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Expert*Innen informierten zu: Unkrautbekämpfung
„Unkrautentfernung geht auch ohne Glyphosat“

Mit natürlichen Mitteln lässt sich auch lästiges Grün in den Fugen von Gehwegen und gepflasterten Flächen beseitigen.  | Foto: Neudorff
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  • Mit natürlichen Mitteln lässt sich auch lästiges Grün in den Fugen von Gehwegen und gepflasterten Flächen beseitigen.
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Zwischen Artenvielfalt und lästigem Grünzeug – Gartenprofis gaben Tipps

„Kann das stehenbleiben oder muss das weg?“ Die Ansichten darüber, welche Pflanzen im Garten als Unkraut zählen und welche man als Wildkräuter zu Gunsten der Artenvielfalt dulden kann, haben sich in den letzten Jahren deutlich verschoben. Schließlich hat jede Pflanze einen ökologischen Wert und Nutzen. Doch es gibt Arten, denen man den Garten nicht einfach überlassen sollte, darunter so hartnäckige Wurzelunkräuter wie Giersch, Hahnenfuß, Quecke, Ackerwinde oder Ackerschachtelhalm. Welche Wildkräuter eine Bereicherung für den Garten sein können und wie man gegen unliebsame Arten vorgeht, dazu informierten Gartenprofis in der Sprechzeit.

Warum soll man Unkraut überhaupt entfernen?
Gabriele Rautgundis Richter: Kulturpflanzen wie Salat, Gemüse oder Kräuter benötigen passende Wachstumsbedingungen, darunter Wasser, Nährstoffe, ausreichend viel Platz und Licht. Da Wildkräuter oft sehr wuchsstark sind, treten sie in Konkurrenz zu den Kulturpflanzen. Im Extremfall fällt die Ernte dann nur klein oder sogar vollständig aus. Andererseits begrünen auch Wildkräuter den Boden, halten ihn feucht und verhindern Erosion. Sie sind Nahrungsquellen für heimische Insekten und ein bedeutsamer Baustein in der Nahrungskette anderer Tiere. Zudem können sie in der Küche oder zu Heilzwecken verwendet werden. Es gilt also, eine Abwägung zwischen Nutzen und Risiko zu treffen.

Welche Wildkräuter sollte ich als Nahrungsquelle für Insekten stehen lassen?
Ingo Schlieder: Eine ganze Reihe von Wildkräutern sind eine wichtige Nahrungsquelle für Honigbienen, Wildbienen, Schmetterlinge und Schwebfliegen. Günsel und Gänseblümchen beispielsweise blühen früh im Jahr und sollten möglichst geschont werden. Auch der mitunter lästige Klee im Rasen ist eine wichtige Futterpflanze für Hummeln und Bienen. In diese Kategorie fällt auch die ungeliebte Brennnessel, eine wichtige Nahrungsquelle für viele Schmetterlingsarten.

Und welche Arten von Unkraut sollten unbedingt entfernt werden?
Ingo Schlieder: Unkräuter, die später schwer zu beseitigen sind, sollten schon als junge Pflanzen aus den Beeten entfernt werden. Dazu zählen Habichtskraut, Giersch und Schachtelhalm sowie Ackerwinde. Im Rasen sind es Löwenzahn und Hahnenfuß, die man in Schach halten sollte. Auch wenn der Löwenzahn mit seiner Blüte einen Insektenmagneten darstellt, so verbreitet er sich durch seinen Samenflug rasant. Ein guter Kompromiss im Sinne der Insekten: den Löwenzahn direkt nach der Blüte abzumähen, damit er sich nicht weiter ausbreiten kann.

Was hilft gegen Wurzelunkräuter wie den Giersch?
Gabriele Rautgundis Richter: Geduld und Hartnäckigkeit. Da Wurzelunkräuter wie Giersch auch aus kleineren Wurzelstücken rasch wieder austreiben können, müssen Sie beim Jäten möglichst viele Wurzeln entfernen. Beginnen Sie damit im Frühling, sobald der Giersch ausgetrieben hat, und machen Sie einmal pro Monat einen weiteren Jäte-Durchgang. Stark verkrautete Flächen können Sie mit dem Spaten umgraben und dann alle Wurzelreste entfernen. Größere Flächen lassen sich mit einer schwarzen, komposttierbaren Folie abdecken. Die Pflanzen treiben darunter zwar aus, es findet aber keine Photosynthese statt, und sie sterben ab. Lassen Sie die Folie mindestens vom Frühling bis zum Herbst liegen. Kontrollieren Sie dann, ob doch noch frische Austriebe zu sehen sind.

Welches Werkzeug hilft bei der Unkrautbeseitigung?
Ingo Schlieder: Um Unkräuter mit langen Wurzeln gründlich zu entfernen, gibt es Unkrautstecher, die bis an die Wurzelspitze heranreichen und Unkräuter wie Löwenzahn schonend aber gründlich entfernen. Im Handel sind Geräte erhältlich, die das ohne lästiges Bücken ermöglichen. Sie können aber auch ein ausgedientes Brotmesser verwenden. Unkräuter mit feinen, langen Wurzeln wie Giersch und Ackerwinde können besser mit einer Grabegabel gejätet werden. Der Einsatz eines Spatens birgt hier die Gefahr, dass man die Wurzeln nur zerteilt und das Unkraut dadurch eher vermehrt als beseitigt.

Worauf sollte ich bei der Auswahl von Unkrautbekämpfungsmitteln achten?
Ingo Schlieder: Es gibt nur wenige für den Hausgarten zugelassene Herbizide, darunter auch weiterhin Glyphosat-haltige Mittel. Aber es geht auch ohne Glyphosat. Schonender und deutlich umweltverträglicher sind Mittel auf Basis von Pelargonsäure, einer Fettsäure, die in der Natur vorkommt und die kaum Auswirkungen auf den Boden hat. Mittel wie Finalsan Plus kombinieren Pelargonsäure mit einem Wachstumsregulator, der in die Wurzel transportiert wird und dort den Neuaustrieb hemmt. Dadurch werden auch hartnäckigere Wurzelunkräuter bekämpft. Pelargonsäure ist gegenüber Glyphosat übrigens nicht nur umweltschonender, sondern es wirkt auch schneller.

Was sollte ich bei der Anwendung umweltfreundlicher Unkrautmittel beachten?
Sabine Klingelhöfer: Die Unkräuter sollten zur Behandlung trocken sein, die Temperatur mindestens 10 Grad betragen. Wichtig ist, dass die Unkräuter tropfnass gespritzt werden. Nach der Behandlung sollte es acht Stunden nicht regnen. Für eine gute Wirkung sollten die Unkräuter fünf bis zehn Zentimeter, Wurzelunkräuter wie Giersch zehn bis fünfzehn Zentimeter hoch sein, damit sie genügend Wirkstoff aufnehmen können.

Können Haustiere die behandelten Flächen gefahrlos betreten?
Sabine Klingelhöfer: Unkrautmittel mit dem Wirkstoff Pelargonsäure sind schonend für Haustiere, Bienen und Igel. Sobald der Spritzbelag angetrocknet ist, können die Tiere die Flächen wieder betreten.

Wie schnell nach der Anwendung kann ich die Flächen wieder bearbeiten, aussäen etc.?
Sabine Klingelhöfer: Bei Mitteln mit dem Wirkstoff Pelargonsäure ist es schon nach zwei Tagen möglich, die Flächen wieder zu bearbeiten. Das gilt sowohl für das Aussäen als auch das Auspflanzen.

Kann ich entfernte Unkräuter auf den Kompost geben?
Gabriele Rautgundis Richter: Wurzelunkräuter wie Giersch, Quecke oder Schachtelhalm sollten Sie auf keinen Fall auf den Kompost geben, sondern in der Biotonne entsorgen. Sie würden sonst mit der Komposterde die Wurzelunkräuter weiter verbreiten. Auch Unkräuter, die bereits Samen gebildet haben, geben Sie besser nicht auf den Kompost. Die Samen bleiben ebenfalls bei der Hauskompostierung lebensfähig. Junge Unkräuter ohne Samen wie etwa Vogelmiere oder Weidenröschen können Sie hingegen bedenkenlos auf den Kompost geben.

Wie kann ich Unkraut vorbeugen?
Gabriele Rautgundis Richter: Unerwünschte Wildkräuter sollten Sie vor allem möglichst frühzeitig und regelmäßig entfernen. Bei Samenunkräutern bildet eine einzige Pflanze oft hunderte Samen. Hier gilt es, schneller zu sein, also möglichst oft eine „Unkraut-Runde“ im Garten zu drehen. Unter Gehölzen können Sie durch Mulchen verhindern, dass Wildkräuter keimen. Verwenden Sie hierzu am besten Rindenmulch. Viele Stauden und Zwiebelblumen mögen allerdings keinen Mulch und reagieren darauf mit schlechterem Wachstum. Manche Flächen lassen sich gut mit Bodendeckern begrünen. Unter ihrem dichten Dach haben es Wildkräuter schwerer zu keimen. Gut geeignet sind etwa der Ungarwurz (Waldsteinia ternata) und der Balkan-Storchschnabel (Geranium macrorrhizum) mit vielen schönen Sorten.

Das Jäten, Harken und Bücken fällt mir immer schwerer. Was kann ich tun, um Unkraut weniger arbeitsintensiv zu entfernen?
Gabriele Rautgundis Richter: Ein guter Tipp zum altersgerechten Gärtnern sind Hochbeete. Hier können Sie alle Arbeiten rückenschonend in einer komfortablen Arbeitshöhe durchführen. Da Hochbeete meist mit zugekauften Substraten befüllt werden, haben Sie auch keine Probleme mit Wurzelunkräutern. Und ein weiterer großer Vorteil: Die Schnecken gelangen nicht so leicht an den Salat.

Welche Mittel sind auf gepflasterten Wegen und Einfahrten erlaubt?
Sabine Klingelhöfer: Herbizide, auch wenn sie natürliche Inhaltsstoffe enthalten, dürfen grundsätzlich nicht auf gepflasterten Flächen eingesetzt werden, weil die Gefahr des Abspülens in die Kanalisation besteht. Einzige Ausnahme sind so genannte Grundstoffe. Biokraft Grundstoff Essig beispielsweise darf auf diesen Flächen ausgebracht werden.

Die Expertinnen und Experten in der Sprechzeit waren:
Sabine Klingelhöfer; Gartenbauingenieurin, W. Neudorff GmbH KG, Emmerthal
Gabriele Rautgundis Richter; Dipl.-Ing. agr. (Gartenbau), freiberufliche Gartenbuch-Autorin, Fachredakteurin der Verbandszeitschrift „Gartenfreund“ für das Kleingartenwesen
Ingo Schlieder; Gärtnermeister Fachrichtung Baumschule und selbstständiger „Gartendoktor“, Mettmann

Mehr zum Thema:
• www.gartenfreunde.de – Informationsportal für Stadt- und Kleingärtner
• www.neudorff.de – Expertentipps, Pflanzendoktor, Garten-Kalender

Autor:

Kraichgau News Ratgeber aus Bretten

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