Noch immer gibt es Beschwerden über Unpünktlichkeiten und Zugausfälle bei Abellio
„Ein untragbarer Zustand“
Gondelsheim (bea) Zugverspätungen und Zugausfälle sind in Gondelsheim seit über einem Jahr nichts neues mehr. Auch mit Beschwerden darüber hat Bürgermeister Markus Rupp regelmäßig zu kämpfen. „Die Zahl der Beschwerden ist hoch, viel zu hoch“, wird Rupp in einer Mitteilung deutlich.
In Bretten liegen keine Beschwerden vor
Schüler kämen zu spät in die Schule, Senioren verpassten wichtige Arzttermine und Arbeitnehmer könnten ihren Berufsalltag nicht mehr planen, lauteten die Beschwerden, die bei ihm eingingen. Im Gegensatz zu seinem Kollegen aus Gondelsheim reagiert Oberbürgermeister Martin Wolff entspannt auf das Thema Abellio. "Bei uns liegen bislang keine Beschwerden vor", sagt das Stadtoberhaupt. Beim Landtagsabgeordneten Joachim Kößler (CDU) sind dagegen einige Beschwerden aufgelaufen. In mehreren E-Mails beklagten sich Eltern darüber, dass sie ihre Kinder in die Schule fahren müssten, da der Zug nicht gekommen sei, auch bei Prüfungen, so Kößler. Vergangenen Montag habe er sich an das Verkehrsministerium gewandt und Ministerialdirektor Uwe Lahl angeschrieben. Da er noch keine Antwort erhalten habe, will Kößler erneut intervenieren.
Ein untragbarer Zustand
„Ich denke, das ist ein untragbarer Zustand“, so der Landtagsabgeordnete gegenüber der Brettener Woche. Die ständigen Verspätungen lägen an vielen Dingen wie Personalausfällen, einer unguten Koordination und der Neufahrzeugbestellung bei Bombardier. Doch insbesondere letzteres sei die Sache von Abellio und nicht des Landes Baden-Württemberg. Das Verkehrsministerium müsse nun alle Möglichkeiten, die die Verträge hergäben, ausloten, konsequent vorgehen und Abellio dazu zwingen, die Verträge einzuhalten. Bedingungen müssten gesetzt und kontrolliert werden. Falls Abellio kein „befriedigendes Szenario“ darstellen könnte, sollte der Betreiber gewechselt werden, so Kößler. Dies müsse jedoch rechtzeitig mit einem realistischen Umstiegsszenario vorbereitet werden. Schnellschüsse seien dabei nicht zielführend. Diese führten meist von einem Dilemma in das andere.
Lieferverzug, Fehleranfälligkeit und Verkehrsaufkommen
Auf die Beschwerde von Bürgermeister Rupp angesprochen, übersandte Abellio der Brettener Woche/kraichgau.news eine Rückmeldung zur „aktuellen betrieblichen Lage zwischen Bruchsal und Mühlacker, die wir so bereits an den Herrn Bürgermeister kommuniziert haben“. Darin nennt die Firma verschiedene Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sei. So befinde sich der Fahrzeughersteller Bombardier weiterhin im Verzug mit der Lieferung der Neufahrzeuge. Zudem fehle die Zulassung der Fahrzeuge in Mehrfach- und Mischtraktion, weshalb die Bestandsflotte nicht wie geplant eingesetzt werden könne. Hinzu komme eine hohe Fehleranfälligkeit der Neufahrzeuge, die wiederholt für betriebliche Störungen sorge. Das Trennen der Fahrzeuge in Mühlacker bereite zudem aufgrund einer unfertigen Fahrzeugsoftware noch Mühe. „Zu schaffen machte uns in den vergangenen Wochen jedoch in erster Linie das hohe Verkehrsaufkommen zwischen Mannheim und Stuttgart Hbf“, so Abellio. Zwar sei die Sperrung der Schnellfahrstrecke (SFS) Stuttgart - Mannheim seit 1. November aufgehoben, dennoch sei auf diesem Ast der Verkehr so dicht, dass kleinste Unregelmäßigkeiten Folgen für den Betriebsablauf hätten. So würde die Regionalbahn bei Verzögerungen häufig „an die Seite gestellt", um schnellere Züge passieren zu lassen. Daraus folgten hohe Verspätungen oder die Wendung eines Zuges, um den weiteren Betriebsablauf zu stabilisieren.
Pünktlichkeitswert bei 85 Prozent
In den zurückliegenden Tagen sei es „leider in der Tat zu einigen Ausfällen und hohen Verspätungen“ im Schülerverkehr gekommen. Neben den genannten Gründen, wirke sich ein Detail des Fahrplankonzeptes auf der Strecke Bruchsal-Bretten nachteilig auf die Schülerverbindungen aus: Um die hier geforderten stündlichen Pendelverkehre erbringen zu können, verblieben nur recht knappe Wendezeiten zwischen den einzelnen Fahrten. Komme es bei einer Fahrt zu Verzögerungen oder Ausfällen, so habe dies unmittelbare Auswirkungen auf die nachfolgenden Schülerzüge. Dennoch habe man „auch einige Fortschritte auf den Linien RE/RE 17 a/b/c“ erzielen und den Pünktlichkeitswert seit Wiederinbetriebnahme der SFS auf 85 Prozent anheben können. Gleichzeitig sei die Ausfallquote merklich gesunken. „In der Regel kommt es zu null bis zwei Ausfällen am Tag. Wir arbeiten kontinuierlich daran, weitere Verbesserungen zu erzielen“, heißt es von Abellio.
Fokus von Bombardier liegt auf Fahrplanwechsel
Die mehrfachen Verzögerungen in der Auslieferung der Züge bedauert Francois Muller von Bombardier Transportation. „Die umfangreiche Fahrzeugsoftware und der anspruchsvolle Zulassungsprozess waren dabei zentrale Faktoren." Mittlerweile habe der größte Teil der Verzögerung aufgeholt werden können, auch dank zusätzlicher Produktionskapazitäten am Standort Bautzen. "Unser Fokus liegt nun voll auf dem Fahrplanwechsel am 13. Dezember. Hierbei unterstützen wir unseren Kunden Abellio mit einem Expertenstab, der sich seit dem betrieblichen Start der von uns gelieferten Fahrzeuge vor Ort befindet“, so Muller.
Autor:Beatrix Drescher aus Bretten |
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