Polizeirevier Bretten gibt Verhaltenstipps bei „falschen Polizeibeamten“
„Ältere Menschen zu betrügen, gehört zu den niedersten Verhaltensweisen unserer Gesellschaft“
Bretten (hk) „Guten Tag, mein Name ist Kommissar Eichmann. Ein Einbrecher ist in Ihrer Nachbarschaft unterwegs. Ein Polizist in Zivil wird vorbeikommen, um Ihr Geld und Ihre Wertsachen in Sicherheit zu bringen…“. Ein anderes Mal erklingt ein „Rate mal wer da spricht“ aus dem Telefon. Geduldig wartet der Anrufer, bis der Angerufene ihm einen Namen verrät. „Ralf, bist du es?“ Die Falle des Betrügers schnappt zu. Betrüger geben sich in der Region am Telefon wieder vermehrt als Polizisten, Staatsanwälte und andere Amtspersonen oder als Familienmitglieder aus. Durch geschickte Gesprächsführung erscheinen sie glaubwürdig und bringen auf diese Weise, vorwiegend ältere Menschen, zur Herausgabe ihrer Wertsachen.
„Ähnlich wie beim ‚Enkeltrick‘ eine weit verbreitete Betrugsmasche“
Im Moment sei wieder eine hohe Steigerung der Fallzahlen festzustellen, wie Leiter des Polizeireviers Bretten, Bernhard Brenner auf Anfrage von kraichgau.news/Brettener Woche mitteilt. „Das Phänomen ‚Falscher Polizeibeamter‘ stellt, ähnlich wie beim ‚Enkeltrick', derzeit eine weit verbreitete Betrugsmasche dar“, so der Polizeioberrat. Die Angriffe richten sich vor allem gegen ältere Menschen. „Die Opfer werden aufgrund ihrer älter klingenden Vornamen aus den Telefonverzeichnissen ausgesucht“, vermutet Brenner. Auch auf die Konten und Bankdepots ihrer Opfer hätten es die Betrüger abgesehen: „Unter dem Hinweis, die Bankmitarbeiter seien korrupt, oder steckten mit den angeblichen Einbrechern unter einer Decke, sollen die Angerufenen ihr gesamtes Vermögen von der Bank nach Hause holen und einem Unbekannten, der sich als Polizist ausgibt, übergeben, um es in Sicherheit zu bringen“, erklärt Brenner. Weil viele Opfer aus Scham gar keine Anzeige bei der Polizei aufgeben, sei die Dunkelziffer dieser Fallart sehr hoch.
„Gehen vollkommen skrupellos und erfindungsreich vor“
Laut Brenner, melden sich die Täter unter Umständen immer wieder bei ihren Opfern und setzen diese unter Druck – bis sie unter Stress nicht mehr klar denken können. „Dabei gehen sie vollkommen skrupellos und erfindungsreich vor, je nachdem, wie ihre Opfer reagieren“, erzählt Brenner. So würden sie sich beispielsweise erkundigen, ob das Opfer alleine zuhause ist und fordern es dazu auf, nur noch mit dem Handy zu telefonieren. Dies geschehe, damit weder Angehörige noch die richtige Polizei benachrichtigt werden könnten, so Brenner. Die Telefonate könnten so lange dauern, bis ein Opfer zur Bank geht und Geld sowie Wertgegenstände an die Täter übergibt. Reagiert ein Opfer misstrauisch, werde es eingeschüchtert, unter anderem mit dem Hinweis, es behindere eine polizeiliche „Aktion“, wenn es nicht mitmache oder es sei zur Mithilfe verpflichtet, um die „Täter“ festzusetzen. „So gaben sich die Betrüger auch schon als Mitarbeiter des Bundeskriminalamts in ‚hochgeheimer Mission‘ aus“, erzählt Brenner.
„Die Polizei ruft niemals unter der Notrufnummer bei an“
Zur Tarnung wenden die Betrüger ein ausgeklügeltes System an, das „bei einem Anruf auf der Nummernanzeige ihrer Opfer die Notrufnummer 110, die Rufnummer der örtlichen Polizeidienststelle oder des Bundeskriminalamts (BKA) erscheinen lässt“, weiß Brenner. Dabei sei das schon der erste Hinweis, dass etwas nicht stimme: „Denn die Polizei ruft niemals unter der Notrufnummer bei Ihnen an. Zudem fragen echte Polizeibeamte niemals nach Bargeld oder Schmuck und außerdem verwahren echte Polizeibeamte niemals Geld oder Wertgegenstände“, warnt der Polizeioberrat. Einen engen Kontakt pflegt das Polizeirevier mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bank. Diese seien über die Betrugsmaschen informiert und angehalten, bei verdächtigen Abhebevorgängen gezielt nachzufragen. "Außerdem informiert die Bank im Zweifel selbstständig die Polizei, was auch schon mehrmals sehr gut funktioniert hat“, sagt Brenner. Nicht nur Einzelpersonen können für die Betrugsfälle zur Verantwortung gezogen werden. „Es gibt Erkenntnisse, dass es sich bei den Tätern um Bandenmitglieder handelt, die über sogenannte ‚Call-Center‘ aus dem Ausland anrufen“, so Brenner. „Ältere und gutgläubige Menschen zu betrügen oder zu verletzen gehört für mich mit zu den niedersten Verhaltensweisen unserer modernen Gesellschaft.“
Verhaltenstipps des Polizeireviers Bretten:
- Sprechen Sie mit Ihren Eltern/Großeltern über die Vorgehensweisen der Betrüger und empfehlen Sie Ihnen, nichts ohne Rücksprache zu veranlassen.
- Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen und lassen Sie sich alle Zeit der Welt: Legen Sie sofort den Hörer auf, wenn Ihnen etwas merkwürdig erscheint. Sie haben keinerlei Sanktionen zu befürchten.
- Sprechen Sie am Telefon nie über Ihre persönlichen und finanziellen Verhältnisse.
- Übergeben Sie niemals Geld oder Wertgegenstände an unbekannte Personen.
- Wenn Sie unsicher sind: Rufen Sie die Polizei an. Nutzen Sie hierfür nicht die Rückruftaste und bitten Sie Ihre Kinder oder gute Freunde um Unterstützung.
- Eine sehr gute Möglichkeit ist auch, seinen Vornamen aus dem Telefonbuch oder den Telefonverzeichnissen durch Abkürzungen ersetzen zu lassen oder einer Veröffentlichung komplett zu widersprechen.
Autor:Havva Keskin aus Bretten |
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