Ferienaktion der Brettener Woche: Vom Wasser zum Wein
Der Auftakt hatte das Zeug zu einem wahren Fiasko: Eine halbe Stunde vor Beginn der Ferienaktion „Wein erleben, wo er wächst“ ging ein kleiner Regensturm nieder. Und auch am Treffpunkt auf dem Wanderparkplatz am Wilfenberg drohten dunkle Wolken, ihre Wassermassen über den insgesamt 15 Leserinnen und Lesern von Brettener Woche und kraichgau.news auszuschütten. Doch dank der Umsicht und Flexibilität der Gastgeber wurde es ein ausgesprochen gelungener Nachmittag.
OBERDERDINGEN (ch) Der Auftakt hatte das Zeug zu einem wahren Fiasko: Eine halbe Stunde vor Beginn der Ferienaktion „Wein erleben, wo er wächst“ ging ein kleiner Regensturm nieder. Und auch am Treffpunkt auf dem Wanderparkplatz am Wilfenberg drohten dunkle Wolken, ihre Wassermassen über den insgesamt 15 Leserinnen und Lesern von Brettener Woche und kraichgau.news auszuschütten. Doch dank der Umsicht und Flexibilität der Gastgeber wurde es ein ausgesprochen gelungener Nachmittag.
Zuflucht vor dem Wasser von oben
Denn anstatt den „unterhaltsamen Spaziergang im Weinberg mit Weinprobe“, so der Untertitel der Ferienaktion, buchstäblich ins Wasser fallen zu lassen, entschied Gastgeberin Christine Link vom Weingut Hockenberg kurzerhand: „Wir fahren zu uns nach Flehingen.“ Wo sich dann tatsächlich viel Wasser von oben ergoss. Aber die muntere Besucherschar saß da schon wohlbehalten im Trockenen, sprich in der geräumigen Halle des Weinguts, und lauschte den kurzweiligen Ausführungen von Christine Links Ehemann Jens Maurer. Das junge Winzerpaar hat sich auf der Weinbauschule kennengelernt. Beide sind ausgebildete Weinbautechniker und haben 2013 nicht nur gemeinsam den landwirtschaftlichen Betrieb von Christine Links Eltern übernommen, sondern auch eine Familie mit inzwischen drei Kindern gegründet.
Wissbegierige Gäste
Doch es blieb nicht beim Vortrag des Gastgebers. Die Gäste zeigten sich äußerst wissbegierig und auch diskussionsfreudig, sodass sich an der von Christine Link liebevoll mit Blumen, verschiedenen Gläsern und kleinen Snacks gedeckten Tafel alsbald eine lebhafte Unterhaltung und Fachsimpelei entspann. Einige Teilnehmer entpuppten sich gar als ausgezeichnete Kenner der Materie. Neben Fragen nach den im Weingut hauptsächlich angebauten badischen und württembergischen Rebsorten, nach den Ansprüchen von Rot- und Weißweinen, dem Für und Wider des Ausbaus im Barrique, sprich Eichenfass, oder Prädikaten wie Kabinett und Spätlese kamen zum Beispiel auch Fragen nach dem persönlichen Werdegang zur Sprache – und wurden ebenso offen und freimütig beantwortet wie die Fachfragen.
Wie man vom Wasser zum Wein kommt
So berichtete Jens Maurer unter dem Motto „Wie man vom Wasser zum Wein kommt“, wie er als „Quereinsteiger“ aus dem württembergischen Dettenhausen, der zuvor Gas- und Wasser-Installateur gelernt hatte, erst über die Zuneigung zu einer anderen Winzertochter sein Faible für den Weinbau entdeckt habe. Vorteil: Seine heutige Kühlanlage mit Wärmepumpe konnte er selber anschließen. Zwar ging die erste Liaison zu Ende, aber der Weinbau blieb und mit ihm kam das neue Glück in Gestalt seiner heutigen Frau.
Schlotzen, nicht nur schlucken
Locker zwischen die schier unerschöpflichen Gästefragen eingestreut fand die angekündigte Weinprobe statt. Nach der Begrüßung mit einem fruchtig-frischen Secco Rosé kredenzte Christine Link zunächst einen 2016er Riesling trocken. Ihr Mann erläuterte die „Probierregeln“: Erst ins Glas schauen, dann riechen, im Fachjargon „erste Nase“, dann das Glas schwenken, erneut riechen oder „zweite Nase“ und erst danach einen Schluck nehmen. Den sollte man einen Moment im Mund behalten und schmecken, ehe man hinunterschluckt. „Halt schlotzen, wie man auf Schwäbisch sagt“, zwinkerte Maurer.
Liebliche Frauen, trockene Männer
Nebenbei erfuhren die Besucher unter anderem, dass dieses Jahr eine rekordverdächtig frühe Weinlese ansteht und dass der Rieslinganbau am meisten unter der immer öfter schon im Frühjahr auftretenden Hitze leidet. „Weil er kalte Nächte braucht“, so Maurer. Der zweite probierte Wein, ein 2016er Weißburgunder „Steillage“ trocken wurde aus der Runde mit einem „sehr gut“ bedacht. Während beim dritten, einem 2016er Muskateller, die Frage aufkam, ob das Klischee, dass Frauen eher liebliche, Männer eher trockene Weine bevorzugen, heute noch stimmt. „Es gibt auch viele süße Männer“, meinte Jens Maurer. Doch zumindest in dieser Runde war davon kaum etwas zu spüren, wie ein kurzer Stimmungstest ergab. Dafür zeigte die Gegenprobe: Vier der rund zehn anwesenden Frauen mögen auch trockene Weine.
Simply Red und „geil“
Auf den Tisch und in die Gläser kamen dann noch ein 2017er Saigner Rosé trocken, laut Hausherr ein „idealer Sommerwein“, der erst kürzlich „Weintipp des Monats“ in der Brettener Woche war, und zum Schluss ein 2016er Simply Red. Aus württembergischen und badischen Portugieser-Trauben halbtrocken ausgebaut und mit dem vielsagenden Zusatz versehen: samtig, beerig, geil. „Das hätten wir uns vor ein paar Jahren noch nicht getraut, aufs Etikett zu schreiben“, bekannte der Winzer und fügte hinzu: „Aber wir sind jung, wir machen das.“
„Kleines Weinseminar“
Nach gut dreieinhalb Stunden waren sowohl Gäste als auch Gastgeber voll des Lobes. „Ich habe selten bei einer Weinprobe so ein interessiertes Publikum mit so vielen Wortmeldungen erlebt“, fasste Jens Maurer zusammen. „Wir haben viel über Wein gelernt“, gab Jürgen Hofmann aus Zaisenhausen das Kompliment zurück, während Irmgard Dieter aus Bretten sich schon auf dem Weg zur „Weinexpertin“ fühlte. Ähnlich Dr. Günter Gauß aus Bretten, der von einem „sehr interessanten, kleinen Weinseminar“ sprach. Heide Konanz aus Bretten erinnerte noch einmal an den Beginn des beinahe ins Wasser gefallenen Wein-Nachmittags: „Dass Sie uns so spontan Gastfreundschaft gewährt haben, war ganz großartig.“
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Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
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