Gegen die Wegwerfmentalität
Reparatur-Bar in Bretten setzt kaputte Geräte instand

Jörg Füll und Werner Porasil (von links) inspizieren das Innere einer Kaffeemaschine. | Foto: kuna
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Bretten (kuna) Ein Akkuschrauber surrt, dann gelten die konzentrierten Blicke dem Inneren einer kaputten Kaffeemaschine. Im Hintergrund türmen sich verschiedene elektronische Geräte in einem Schwerlastregal, darunter Staubsauger, Lautsprecher oder Stereoanlagen. Sie warten darauf, ebenfalls begutachtet und wieder in Gang gesetzt zu werden. Darum kümmern sich in der Reparatur-Bar in Bretten jede Woche die ehrenamtlichen Tüftler, die sich in geselliger Runde nach Feierabend treffen und den Kunden ihre Fachkenntnisse in Sachen Elektronik zur Verfügung stellen.

Lieber reparieren statt wegwerfen

„Große Renner sind vor allem Kaffeemaschinen und Staubsauger“, stellt Gerd Lehmann, Mitinitiator des Vereins, fest. „Auch Audio- und Videogeräte werden oft gebracht“, meint er. „Eine Zeit lang liefen aber auch Bügeleisen und Dampfstationen sehr gut“, wirft Sebastian Rupaner lachend ein, der gerade mit einem Staubsauger beschäftigt ist. „Es ist immer wieder spannend, was die Leute zum Instandsetzen vorbeibringen“, findet Lehmann. Reparieren würde der Verein hauptsächlich Kleingeräte. Viele davon könnte man für einen geringen Preis zwar neu kaufen, "aber die Leute bringen die Sachen lieber zum Reparieren. Das hat auch was mit dem grünen Gedanken zu tun“, erklärt er. Viele würden auch schlicht an den Geräten hängen, sei es nun eine Kaffeemaschine oder die alte Lampe von Oma, für die es keine Ersatzteile mehr gibt.

"Oft sind wir schon am selben Tag fertig"

Seit der Gründung des Vereins vor eineinhalb Jahren ist der Ablauf einer Reparatur gut eingespielt. Die kaputten Geräte werden in einem Empfangsbereich angenommen, wobei ein Auftragsformular mit den wichtigsten Eckdaten ausgefüllt werden muss. Dann kann es auch schon losgehen. „Sobald das Gerät fertig ist, informieren wir die Kunden telefonisch“, erklärt Lehmann. „Oft sind wir schon am selben Tag fertig. Wenn es länger dauert, weil zum Beispiel Ersatzteile fehlen, geben wir Bescheid. Auch über den Preis der Teile. Die Reparatur selbst ist aber kostenlos.“

"Viele Geräte haben Sollbruchstellen eingebaut"

Dass der Nachhaltigkeitsgedanke bei den Geräteherstellern oftmals keine große Rolle spielt, merken die Mitglieder der Reparatur-Bar immer wieder. „Viele Geräte haben Sollbruchstellen eingebaut“, schildert Alexandra Grenzhäuser. „Dann kann man beobachten, dass die Geräte direkt nach Ablauf der Garantiezeit kaputtgehen." Diese geplante Obsoleszenz finde zum Beispiel darin Ausdruck, dass in den Geräten Schrauben eingebaut seien, für die man Spezialwerkzeug brauche. "Oder man merkt, dass die Geräte schwer zu öffnen sind und das Gehäuse schnell bricht“, so Grenzhäuser weiter. Rupaner ergänzt: „Oft sind einzelne Teile auch mit weichen Schrauben verbunden, die beim Aufschrauben dann kaputtgehen.“ Dass die Firmen mit diesen Tricks arbeiten, damit Verbraucher sich möglichst schnell wieder neue Geräte anschaffen, sei ein offenes Geheimnis, meint auch Lehmann.

"Wir sind bestens ausgestattet"

Die Tüftler der Reparatur-Bar arbeiten dagegen an. Sie sind eine gesellige Truppe und treffen sich in ihrem Vereinshaus An der Schießmauer 6 immer dienstags nach Feierabend, um gemeinsam zu schrauben und zu hämmern. Die meisten von ihnen haben einen technischen Hintergrund, sind entweder Mechaniker, Werkzeugmacher oder Ingenieure. Vier von ihnen sind bereits im Ruhestand. In dem kleinen, aber wohligen Zimmer hinter dem Empfangsbereich stehen sämtliche Werkzeuge bereit, die für die Reparaturen notwendig sind. "Wir sind bestens ausgestattet“, erklärt Lehmann stolz. „Alles, was wir brauchen, haben wir uns über die Zeit angeschafft – meist durch Sach- oder Geldspenden.“

Spontane Besuche möglich

Damit hätten die Tüftler schon so einiges wieder zum Laufen gebracht. „Hochgerechnet haben wir bisher etwa 350 Geräte repariert“, so Lehmann. Viel Nachfrage erfahre der Verein nicht nur aus Bretten, sondern auch aus den umliegenden Städten wie Bruchsal, Knittlingen oder Karlsruhe. „Dort gibt es zwar ähnliche Angebote wie die Reparatur-Bar“, erklärt Lehmann, „aber die haben oft nur alle drei bis vier Wochen geöffnet.“ In Bretten hingegen, stünden jede Woche zwischen drei bis sechs fachkundige Helfer bereit, sodass auch spontane und unangemeldete Besuche möglich seien.

Autor:

Kathrin Kuna aus Bretten

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