Haltung bewahrt in NS-Zeit
Wilhelm Gillardon II wird mit Gedenktafel gewürdigt

Vor der Kapelle stehen auf dem Brettener Friedhof drei Stelen, auf denen die Ehrenbürger und Träger der Bürgermedaille der Stadt gewürdigt werden.  | Foto: ger
  • Vor der Kapelle stehen auf dem Brettener Friedhof drei Stelen, auf denen die Ehrenbürger und Träger der Bürgermedaille der Stadt gewürdigt werden.
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Bretten (ger) In seiner Sitzung am Dienstag, 24. Oktober, hat der Gemeinderat einstimmig beschlossen, für Wilhelm Gillardon II eine Erinnerungstafel „an einem würdigen Platz im Bereich des Alten Rathauses auf dem Marktplatz“ anzubringen. Außerdem wird der Name des 1953 verstorbenen Bretteners an der Stele angebracht, die auf dem Friedhof der Melanchthonstadt an „Verdiente Bürger und Persönlichkeiten der Stadt“ erinnert.

Zu Ehrenbürgern können nur lebende Personen ernannt werden

Auf die Agenda gebracht hatte das Thema ein interfraktioneller Antrag der Grünen, der CDU, der Freien Wähler (FWV) und der SPD. Sie hatten die posthume Verleihung des Ehrenbürgerrechts an Wilhelm Gillardon II gefordert, was aber laut Gemeindeordnung nicht möglich ist. Zu Ehrenbürgern können nur lebende Personen ernannt werden.

Offen ablehnende Haltung gegenüber dem NS

Wilhelm Gillardon II (1890 bis 1953) – die Ziffer dient übrigens dazu, ihn von einem Namensvetter zu unterscheiden, der zu Lebzeiten die Bürgermedaille der Stadt erhalten hat – führte eine Bohrmaschinenfabrik und war unter anderem Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Bretten und Kreisbrandmeister. Er war als Gemeinderat und Kreisrat in der Kommunalpolitik aktiv und engagierte sich beim TV Bretten. Herausragend ist aber vor allem seine offen ablehnende Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus, wie sie sein Großneffe Wolfgang Müller in der Einwohnerfragestunde zu Beginn der Sitzung skizzierte: Gillardon II hat keine Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangenen in seiner Fabrik beschäftigt, was ihm wirtschaftliche Nachteile brachte.

Bretten vor Zerstörung bewahrt

Als 1938 die Synagoge in Bretten in der Reichspogromnacht angezündet wurde, hat er Löscharbeiten durchgeführt. Und vor allem hat er, obwohl man ihm die Erschießung angedroht hat, durchgesetzt, dass Bretten sich am Ende des Krieges kampflos den Alliierten übergeben hat, was ein weiteres Blutvergießen und auch die Zerstörung der Stadt verhindert hat. "Mehr Mut geht nicht", brachte es Müller auf den Punkt und dankte der Stadtverwaltung, dass sie mit der Gedenktafel ein wichtiges Zeichen "gegen das Vergessen und für den Mut" setze, "gerade in der heutigen Zeit, in der der Fremdenhass wieder aufkeimt."

"Demokratisches Fundament verteidigen"

Als Gillardon II starb, würdigte ihn die Stadt Bretten mit einem Ehrenbegräbnis. CDU-Sprecher Martin Knecht bedauerte, dass die Ehrenbürgerwürde nicht posthum verliehen werden könne, und forderte eine Änderung dieser Vorschrift, „denn der Zeitgeist verändert sich ebenso wie die politischen Schwerpunkte“. Gerade heute gelte es „öffentlich Flagge zu zeigen und unser demokratisches Fundament zu verteidigen gegen jegliche Art von Kriegshetze, gegen jegliche Art von menschenverachtender Propaganda, gegen jegliche Art von Unterdrückung.“ Otto Mansdörfer (Grüne) verwies darauf, dass die gerade zu Ende gegangene „geniale Ausstellung“ im Stadtmuseum Schweizer Hof „Bretten zwischen 1933 und 1945“ vielen Besuchern „die Augen geöffnet habe“. Aber man habe noch immer keinen Eindruck davon, wie lange nach dem Krieg die „Verstocktheit in den Köpfen“ angedauert hatte.

Autor:

Katrin Gerweck aus Bretten

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