Ersatz für beschädigte Stolpersteine
Spendenaktion

Stolpersteine werden in Europa durch den Künstler Gunter Demnig seit 1992 verlegt. Mit diesen kleinen Gedenktafeln soll an die Menschen erinnert werden, die in der NS-Zeit verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Von dieser Möglichkeit des Gedenkens waren Dirk Lundberg und Volker Adam, Geschichtslehrer am MGB, so angetan.
Sie besprachen die Idee 2006, auch in Bretten mit einem solchen Projekt zu beginnen, mit ihren Neigungskursen, die große Bereitschaft zeigten. Die Einladung an Gunter Demnig und viele Verlegungen waren das Ergebnis.
Das Finanzieren der Steine wurde von den Kursen selbst organisiert. Man verkaufte Kuchen, fragte um Patenschaften für die Steine. So konnten alle zu verlegenden Stolpersteine durch ehrenamtliches Engagement bezahlt werden. Die Leistung der SchülerInnen und ihrer Lehrer ist deshalb nicht hoch genug einzuschätzen.
Kontrolliert werden die Steine immer wieder, und so wurde vor einigen Wochen in der Weißhofer Str. 96 festgestellt, dass die Steine beschädigt wurden. Die Steine müssen erneuert werden. Das kann jeder sehen.
Es handelt sich um die in Bretten seit 1917 ansässige Familie Schmulewitz, die eine kleine Schuhfabrik mit mehreren Angestellten unter dieser Hausnummer hatten. Sigmund Schmulewitz reiste drei Tage nach Kriegsbeginn 1939 nach München. Mit dabei war seine Tochter Anna, die im jüdischen Kinderheim St. Antonius eine Haushaltslehre beginnen sollte.
Vorangegangen waren vergebliche Bemühungen um eine Aufenthaltsgenehmigung, denn die Familie war mal polnisch, mal staatenlos, je nach Beurteilung der verschiedenen Behörden. Ihre Pässe lagen schon längere Zeit beim polnischen Konsulat in München. Frau Schmulewitz war deshalb zweimal in München, und nun fuhr Sigmund, denn die Familie war im Juli 1939 vom Landratsamt aufgefordert worden, das Reichsgebiet zu verlassen.
Ohne Pässe war z. B. eine Auswanderung zum Sohn nach Argentinien nicht möglich.
Sigmund Schmulewitz starb in München während seines Aufenthalts am 29.12.1939 und ist auch dort begraben. Und die Familie in Bretten? Der Vater, Chil Ignatz Helbarth, von Lina Schmulewitz kam aus Konstanz nach Bretten. Drei Wochen lang mussten Mutter und Tochter dreimal täglich zur Meldung aufs Rathaus. Nachts durften sie längere Zeit nicht in ihrem Haus schlafen. Eine ausgeklügelte behördliche Schikane, die in verschiedener Weise bis zum 21.10.1940 dauerte.
Zusammen mit dem Großvater wurden die Mutter Lina sowie die Tochter Meta am 22.10.1940 nach Gurs/Südfrankreich deportiert. Großvater Helbarth wurde in Gurs krank und kam ins Krankenhaus nach Pau, starb dort und wurde in einem Massengrab beigesetzt. Mutter und Tochter kamen am 8.8.1942 ins Sammellager Drancy bei Paris. Vier Tage danach wurden sie mit einem Convoi nach Auschwitz gebracht, wo sie gleich ermordet wurden.
Anna wurde mit dem ersten Transport – 20.11.1941 – von München nach Litauen deportiert. Mit dabei war auch die Schwester der Mutter. Alle in Kaunas ankommenden 999 Personen wurden an den Rand von Gräben gestellt und sofort erschossen.

Nun gilt es, die beschädigten Stolpersteine zu ersetzen. Die Finanzierung ist an allen Verlegungsorten eine ureigenste Sache der Bürgerschaft. Aus diesem Grund setzt sich der Verein für Stadt.- und Regionalgeschichte Bretten e. V. mit seinem Vorsitzenden Wolfgang Stoll dafür ein, die Bürgerinnen und Bürger um Spenden zu bitten. Die neuen Steine sollen im Rahmen der Friedenstage 2022 verlegt werden. Die SpenderInnen werden selbstverständlich dabei sein. Die Kontonummer lautet: Sparkasse Kraichgau DE86 6635 0036 0005 0085 20. Spendenbescheinigungen werden ausgestellt.

Autor:

Heidemarie Leins aus Bretten

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