Pflegefachkraft und Geschäftsführer der Pflege zu Hause Küffel GmbH im Interview.

Was ändert sich für Pflegebedürftige?
Für einen Platz im Altenheim zahlte die Pflegeversicherung bisher abhängig vom Pflegegrad eine feste Pauschale – beispielsweise 2.005 Euro im Monat bei Grad fünf. Die restlichen Kosten werden durch den Eigenanteil von den Betroffenen oder ihren Angehörigen getragen. Um diese Menschen zu entlasten, zahlt die Pflegeversicherung ab Januar 2022 weitere Zuschläge zum Eigenanteil. Je länger Betroffene im Heim leben, desto stärker steigen diese Zuschläge: Im ersten Jahr übernimmt die Versicherung fünf Prozent des Eigenanteils, bei über einem Jahr 25 Prozent, bei über zwei Jahren 45 Prozent und bei mehr als drei Jahren 70 Prozent. Bei Pflegegrad fünf und einer Unterbringung von mehr als drei Jahren im Heim lassen sich auf diese Weise durchschnittlich etwa 638 Euro im Monat sparen.

Gibt es auch mehr Geld für Menschen, die zu Hause betreut werden?
Pflegesachleistungen und Pflegegeld werden zusätzlich um fünf Prozent erhöht. Erstere dienen der Finanzierung eines ambulanten Dienstes. Bei Pflegegrad fünf erhalten Betroffene dann pro Monat knapp 100 Euro mehr. Wer nicht ambulant betreut wird, kann Pflegegeld beantragen und es beispielsweise zur Finanzierung einer sogenannten 24-Stunden-Betreuungskraft einsetzen. Dafür stehen nach der Fünf-Prozent-Erhöhung bei Pflegegrad fünf etwa 45 Euro mehr im Monat zur Verfügung.

Was hätte besser umgesetzt werden können?
Die Reform bezuschusst eine Unterbringung im Heim unverhältnismäßig hoch. Auf diese Weise werden Menschen, die sich keine häusliche Betreuung leisten können, praktisch dazu gedrängt, in ein Altenheim zu ziehen. Ein Zuschuss je nach Pflegegrad – unabhängig von der jeweiligen Betreuungsform – würde vielen Menschen besser gerecht werden. Fast 75 Prozent der pflegebedürftigen Deutschen werden aktuell zu Hause betreut, aber profitieren nur wenig von der Reform. Durch die höhere Bezahlung der Pflegekräfte erwarten Experten außerdem einen Anstieg der Kosten. Ob die finanziellen Entlastungen von Pflegebedürftigen überhaupt ausreichen, um die entstehenden Mehrkosten zu decken, wird sich zeigen. Es kann durchaus passieren, dass Betroffene nach der Reform trotz Zuschüssen insgesamt mehr Geld für ihre Betreuung ausgeben müssen.

Markus Küffel ist Gesundheitswissenschaftler. | Foto: Michael B. Rehders,
Auch die Pflege zu Hause wird besser gefördert. | Foto: Michael B. Rehders
Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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