Verein für Stadt- und Regionalgeschichte Bretten
Ein Verein schreibt Geschichte

Der Verein für Stadt- und Regionalgeschichte hat die Bibliothek der "Lesegesellschaft Eintracht" aus Bretten, hier auf einem Foto von ca. 1929, im Keller des Amtsgerichts wiederentdeckt. | Foto: Stadtarchiv Bretten
  • Der Verein für Stadt- und Regionalgeschichte hat die Bibliothek der "Lesegesellschaft Eintracht" aus Bretten, hier auf einem Foto von ca. 1929, im Keller des Amtsgerichts wiederentdeckt.
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Bretten (ger/WS) Seit drei Jahren ist der Verein für Stadt- und Regionalgeschichte unter neuer Vorstandschaft dabei, das Vereinsleben zu reaktivieren. Lesungen, Exkursionen und Workshops fanden wieder statt, pandemiebedingt leider nicht in geplantem Maße, aber eben so gut wie möglich. Anlässlich des 100-jährigen Bestehens von Geschichtsvereinen in der Melanchthonstadt lud der Verein vergangenen November ins Brettener Kinostar, wo unter anderem ein Film von 1967, der zum 1200-jährigen Jubiläum der Stadt entstanden war, gezeigt wurde.

Kulturellen Schatz gehoben

Der Höhepunkt des jüngsten Vereinsschaffens war für Vorstand Wolfgang Stoll die Entdeckung der Bibliothek der Brettener Lesegesellschaft „Eintracht“, die in den einst als Gefängnis genutzten Zellen des Amtsgerichts die Zeiten überdauert hatte. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts hatten sich in vielen deutschen Städten Lesegesellschaften gebildet, in denen sich die gebildeten und politisch aktiven Eliten zu literarischem wie politischem Meinungsaustausch versammelten. Die rund 2.000 Bände an Büchern Zeitschriften und Magazinen, die die Brettener Gesellschaft – über deren Existenz zuvor auch nichts bekannt war – während ihres Bestehens von 1852 bis 1940 zusammengestellt hatten, stellen einen wahren kulturellen Schatz dar, gibt es doch keine vergleichbare erhaltene Bibliothek einer Lesegesellschaft in Baden. Sie wurde mit Hilfe des Stadtarchivs geborgen und in die Badische Landesbibliothek nach Karlsruhe transferiert, wo sie nun digitalisiert wird.

Jahrbuch mit interessanten Artikeln zur Brettener Geschichte

Ein Verein, der sich mit Geschichte beschäftigt und dabei auf eine 100-jährige Tradition zurückschauen kann, hat einiges an Erlebtem und Wissen aus der Vergangenheit zu erzählen. Als unschätzbarer Fundus stehen dem Verein für Stadt- und Regionalgeschichte viele Publikationen seiner Mitglieder zur Brettener Geschichte zur Verfügung. Vor allem die Zeitungsbeilage „Der Pfeiferturm“ sowie insgesamt elf Jahrbücher haben bis heute ihre Bedeutung als wichtige Nachschlagewerke erhalten.
Die durch Corona ausgefallenen oder eingeschränkten Aktivitäten nutzte der Verein unter der Federführung von Stoll, fundiert und kenntnisreich unterstützt vom stellvertretenden Vorsitzenden Holger Jörg, unter anderem dazu, die Reihe der beliebten Jahrbücher um einen neuen Band zu erweitern. 2008 war der bisher letzte Band erschienen. Das Format und die Gestaltung werden sich ändern, der Band, rund 300 Seiten stark, soll attraktiv und ansprechend gestaltet sein, versprechen die Verantwortlichen. Zahlreiche Brettener Autoren und Autorinnen präsentieren ein breites Themenfeld, das nicht nur eine zeitlich lange Periode betrachtet, sondern auch tiefe und interessante Einblicke in sehr frühe wie auch neuzeitliche Geschichte ermöglichen.
So wird es beispielsweise um neue Erkenntnisse über die Entstehung Brettens gehen. Wie es Bretten im Bauernkrieg und im 30-jährigen Krieg ergangen ist, die Entstehung der Stadtbahn sowie die Kirchengeschichte Dürrenbüchigs sind weitere Themen. Besonders spannend liest sich der Aufsatz „Wie ein spätgotisches Kruzifix im 17. Jahrhundert auf Weltreise ging“. Darin beschreibt der Mediävist Christopher Retsch, wie im Bildersturm der Reformation ein Kruzifix aus der Stiftskirche schließlich im spanischen Toledo landet und dort als Monstranz für hohe kirchliche Feierlichkeiten eingesetzt wird. Mit einem schwarzen Kapitel der deutschen Geschichte beschäftigt sich Heidemarie Leins in ihrem Artikel über die Deportation der Juden nach Gurs. Im Detail geht sie darin auf die bekannte Brettener Familie Koppel ein und stellt vor, was mit den Familienmitgliedern im Zuge der grausamen Verfolgungen des Dritten Reiches geschehen ist.
Wenn alles reibungslos klappt, so Wolfgang Stoll, steht der Band zur Jahresmitte als Bereicherung der Brettener Geschichte bereit. Über Sponsoren für die Produktion des Jahrbuchs würde der Verein sich freuen. Am 2. Mai ist ein Vortrag der Judaistin Esther Graf über Hochzeitsbräuche im Judentum geplant. Auch eine Exkursion, voraussichtlich nach Mannheim mit Besichtigung des Schlosses plant der Verein, der sich immer über neue Mitglieder und interessierte Gäste freut.

Autor:

Katrin Gerweck aus Bretten

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