Interview mit milesTone zum bevorstehenden Abschied
„Es hätte eine Vollkatastrophe werden können“

Das sind milesTone (von links): Lars Vollmer, Jörg Laszak, Achim Dürr, Tressa Rose Schreiber, Steffen Andres und Andy Higler. | Foto: milesTone
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  • Das sind milesTone (von links): Lars Vollmer, Jörg Laszak, Achim Dürr, Tressa Rose Schreiber, Steffen Andres und Andy Higler.
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Mit einem lachenden und weinenden Auge sagen Tressa, Achim, Lars, Andy, Jörg und Steffen „Tschüss!“: Die sechs Musiker von der Coverband „milesTone“ wollen sich nach 20 Bühnenjahren von Fans und Freunden verabschieden – mit einer Rundreise an Spielstätten, die ihren erfolgreichen Weg säumten. So steht auf dem Programm der „End of the Road“-Tour unter anderem das Peter-und-Paul-Fest in Bretten am 28. Juni an und „Rio Rockt!“ am 5. Oktober in Rinklingen. Zuvor nahmen sich Tressa Rose Schreiber (Gesang) Lars Vollmer (Schlagzeug) und Achim Dürr (Gesang) Zeit für ein Interview mit der Brettener Woche/Kraichgauer Bote.

Wie ergeht es euch bei dem Gedanken an den endgültigen Abschied?
Lars: Ich glaube Achim, der letzte verbleibende Bandgründer von 1999, hat die größten emotionalen Bomben in sich.
Achim: Ich warte darauf, wer zuerst weint. (alle lachen)
Lars: Ehrlich gesagt, kann ich es nicht abschätzen wie es wird, beim allerletzten Auftritt den allerletzten Song zu spielen mit der Band, die mich zwölf Jahre lang begleitet hat. Das wird ein sehr krasser Moment.

Um die Frage gleich vorweg zu nehmen: Wird es eine Reunion geben?
Tressa: Ich hoffe ja auf eine Reunion, aber das wird nie passieren.
Achim: Unser Keyboarder, Jörg Laszak, verkauft alles und will sich anderen Hobbies widmen.
Lars: Wir haben unausgesprochen festgestellt: Entweder alle oder gar nicht.

Warum?
Achim: Weil wir Freunde sind. Ich würde uns als Freunde bezeichnen. Der Begriff ist zwar heutzutage so abgedroschen, aber bei uns ist das tatsächlich so, während andere Bands oft nur Projektbands sind.
Lars: Das sieht man uns auch auf der Bühne an. Die Unterhaltung des Publikums ist das Maß aller Dinge, durch die Musik, mit der wir aufgewachsen sind.

Was macht diese Songs aus?
Tressa: Für mich ist das Besondere die gesangliche Herausforderung. Alle Lieder sind solche Powersongs!
Achim: Wir haben einen in der Band, ich glaube, der spielt Schlagzeug, der will ja keine Midtempo-Songs. Der will nur Party, Party, Party.
Lars: Ja, ich stehe mehr auf Eskalation.
Achim: Dafür ja steht auch unser spektakulärer Auftritt auf dem Peter-und-Paul-Fest 2014, als es geregnet hat–
Tressa: Und 100 Leute auf der Bühne standen.
Achim: Das war legendär. Die Bühne hat so gewackelt. Es hätte eine Vollkatastrophe werden können.

Erinnert ihr euch noch an den Moment, als entschieden wurde: „Jetzt machen wir Schluss“?
Tressa: Als wir Anfang Juni in Sternenfels auf der dortigen Beachparty „Westerland“ gespielt haben, wurde mir das so richtig bewusst.
Lars: Der Anfang vom Ende war, als einer von der Band gesagt hat: „Ich möchte nicht mehr an Fasching spielen.“
Achim: Stimmt. Der Ausstieg aus Fasching war gleichzeitig der Ausstieg aus dem was uns in Sachen Bühnenshow und offensivem Publikumsentertainment stark geprägt hat.

Wie begann diese Zeit überhaupt? Man könnte euch ja durchaus als Mitbegründer von „Fasching in Zasch“ bezeichnen.
Lars: Wir haben 2008 Fasching in Zaisersweiher aus Spaß angefangen – wir wollten nie eine Faschingsband sein. Dann haben wir das scheinbar so gut gemacht, dass wir damit große Hallen gefüllt haben. An Fasching waren wir viele Jahre lang immer extrem gut ausgebucht, in der Pfalz, in Baden, in Schwaben, oft mit ausgefallenen Extras wie große Videoleinwand, Pyrotechnik–
Achim: Go-go-Girls.
Lars: Wir haben so vielleicht eine neue Generation von Faschingsveranstaltung etabliert. Keine Polonaise, dafür Party mit auserwählten Faschingsjuwelen. Das hat, glaube ich, den Zeitgeist sehr gut getroffen.
Achim: Wir haben elf Jahre hintereinander in Zaisersweiher gespielt. Immer ausverkauft.

Was passierte dann?
Lars: Mit dem Wegfall von Fasching fiel auch der Anspruch an die großen Bühnenshows weg. So hatten wir aber auch die Möglichkeit, es uns besser zurechtzulegen, wo und was wir spielen wollten. Wir haben uns Anfang 2017 mit einer neuen Anlage technisch noch besser aufgestellt. Das war nochmal ein Motivationsschub. Dann hatte Achim zwei Hörsturze ..
Tressa: .. und ist alt geworden.
Achim: Mit 50 beginnt man dann zu überlegen. Und es wird schwieriger zu unterhalten. Von 20-Jährigen bekomme ich „Der Alte macht das noch ganz cool“ zu hören.
Lars: Im Prinzip kann man sich das wie einen Cocktail vorstellen: Ein bisschen dies, ein bisschen das. Bei jedem von uns haben sich die Prioritäten geändert. Der Spruch „Aufhören, wenn es am schönsten ist“ – der stimmt schon irgendwie. Wir hören auf ohne Streit und ohne, dass wir müde sind.
Tressa: Wir planen jetzt nur keine Proben mehr, sondern Familienausflüge.

Was ist das Besondere an milesTone?
Achim: Wenn Leute bei uns „Set Fire“ hören, dann sind sie begeistert, weil wir anders klingen als alle anderen.
Lars: Wir haben immer versucht, unsere eigene Note miteinzubringen. Wir haben hier und da auch schon gehört, dass andere Coverbands Songs in der milesTone-Version spielen. Das ist für uns das größte Kompliment, nach dem Motto „Nachahmung ist die höchste Form der Anerkennung“.

Was zählt zu euren bewegendsten Erlebnissen mit der Band?
Achim: Für mich war das unser Auftritt auf der „Emmes“ in Saarlouis, als mein Idol Stefan Gwildis uns nach seinem Konzert zu ihm in den VIP-Container eingeladen hatte. Dort haben wir Arm in Arm bis in den Morgen ordentlich was getrunken.
Tressa: Für mich sind das die ganzen Straßenfeste in der Gegend, bei denen ich immer das Gefühl von „zurückkommen“ hatte. Oder 2014 an Weihnachten in Maulbronn, als ich hochschwanger „Killing in the Name“ gesungen habe. Das werde ich nie vergessen.
Lars: Ich bin ja 2004 zugezogen und damals kannte ich niemanden in Bretten. Als ich das Peter-und-Paul-Fest erlebt habe, war mein Wunsch einmal auf dem Fest zu spielen. Mittlerweile hat sich der Wunsch fünfmal mit drei unterschiedlichen Bands erfüllt.
Achim: Grundsätzlich kann ich sagen: Ich habe mehr gefunden als ich mir zu träumen wagte. Mit 26, 28 stand ich immer vor den Bühnen von Cover Up und Knutschfleck. Und letztes Jahr durfte ich als Ersatzsänger bei Knutschfleck aushelfen. Das ist für mich wie die Tellerwäscher-Story!
Übrigens: Ich kann bis heute keine Noten lesen. (alle lachen)
Lars: Jeder von uns hat in den letzten 20 Jahren seine musikalischen Highlights erlebt, die eine Strahlkraft auf das Bandleben hatten. Tressa hat auf Rock am Ring gespielt, ich selbst habe in den USA zwei Band-Tourneen mitgemacht und unser Bassist Steffen Andres ist mit einer Elvis-Tributband auch schon in den USA gewesen.
Tressa: Und ich darf mit „Planet Floyd“ weiterhin meinen Traum leben.

Was hat sich in 20 Jahren in der regionalen Musikszene verändert?
Tressa: Tribute-Bands sind nach wie vor gigantisch beliebt.
Achim: Eigene Musik ist leider gar nicht mehr gefragt. Das finde ich sehr schade. Wir haben das auch einmal ausprobiert, aber den Song mochte niemand. (lacht)
Lars: Der Druck als Band online präsent zu sein hat sich erhöht. Der Zeitaufwand, um alle Kanäle bedienen und befriedigen zu können ist exorbitant gestiegen. „Von euch hört man gar nichts mehr“: Dieser Spruch suggeriert, dass man scheinbar nicht mehr gut genug ist und dadurch nicht mehr so oft gebucht wird. Musik hat immer weniger mit Musik zu tun, sondern immer mehr mit Online-Marketing. Außerdem ist das Musikerdasein manchmal doch auch undankbar – man wird oft ausgenutzt.

Wie sieht es aus mit dem Nachwuchs?
Lars: Es war immer ein Bestreben von uns den Nachwuchs zu fördern, indem wir regelmäßig junge Gastsängerinnen und -sänger eingeladen haben. Auch haben wir es uns nicht nehmen lassen, regelmäßig Benefiz-Veranstaltungen für einen guten Zweck zu unterstützen.
Achim: Björn Koschnike, der schon im Alter von zehn Jahren mit uns auf der Bühne stand, spielt nun am Donnerstag 20. Juni in Ötisheim wieder ein großes Open Air mit uns.

Was werdet ihr am meisten vermissen?
Lars: Geile Frage.
Achim: Blöde Frage. Den Spaß zusammen auf der Bühne.
Tressa: Definitiv.
Lars: Mir werden die Songs, die uns in unserer Jugend so stark geprägt haben, fehlen. Da schließt sich einfach ein Kapitel.

Was möchtet ihr euren Fans mit auf den Weg geben?
Achim: Überlegt euch selber was ..
Lars: Geht auf Konzerte und genießt euer Leben.
Tressa: Move your ass. Go crazy.
Achim: Hier also meine Lebensbotschaft seit 25 Jahren: „Don‘t dream it, be it“ aus der Rocky Horror Picture Show.

Die Fragen stellte Havva Keskin.

Termine:
20. Juni 2019: Jubiläum „150 Jahre Krone“, Marktplatz Ötisheim
28. Juni 2019: Peter-und-Paul-Fest, Marktplatz Bretten, 21.30 bis 0 Uhr
29. Juni 2019: Jubiläum „175 Jahre FFW“, Mühlhausen, Zelt

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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