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Expert*Innen zu: Welt-Schilddrüsen-Tag 2023
„Nicht jeder denkt bei seinen Beschwerden an eine Schilddrüsen-Erkrankung“

Die Schilddrüse steuert durch die Produktion und Abgabe von Hormonen wichtige Körperfunktionen. | Foto: shutterstock.com
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  • Die Schilddrüse steuert durch die Produktion und Abgabe von Hormonen wichtige Körperfunktionen.
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Mit der Produktion und Abgabe von Hormonen steuert die Schilddrüse wichtige Körperfunktionen. Eine Über- oder Unterfunktion des kleinen Organs kann eine Reihe möglicher Beeinträchtigungen nach sich ziehen – von Muskel- und Gelenkschmerzen über kognitive und seelische Auswirkungen bis zu einem erhöhten Risiko für Osteoporose und Schlaganfall. Wie man eine Schilddrüsenerkrankung erkennt, wie sie behandelt werden kann und wie man wirksam vorbeugen kann, dazu informierten Expertinnen und Experten in einer Sprechzeit der Schilddrüsen-Liga Deutschland e.V.. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Allgemeine Fragen

Bei welchen Anzeichen sollte man an eine mögliche Schilddrüsenerkrankung denken?
Dr. Sophie Huttmann: Eine Vielzahl früher Symptome kann auf eine Schilddrüsenerkrankung hinweisen, doch die Beschwerden sind häufig unspezifisch und können auch bei anderen gesundheitlichen Problemen auftreten. Typische Anzeichen für eine Überfunktion der Schilddrüse sind Herzklopfen und Herzrasen, erhöhter Blutdruck, Gewichtsverlust trotz Heißhunger, Durchfall oder häufiger Stuhlgang, Zittern, nervöse Unruhe, Gereiztheit, Schlaflosigkeit, übermäßiges Schwitzen und Haarausfall. Anzeichen einer Unterfunktion können Schwäche, Müdigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Depression, Gewichtszunahme, Kälteempfindlichkeit, verlangsamter Herzschlag, Verstopfung, trockene Haut, spröde Haare und brüchige Nägel sein. Zudem können Knoten oder eine Vergrößerung der Schilddrüse tast- oder sogar sichtbar werden. Insbesondere bei gleichzeitig bestehenden Schluckbeschwerden oder plötzlich auftretender Heiserkeit sollte dringend eine Abklärung der Schilddrüse erfolgen.

Welche Untersuchungen werden gemacht, um eine Schilddrüsenerkrankung zu diagnostizieren?
Prof. Michael Cordes: Zunächst wird die Krankengeschichte erhoben und eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Dabei kommt der Halsregion, in der sich die Schilddrüse befindet, eine besondere Bedeutung zu. Als apparative Untersuchung erfolgt in der Regel danach eine Sonographie (Ultraschalluntersuchung). In Abhängigkeit von den Ergebnissen der Sonographie kann eine Schilddrüsenszintigraphie erforderlich werden. Ergänzt werden diese Untersuchungen durch die Bestimmung der Schilddrüsenhormone und anderen Werten im Blut.

Ist die Untersuchung der Schilddrüse Teil der regelmäßigen Gesundheits-Checks beim Hausarzt?
Barbara Schulte: Nicht ausdrücklich, aber in der Hausarztpraxis kann der TSH-Wert bestimmt und eine Sonographie der Schilddrüse durchgeführt werden. Für eine vollständige Diagnostik reicht das allerdings nicht aus. Dazu empfiehlt sich die Überweisung zu einer nuklearmedizinischen oder endokrinologischen Praxis. Dort können sämtliche Untersuchungen zur Diagnostik durchgeführt oder veranlasst werden. So stellen Sie einen frühzeitigen Therapiebeginn sicher und verhindern spätere Komplikationen oder Begleiterkrankungen. Bei dringlichen Untersuchungen sollte Ihr Hausarzt/Ihre Hausärztin einen Termin vereinbaren, um längere Wartezeiten zu vermeiden.

Wer übernimmt die Kosten für eine Vorsorgeuntersuchung der Schilddrüse?
Barbara Schulte: Bei Verdacht auf eine Schilddrüsenerkrankung übernehmen alle Krankenkassen die Kosten für Untersuchungen, die zur Abklärung gemacht werden müssen.

Welche Rolle spielt die Ernährung?
Dr. Sophie Huttmann: Voraussetzung für die Produktion von Schilddrüsenhormonen und die Funktion der Schilddrüse ist eine ausreichende Versorgung mit bestimmten Nährstoffen, insbesondere den Spurenelementen Jod und Selen. Jod benötigt die Schilddrüse, um Schilddrüsenhormone zu produzieren. Ein Jodmangel kann zu Schilddrüsenunterfunktion und Schilddrüsenvergrößerung führen. Jodreiche Lebensmittel sind beispielsweise Meeresfische, Meeresfrüchte, Seetang, jodiertes Salz und einige jodhaltige Pflanzen. Selen ist für die Funktion der Schilddrüse und die Umwandlung von Schilddrüsenhormonen wichtig. Lebensmittel wie Paranüsse, Thunfisch, Leber, Eier und Hülsenfrüchte enthalten Selen. Grundsätzlich hilft eine ausgewogene Ernährung, Ihre Gesundheit aufrechtzuerhalten, einschließlich der Funktion der Schilddrüse. Eine spezifische "Schilddrüsendiät" oder Lebensmittel, die Schilddrüsenerkrankungen heilen oder verhindern können, gibt es jedoch nicht.

An wen wende ich mich, wenn ich weitere Informationen zum Thema Schilddrüse haben möchte?
Barbara Schulte: Die Schilddrüsen-Liga Deutschland e. V. stellt eine Reihe von Informationsmedien zum Thema Schilddrüse bereit, darunter auch zum Teil kostenlose Broschüren für verschiedene Zielgruppen, Schilddrüsenerkrankungen und Therapien. Ein guter Einstieg ins Thema ist der Aufklärungsfilm, der auch für Seh- und Hörbehinderte geeignet ist. Ein weiteres wichtiges Angebot sind die Selbsthilfegruppen, in denen Betroffene sich austauschen können und Unterstützung finden. Alle Informationen finden Sie unter www.schilddruesenliga.de.

Unterfunktion der Schilddrüse

Wie kommt es zu einer Unterfunktion der Schilddrüse?
Prof. Michael Cordes: Die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion im Erwachsenenalter stellt in Deutschland die Autoimmunthyreoiditis dar. Bei dieser Erkrankung kommt es im Rahmen eines chronisch entzündlichen Prozesses zu einer Zerstörung von Schilddrüsengewebe und damit zu einer verminderten Produktion von Schilddrüsenhormonen. Die Einnahme von bestimmten Medikamenten kann ebenfalls eine Unterfunktion der Schilddrüse bewirken. Bei der Schilddrüsenunterfunktion im Kindesalter stehen angeborene Störungen der Schilddrüsenhormonsynthese im Vordergrund.

Wie wird eine Schilddrüsenunterfunktion behandelt?
Dr. Sophie Huttmann: Eine Schilddrüsenunterfunktion wird in der Regel mit einer Hormonersatztherapie behandelt. Ihr Ziel ist es, den Hormonspiegel der Schilddrüse zu normalisieren und die Symptome zu lindern. Die am häufigsten verwendete Therapieoption ist die tägliche Einnahme des Schilddrüsenhormons Levothyroxin (L-Thyroxin). Es wird in der Regel einmal täglich auf nüchternen Magen eingenommen, vorzugsweise morgens. Die Einnahme anderer Medikamente oder Nahrungsmittel sollte mindestens 30 bis 60 Minuten danach erfolgen, da sie die Aufnahme von L-Thyroxin beeinträchtigen können.

Müssen Schilddrüsenmedikamente dauerhaft eingenommen werden?
Dr. Sophie Huttmann: In den meisten Fällen ist eine Schilddrüsenunterfunktion eine langfristige, oftmals lebenslange Erkrankung und erfordert deshalb die dauerhafte Einnahme einer Hormonersatztherapie. Die medikamentöse Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion mit Thyreostatika – Medikamenten, die den Schilddrüsenhormonspiegel senken – ist hingegen zeitlich auf mehrere Monate bis Jahre begrenzt.

Bei mir ist zwar der TSH-Wert erhöht, aber der Thyroxinspiegel ist bisher normal. Bringt eine Hormonbehandlung in diesem Fall etwas?
Prof. Michael Cordes: Zunächst sollte unbedingt eine Kontrolle dieses Wertes erfolgen, bevor therapeutische Konsequenzen gezogen werden. Der TSH-Wert weist zum Beispiel in Abhängigkeit von der Tageszeit deutliche Schwankungen auf. Auch die Einnahme bestimmter Medikamente kann zu einer TSH-Erhöhung führen. Zudem gibt es methodische Gründe, die den Wert verfälschen können. Ist ein erhöhter TSH-Wert gesichert, kann eine medikamentöse Behandlung versucht werden. Dabei sollte im Verlauf kontrolliert werden, ob sich die Symptome unter der medikamentösen Behandlung bessern. Ist dies nicht der Fall, kann die medikamentöse Behandlung beendet werden. Es gibt Patienten, die einen erhöhten TSH-Wert aufweisen, ohne dass dieser Erhöhung ein Krankheitswert zukommt. Die Abklärung kann im Einzelfall sehr schwierig sein.

Ich bin schwanger und meine Hausärztin schlägt eine Behandlung meiner latenten Schilddrüsenunterfunktion vor. Was soll ich tun?
Dr. Sophie Huttmann: Die Schilddrüsenfunktion der Mutter spielt in der Schwangerschaft eine entscheidende Rolle für die Entwicklung des kindlichen Gehirns und anderer Organe. Eine unbehandelte Schilddrüsenunterfunktion ist mit einem erhöhten Risiko von Schwangerschaftskomplikationen verbunden, abhängig vom Schwergrad der Funktionsstörung. Die Behandlung der latenten Schilddrüsenunterfunktion während der Schwangerschaft besteht in der Regel aus der Einnahme von L-Thyroxin. Dosierung und Überwachung erfolgen in Absprache mit der Hausärztin/dem Hausarzt oder fachärztlich in einer Praxis für Endokrinologie, Nuklearmedizin oder Gynäkologie.

Überfunktion der Schilddrüse

Was ist die Ursache für eine Schilddrüsenüberfunktion?
Prof. Michael Cordes: Die häufigsten Ursachen für eine Schilddrüsenüberfunktion sind der Morbus Basedow sowie die Schilddrüsenautonomie – auch autonomes Adenom oder „heißer Knoten“ genannt.

Kann die Hormonüberproduktion mit Tabletten gebremst werden?
Prof. Michael Cordes: Für die Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion gibt es die Medikamentengruppe der Thyreostatika. Diese Medikamente stehen als Tabletten zur Verfügung und werden einmal oder mehrmals täglich eingenommen. Die Dosierung dieser Medikamente wird durch die Analyse der Schilddrüsenhormone im Blut festgelegt. Die Thyreostatika sollten aufgrund ihrer Eigenschaften nicht länger als ein bis zwei Jahre eingenommen werden.

Wann kommt eine operative Entfernung der Schilddrüse infrage?
Dr. Sophie Huttmann: Häufige Gründe sind große Schilddrüsenknoten oder Schilddrüsenvergrößerungen, die Beschwerden verursachen, sowie der Verdacht auf Schilddrüsenkrebs oder eine Schilddrüsenüberfunktion, die mit Medikamenten oder einer Radiojodtherapie nicht erfolgreich zu behandeln ist. Die Entscheidung für eine operative Entfernung der Schilddrüse wird individuell getroffen und ist von verschiedenen Faktoren abhängig, einschließlich der Art der Erkrankung, des Stadiums, der Symptome, der Risiken und des Nutzens der Operation, sowie der individuellen Gesundheit des Patienten. Bei der Entscheidungsfindung stehen die Betroffenen in enger Abstimmung mit ihrem Spezialisten/ihrer Spezialistin für Schilddrüsenerkrankungen.

Und wann eine Radiojodtherapie?
Prof. Michael Cordes: Bei einer Schilddrüsenüberfunktion durch eine Schilddrüsenautonomie oder einen Morbus Basedow kann eine Radiojodtherapie indiziert sein. Im Hinblick auf die Beseitigung der Schilddrüsenüberfunktion sind die Schilddrüsenoperation und die Radiojodtherapie als gleichwertig zu betrachten. Die Entscheidung für eine Schilddrüsenoperation oder eine Radiojodtherapie wird in der Regel mit dem Patienten oder der Patientin zusammen getroffen. Während einer Schwangerschaft ist eine Radiojodtherapie selbstverständlich nicht möglich.

Es wird immer zur Verwendung von jodiertem Speisesalz geraten – aber was gilt bei einer Schilddrüsenüberfunktion?
Dr. Sophie Huttmann: Bei einer Schilddrüsenüberfunktion wird in der Regel empfohlen, die Jodzufuhr zu reduzieren. Dies gilt insbesondere für stark jodhaltige Medikamente wie Röntgenkontrastmittel. Die relativ geringe Jodzufuhr durch Verzehr von jodiertem Speisesalz ist weitestgehend unbedenklich.

Die Expertinnen und Experten am Lesertelefon waren:
Prof. Dr. med. Michael Cordes; Nuklearmediziner und Radiologe, Präsident des Wissenschaftlichen Beirats der Schilddrüsen-Liga Deutschland e.V.
Dr. med. Sophie Huttmann; Fachärztin für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie, Oberärztin an der Poliklinik für Endokrinologie, Diabetologie und Präventivmedizin, Uniklinik Köln
Barbara Schulte; Vorsitzende der Schilddrüsen-Liga Deutschland e.V., Bonn

Weitere Informationen unter:
• Schilddrüsen-Liga Deutschland e.V.
www.schilddruesenliga.de
• Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
www.gesundheitsinformation.de
• Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie
www.endokrinologie.net

Autor:

Kraichgau News Ratgeber aus Bretten

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