Innovative Vorreiter und Mitgestalter: Landsknechte sind bereits seit 65 Jahren beim Peter-und-Paul-Fest dabei

Foto: Privat

Seit 65 Jahren sind die Landknechte nicht mehr vom Peter-und-Paul-Fest wegzudenken. Ihr Leitbild ist seither unverändert: Sie stellen die Landsknechte im Zeitraum 1490 bis 1525 dar, die sich aus der Region Oberrhein/Schwarzwald rekrutierten und zu 80 Prozent Bauern waren.

Bretten (cha) Der Landsknecht konnte im Tross aufsteigen, im Gegensatz zur Frau, der der Tross zeitlebens zum Verhängnis wurde, da es kaum ein Zurück in die normale Gesellschaft gab. Die Frau konnte ihren Lebensunterhalt als Händlerin, in der Sudlerei, als Prostituierte oder als Soldatenweib bestreiten. Fast alle Männer waren einfache Söldner, die mit Spieß und Katzbalger oder Arkebuse bewaffnet waren. Mit Rüstung und entsprechender Bewaffnung konnte man sich als Doppelsöldner bewerben. Entsprechend der Herkunft und Mode trug der Landsknecht langärmeliges Hemd, Weste, ein gefüttertes oder ungefüttertes Wams mit Ärmeln und enge Hosen. Die Frau trug Hemd, Unterkleid und ein Übergewand mit Ärmeln. Bei schweren Arbeiten trug sie eine Schürze und krempelte die Ärmel hoch, auch wenn es verpönt war.

Von der Deutschen Pfadfinderschaft zu den Landsknechten

Im Jahre 1504 wurde die damals kurpfälzische Stadt Bretten während des bayrisch-pfälzischen Erbfolgekriegs von Herzog Ulrich von Württemberg mit 20.000 Mann belagert. In der Stadt befanden sich auch Fähnlein hochqualifizierter Landsknechte. Nicht zuletzt ihrer Ausdauer und Kampfkraft war es zu verdanken, dass die Württemberger ihre Belagerung abbrechen mussten. Es war der Peter-und-Pauls-Tag, als Ulrichs Truppen erfolglos abzogen. Zur Feier dieses Triumphes wird in Bretten bis heute das Peter-und-Paul-Fest gefeiert: Seit 1950 richtet die Vereinigung Alt Brettheim, gegründet von Hermann Beuttenmüller, das Fest aus. Bereits fünf Jahre später fanden sich unter Siegfried Strasser „zehn Leut’, die gar gut den Becher lupfe’ konnten”, aus der Deutschen Pfadfinderschaft zusammen, um als Landsknechte am Umzug teilzunehmen. Gewänder und Zubehör hatte man sich noch vom Karlsruher Theaterfundus ausgeliehen.

Darstellung, Erforschung und kulturhistorische Pflege des Landsknechtswesens

Weitere zwei Jahre später wurde die Gruppe vom Ehrenmitglied Hans Schrumpf angeführt: Es waren mittlerweile 25 bis 30 Leute, die Spaß am Mittelalter fanden und 1959 die ersten Langspieße bauten. Damals wurde beim Fest dann auch ein richtiges Lager aufgeschlagen; zunächst am Alten Friedhof, später an weiteren Orten in der Stadt. Auch Marketenderinnen fanden den Weg zu den Landsknechten. Die Gruppe wuchs und lagerte bis 1985 auf dem Marktplatz vor dem Beyle-Haus. Mittlerweile hatten sich am 22. April 1978 im Gasthof Stadt Pforzheim zwölf Landsknechte und Marketenderinnen zusammengefunden, um die Satzung für den eingetragenen Verein Landsknechtsgruppe 1504 zu erarbeiten. Fünf Tage später wurde die Registereintragung vorgenommen. Ziel war und ist die Darstellung, Erforschung und kulturhistorische Pflege des Landsknechtswesens, insbesondere um die Zeit von 1504.

Mit über 200 Mitgliedern eine der größten und aktivsten Gruppen

Beim Fest ist es das Ziel der Gruppe, die Zeit der Landsknechte möglichst realistisch nachzuleben und dem Zuschauer nahezubringen. Beim Umzug wird dann dargestellt, wie die Landsknechte durch die Lande zogen. 1986 schlug der Verein sein Lager im Hof des Amtsgerichts auf, denn die inzwischen 120 Aktiven brauchten Platz. Heute sind die Landsknechte mit über 200 Mitgliedern eine der größten und aktivsten Gruppen. Viele Einladungen ins In- und Ausland belegen dies. Frankreich, Belgien und Italien standen dabei schon auf dem Reiseprogramm. Die Landsknechte und Marketenderinnen treffen sich alle vier Wochen zum Stammtisch im Landsknechtskeller, dessen Eingang sich im Durchgang zum Beyle-Hof befindet. Neuzugänge sind in den Abteilungen herzlich zum Mitmachen eingeladen.Schon immer spielten die Landsknechte eine zentrale Rolle im Peter-und-Paul-Geschehen. Als erste Gruppe, die mit ihrem Lager in die Gassen von Bretten zogen, waren sie Vorreiter und Mitgestalter.

„Freundschaften sind das Rückgrat der gesamten Gruppe“

Im Gespräch mit Benjamin Farr, Vorstand und Hermann Fülberth, Gründungsmitglied und ehemaliger Vorstand berichten beide von einer einzigartigen Gemeinschaft. „Die Landsknechte waren bereits vor dem Krieg eine historisch manifestierte Gruppe in Bretten,“ so Fülberth. „Vor 1960 waren wir eher eine lockere Gruppe. Fritz Beyle wollte mehr Organisation und setzte die Vereinsgründung um.“ Die Faszination für Schwerter und andere Waffen sorgt für stetigen Mitgliederzuwachs. „Seit Geburt bin ich bei den Landsknechten und meine Familie ist schon immer aktiv dabei. Freundschaften sind das Rückgrat der gesamten Gruppe“, so Farr. Zwischen 30 und 50 Helfer sind in unzähligen Arbeitsstunden dabei, das Lager herzurichten“, erzählt er. Die Qualität der Ausstattung ist heute dabei deutlich besser als früher. Dennoch gibt es auch Anlass zur Kritik. So moniert Fülberth eine fehlende Bibliothek bei der VAB, um historisch wertvolle Werke zusammentragen zu können.

Mehr zum Peter-und-Paul-Fest lesen Sie auf unserer großen Themenseite.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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