Besonders Kinder sind derzeit stark betroffen
"Infekt-Welle ist in vollem Gange"
Enzkreis (kn) "Die Infekt-Welle ist in vollem Gange und die Kinder sind stark betroffen", berichtet Dr. Brigitte Joggerst, Leiterin des Gesundheitsamts Enzkreis, das auch für den Bereich der Stadt Pforzheim zuständig ist. "Die Praxen sind voll, bei einigen gibt es sogar Warteschlagen – das ist ungewöhnlich früh in der Saison und ungewöhnlich heftig", sagt die Ärztin. Zusammen mit Kinderärzten aus der Region gibt sie Informationen zu den Hintergründen und Tipps für den Umgang mit einer Infektion.
Woran liegt es, dass die Welle so früh und heftig ist?
"Durch die Schutzmaßnahmen gegen Corona wie das Vermeiden von großen Treffen, Maskentragen und Selbstisolation bei Krankheitsanzeichen sind auch andere Erkältungsviren ausgebremst worden", so Joggerst: "Es waren in den letzten beiden Jahren praktisch keine Erreger unterwegs; unser Immunsystem konnte folglich kaum trainieren und ist jetzt außer Übung." Es gebe auch Überlegungen, dass Corona-Infekte die Empfindlichkeit gegenüber anderen Erkältungsviren gesteigert haben könnten. Aktuell ist laut einer Erhebung des Landesgesundheitsamts die echte Influenza-Grippe der Spitzenreiter der Erreger in Baden-Württemberg, danach kommen Rhinoviren und RS-Viren.
Was ist die Auswirkung?
Insbesondere Kinderarztpraxen, die Kinder-Notdienste und die Kinderklink sind wie überall im Land extrem belastet. Lange Wartezeiten, teils sogar im Freien, und erschöpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die Folge, sagt das Gesundheitsamt.
Was kann man tun?
"Nicht jedes kranke Kind muss zum Kinderarzt – zumal das Risiko, sich dort noch einen weiteren Infekt einzufangen, recht hoch ist," meint die Pforzheimer Kinderärztin Dr. Monika Riexinger. Wichtig seien Ruhe, Schlaf und viel trinken, "am besten ungesüßte oder nur leicht gesüßte Tees; Honig wirkt dabei recht gut, um den Husten abzumildern."
Wann soll ich mit meinem Kind zum Arzt?
Es gebe Krankheitszeichen, bei deren Auftreten rasch ein Arzt aufgesucht werden muss, erklärt Monika Riexinger: "Wenn Ihr Kind nicht trinkt, wenn es Atemnot hat, wenn es apathisch ist und keinen Kontakt mehr zu Ihnen aufnimmt, wenn der Nacken so steif ist, dass das Kind seinen Bauchnabel nicht mehr anschauen kann, wenn es einen kräftig roten oder violetten Ausschlag hat oder wenn der Urin stinkt oder es gar nicht mehr Wasserlassen kann, sind das Zeichen, dass eine bedrohliche Erkrankung bestehen kann." Hohes Fieber allein sei hingegen noch kein Grund, zum Arzt zu gehen, so die Einschätzung von Kinderarzt Dr. Bernhard Fehling: "Vier bis fünf Tage Fieber bis 40 Grad sind gerade bei der echten Grippe gar nicht selten", berichtet er aus der Praxis. Außer fiebersenkenden Mitteln und Schleimlösern, die beim Abhusten helfen sollen, gebe es ohnehin wenig medikamentöse Möglichkeiten.
Hilft das Impfen?
Auch wenn die Welle bereits rollt, empfiehlt das Gesundheitsamt die Grippeschutzimpfung: Wer sich jetzt schnell impfen lasse, baue den Impfschutz noch rechtzeitig auf. "Dieses Jahr wirkt der Influenza-Impfstoff besonders gut, weil die jährliche Anpassung an die kursierenden Viren gut gelungen ist", betont Brigitte Joggerst. Die Impfung wird in Baden-Württemberg für alle Altersgruppen empfohlen. Sie erfolgt in der Regel beim Hausarzt; auch einige Apotheken bieten sie an. Die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen. Nach den aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) kann die Grippeschutzimpfung gleichzeitig mit der Impfung gegen Pneumokokken und mit verschiedenen Covid-19-Impfstoffen verabreicht werden. Für Kinder mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens empfiehlt die STIKO die Impfung gegen Influenza ab einem Alter von sechs Monaten. Neben dem Tot- ist auch ein Lebendimpfstoff verfügbar, der über die Nase gegeben wird und im Alter von zwei bis einschließlich 17 Jahren angewandt werden kann.
Knappe Arzneimittel gegen Fieber, was tun?
Einige Medikamente seien inzwischen knapp und nicht ohne weiteres zu bekommen, berichtet Gesundheitsamtschefin Joggerst: "Hier können die Kinderärzte aber auch nicht helfen, denn sie haben keine größeren Vorräte." Alternativ zum Fiebersaft empfiehlt die Ärztin, auf Zäpfchen oder Tabletten auszuweichen. Auch Paracetamol wirke gegen Fieber und sei gut erhältlich. Wenn das Kind mehr als 20 Kilo wiege, könne man auch eine halbe Erwachsenendosis Ibuprofen geben: "Einfach eine 400 Milligramm-Tablette halbieren." Außerdem gebe es noch die Wadenwickel, die helfen, das hohe Fieber zu senken.
Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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